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Gefährliche Tierseuche Vogelgrippe: Warum die Schweiz bisher glimpflich davonkam

Schlimmer Ausbruch: Die Vogelgrippe wütet auf der ganzen Welt. Doch die Schweiz ist bisher praktisch verschont geblieben. Das könnte sich ändern.

Während wir Menschen uns langsam von den Folgen der Covid-19-Pandemie erholen, ist in der Tierwelt eine andere Seuche in vollem Gang: Die Aviäre Influenza, umgangssprachlich Vogelgrippe genannt. Fachleute sprechen vom schlimmsten Ausbruch aller Zeiten.

Greift neue Vogelarten an

Das jetzige Infektionsgeschehen sei beispiellos, sagt Willem Van den Bossche von der Organisation Birdlife International. Früher hat H5N1 vor allem Wasservögel betroffen – Enten-, Gänse-, Schwan- oder Möwenarten. Doch in den letzten Jahren hat sich das Virus verändert und angepasst. Es springt von einer Art zur anderen und greift Vogelarten an, die bislang immun waren – zum Beispiel Kraniche, Wanderfalken oder Geier.

Welche Tierarten davon betroffen sind

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In Europa sind weit über 100 Wildvogelarten von der Vogelgrippe betroffen, Hunderttausende von Tieren sind daran gestorben. Auch auf Säugetiere ist H5N1 übergesprungen, etwa auf Robben und Nerze. Auf einer Farm in Spanien wurden im Oktober über 52'000 Nerze getötet, nachdem man infizierte Tiere entdeckt hatte.

Noch höher sind die Verluste in der Geflügelindustrie: 48 Millionen Hühner, Enten, Truthennen und Gänse mussten in europäischen Geflügelbetrieben notgeschlachtet werden. Für Van den Bossche sind die Geflügelfarmen mit ihren Tausenden von Tieren problematisch. In der Massentierhaltung könne H5N1 in kürzester Zeit mutieren, und wenn diese Varianten dann wieder in die Umwelt gelangten, hätten die Wildvögel das Nachsehen.

Schweiz bisher Glück gehabt

In der Schweiz ist die Situation erstaunlich ruhig. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV stuft die Gefahr durch die Vogelgrippe auf ihrer Skala mit Gelb ein, das heisst: Das Risiko eines Ausbruchs in der Schweiz ist mittel.

Trotzdem sei nun Vorsicht geboten, und auch Fachleute sind beunruhigt. Zu ihnen zählt Gertraud Schüpbach, Professorin an der Vetsuisse Fakultät an der Universität Bern: «Der Ausbruch ist schon sehr besorgniserregend.» Es sei zu erwarten, dass es mit dem laufenden Vogelzug auch wieder Fälle in der Schweiz geben könnte.

Insbesondere Meeresvögel betroffen

Dass die Schweiz bislang so glimpflich davongekommen ist, liegt gemäss Schüpbach an der hohen Biosicherheit der Schweizer Geflügelbetriebe – und sei zudem auch reines Glück. Schon letztes Jahr nämlich habe Europa eine starke Vogelgrippe-Welle mit vielen Ausbrüchen erlebt. Hierzulande jedoch waren nur ein Hobbyhaltungsbetrieb und ein Tierpark betroffen.

Die jetzige Lage sei vergleichbar mit 2021, so die Einschätzung der Berner Professorin. Da sich der Ausbruch im Sommer auf die Meeresvögel und auf die europäischen Küstenregionen beschränkt habe, sei es logisch, dass die Schweiz bislang keine Probleme gehabt habe.

Wie der Vogelgrippe vorbeugen?

Auch Sarah Albini ist angesichts der jetzigen Vogelgrippe-Welle besorgt. Die Veterinärin leitet an der Universität Zürich die Abteilung für Geflügel- und Kaninchenkrankheiten. Hier werden Tiere oder Proben von Tieren untersucht, bei denen ein Verdacht auf H5N1 besteht. Die jetzige Variante des Virus sei hochinfektiös, sagt Albini.

Kontakt zwischen Wildvögeln und Hausgeflügel vermeiden

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Um der Ausbreitung der Vogelgrippe entgegenzuwirken, sei es wichtig, jeden Kontakt zwischen Hausgeflügel und Wildvögeln zu verhindern, schreibt das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen auf seiner Webseite. Speziell an die Geflügelhaltenden richtet das BLV folgende Empfehlungen:

  • «Schützen Sie Futter- und Wasserstellen vor Wildvögeln.»
  • «Halten Sie sich an die Biosicherheitsmassnahmen, das heisst: Wechseln Sie vor dem Betreten der Stallungen Schuhe und Überkleider und desinfizieren Sie die Hände.»
  • «Sie dürfen Ihre Tiere weiterhin auf die Weide lassen. Bereiten Sie sich aber darauf vor, dass der Auslauf der Tiere nötigenfalls überdacht werden muss. Überprüfen Sie bestehende Gitter auf Löcher.»

Seit dem 1. Januar 2010 ist die Registrierung von Geflügelhaltungen obligatorisch. Dies gilt auch für Hobbyhaltungen mit nur wenigen Tieren.

Wie also der Vogelgrippe vorbeugen? Was sind sinnvolle Verhaltensregeln? Wildvögel könne man problemlos weiterhin beobachten, sagt Albini. Aber wenn jemand in Vogelkot reintrete, sollte man nicht mit den dreckigen Schuhen zu den Hühnern. Generell sei wichtig: Hobbygeflügel möglichst so halten, dass es keinen Kontakt zu Wildvögeln gebe.

Tote Tiere möglichst rasch entfernen

Wie man die jetzige riesige Welle stoppen könnte, darüber herrscht unter Fachleuten grosse Ratlosigkeit. Die Europäische Union diskutiert den Einsatz eines Impfstoffs bei Legehennen und Masthühnern, wie dies in Asien bereits gemacht wird. Eine enorm teure Massnahme, deren Erfolg überdies fraglich ist. Und Wildvögel lassen sich auf diese Weise ohnehin nicht vor einer Infektion schützen.

Das Einzige, was sich bei einem Ausbruch bewährt habe: Die toten Tiere möglichst rasch aus der Umgebung zu entfernen, sagt Willem Van den Bossche von Birdlife International. Sonst könne man nur abwarten und hoffen, dass das Virus irgendwann von allein wieder verschwinde.

Wissenschaftsmagazin, 12.11.2022, 12:40 Uhr

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