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Leere Spritze auf einem Haufen Dollarnoten.
Legende: Mit Impfstoffen verdienen die Hersteller Jahr für Jahr Milliarden. imago

Impfstoffe – Für die nicht ganz Ärmsten viel zu teuer

Neue Impfstoffe werden immer teurer. Die internationale Impf-Organisation Gavi will deshalb an einer Geberkonferenz Milliarden von Dollar sammeln, um Kinder in den allerärmsten Ländern impfen zu können. Doch das löst das Problem der hohen Preise in weniger armen Ländern nicht.

Heute geht es in Berlin um die Gesundheit von Millionen von Kindern: Bundeskanzlerin Angela Merkel persönlich eröffnete als Schirmherrin die Geberkonferenz der internationalen Impforganisation Gavi.

7,5 Milliarden Dollar will man von Staaten und Organisationen auftreiben, um 300 Millionen Kinder in den ärmsten Ländern der Welt impfen zu können.

Doch nun warnt die Hilfsorganisation Médecins sans Frontières (MSF), dass viele andere Kinder nicht auf die gleiche Hilfe hoffen können – weil manche Impfstoffe zu teuer seien.

Mehr Impfungen, viel mehr Kosten

An sich ist die Entwicklung positiv: In den letzten 14 Jahren hat sich die Zahl an Impfstoffen für Kinder von sechs auf 12 verdoppelt. Neuerdings kann auch gegen manche Lungenentzündungen und Durchfallerkrankungen geimpft werden, die bisher Jahr für Jahr Millionen Kindern das Leben kosteten.

Doch dieser Fortschritt hat einen hohen Preis, warnt Kate Elder, Impfexpertin von MFS: «Der Preis des Impfpakets, das die WHO allen Kindern empfiehlt, ist seit 2001 um das 68-fache gestiegen.» Das sei zu viel.

Gavi

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Gavi, die Impfallianz mit Sitz in Genf hat als Ziel, Kindern weltweit einen gleichberechtigten Zugang zu Impfungen zu ermöglichen. Die Organisation finanziert Impfprogramme in Entwicklungsländern und unterstützt elf lebensrettende Impfungen in den 73 ärmsten Ländern der Welt.

http://www.gavi.org

Den ärmsten Ländern hilft die Impforganisation Gavi. Sie sammelt Geld bei reichen Ländern und Sponsoren und finanziert die Impfungen. Sobald ein Staat aber etwas wohlhabender wird, verliert er nach einer Übergangszeit das Recht auf Unterstützung und muss die Impfprogramme aus eigener Kraft finanzieren. Dies wird beispielsweise Ghana, Vietnam oder Sambia bald treffen.

Diese armen Länder und viele weitere wie etwa Marokko oder Ägypten, die nur über leicht höhere Einkommen verfügen, können sich die hohen Preise oft nicht leisten, weiss Kate Elder von MSF. «Impfprogramme aufrecht zu erhalten, wird so zu einer grossen Herausforderung.» Viele Länder mit mittleren Einkommen und ohne Gavi-Unterstützung weisen tiefere Impfraten auf als ärmere Staaten im Gavi-Programm.

Pfizer und GSK in der Kritik

Am teuersten sind die neusten Impfstoffe, etwa jene gegen Infektionen mit Pneumokokken, die unter anderem Lungenentzündungen verursachen. Diese Pneumokokken-Impfstoffe werden von den Konzernen Pfizer und GlaxoSmithKline (GSK) hergestellt und werden von der WHO für alle Kinder empfohlen. GSK wollte auf Anfrage von Radio SRF nur schriftlich Stellung nehmen – Zitat: «Viele unserer Impfstoffe sind komplex und erfordern hohe Investitionen bis zur Marktreife.»

Diese Einschätzung teilt der Gesundheitsökonom Cyril Nogier vom Swiss TPH : «Es gibt immer mehr neue Impfstoffe mit hohem Einstiegspreis, die in den Entwicklungsländern eingeführt werden.» Die neuen Impfstoffe seien viel teurer in der Entwicklung als die älteren. Kate Elder stimmt zu, relativiert aber: «GSK und Pfizer haben mit ihren Pneumokkoken-Impfstoffen zusammen bisher 19 Milliarden Dollar Umsatz gemacht. Die Entwicklungskosten sind eingespielt – nun müssen die Preise sinken. »

«Abgestufte Preise», die niemand kennt

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Manche Impfstoff-Hersteller, auch GSK, sagen, dass sie die Preise abstufen: Reichere Länder zahlen mehr und subventionieren damit ärmere, auch solche, die nicht mehr von Gavi profitieren können. Für die allerärmsten Länder, jene im Gavi-Programm, liefere man den Pneumokkoken-Impfstoff sogar zum Selbstkostenpreis, schreibt GSK. Doch wie viel das ist, und wer wie viel für einen Impfstoff bezahlen muss, das ist geheim.

Médecins sans Frontières hat in einem Fall herausgefunden: Der Libanon, Tunesien und Marokko zahlen deutlich mehr als Frankreich. Das Fazit von MSF: Die Hersteller nutzten die abgestuften Preise vor allem auch, um höhere Margen zu erzielen.

Gesundheitsökonom Cyril Nogier meint dazu: Der Markt sei tatsächlich sehr undurchsichtig. Und mehr Transparenz könne zu tieferen Preisen beitragen. Dies würde die Konzerne zwar ärgern – profitieren würden aber die Kinder in armen Ländern.

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