Karin Seidel ist diplomierte Physiotherapeutin und Sportlehrerin. Sie ist spezialisiert in Sport-Physiotherapie und betreut unter anderem Hürdenläufer Kariem Hussein und Sprinterin Mujinga Kambundji.
SRF: Wie oft behandeln Sie Patienten mit Beschwerden durch ein Lauftraining?
Karin Seidel: Das kommt sehr oft vor. Vor allem, wenn es wieder auf die Saison mit den Volksläufen zugeht. Viele Hobbysportler oder Anfänger trainieren dann von 0 auf 100 und übernehmen sich dabei. Oft tragen die Leute falsche oder alte Schuhe oder haben vorher nie was gemacht und geben dann Vollgas – dies kann schnell zu Problemen führen.
Was muss man dann beachten, damit es gar nicht so weit kommt?
Gerade Laufanfänger müssen sich vorher gut überlegen, wie sie das Lauftraining zusammenstellen. Wichtig ist ein sanfter Einstieg, der dem Niveau des Anfängers gerecht wird. Fünfmal oder zwei- bis dreimal pro Woche zu trainieren macht einen grossen Unterschied.
Wichtig ist auch, dass nicht nur gejoggt wird. Ein Krafttraining für die Rumpfmuskulatur und Beinmuskulatur sollte nicht fehlen, da es vielen Beschwerden des unteren Bewegungsapparates vorbeugt.
Wieso ausgerechnet die Rumpfmuskulatur?
In diesem Bereich findet alleine durchs Joggen kein Kraftaufbau statt. Doch die Bauchmuskeln und Rückenmuskeln entlasten die Beine beim Laufen. Gerade im Laufsport werden die Beine besonders beansprucht und wenn jetzt diese Muskulatur geschwächt ist, was gerade bei unsportlichen Personen oft vorkommt, treten an Waden, Hüften und Knien schnell Schmerzen auf.
Aktiv werden
Was macht man dann, wenn man Probleme hat?
In erster Linie sicher nicht die schmerzende Stelle zusätzlich belasten. Lieber einen Gang herunterschalten oder sogar schonen. Man kann dann zum Beispiel mit einer harten Schaumstoffrolle oder mit den Händen die problematische Zone massieren. Das hilft, die betroffenen Muskeln zu durchbluten und zu entspannen. Auch wenn die Beschwerden bereits vorhanden sind, gilt es in den Kraftaufbau für Rumpf, Bein- und Hüftmuskulatur zu investieren.
Was, wenn die Beschwerden trotzdem nicht verschwinden?
Man soll sehen, ob es wirklich eine ernste Verletzung ist oder ob es sich eher um Überbelastungsbeschwerden handelt. Wenn die Beschwerden zunehmen oder über eine lange Zeit nicht weggehen, empfehle ich das bei einem Arzt abklären zu lassen.