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Kalziumpräparate – Nutzen fraglich, Schäden möglich

Wer fürchtet, trotz Milch, Käse, Bohnen & Co. zu wenig Kalzium zu sich zu nehmen, greift als Osteoporoseschutz gerne zu Kalziumtabletten. Dabei ist fraglich, ob sie das Risiko dafür tatsächlich senken. Es gibt sogar deutliche Hinweise, dass die regelmässige Einnahme das Herzinfarktrisiko erhöht.

Millionen Menschen weltweit schlucken Kalziumpräparate, denn schliesslich soll das gut sein für die Knochen und der gefürchteten Osteoporose vorbeugen. Auch in den Schweizer Apotheken wird mit Kalziumpräparaten ein Millionenumsatz gemacht.

Der präventive Nutzen von Kalziumtabletten ist allerdings wissenschaftlich nicht gut belegt. In einer Meta-Analyse kommt die Zürcher Osteoporose-Expertin Heike Bischoff-Ferrari zu einem alarmierenden Ergebnis: Die regelmässige Einnahme von Kalziumpräparaten ohne Vitamin D kann das Hüftbruchrisiko nicht senken – möglicherweise wird es durch die Kalziumsupplemente sogar erhöht.

Zum zweifelhaften Nutzen gesellt sich nun noch ein möglicher Schaden. Eine Arbeitsgruppe um Mark J. Bolland von der Universität Auckland kommt in einer methodisch sorgfältigen Meta-Analyse zum Schluss, dass Kalziumpräparate ohne Beigabe von Vitamin D das Risiko für einen Herzinfarkt um bis zu 30 Prozent erhöhen.

Das Forscherteam hatte für die Zusammenfassung elf hochwertige klinische Studien mit insgesamt 12'000 Patientinnen und Patienten ausgewertet. Da Kalziumpräparate so verbreitet konsumiert werden, könne auch ein geringer Anstieg des Herzinfarktrisikos zu einer Menge Leid in der Bevölkerung führen, schreiben die Autoren.

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Kalziumreiche Ernährung schädigt Herz nicht

Das erhöhte Herzinfarktrisiko beschränkt sich auf Kalziumsupplemente. Wer sich kalziumreich ernährt, muss keinen nachteiligen Effekt für sein Herz befürchten, betonen die Autoren. Denn eine kalziumreiche Ernährung lässt den Kalziumspiegel im Blut nur mässig ansteigen.

Anders bei Kalziumpräparaten: Diese lassen den Kalziumspiegel kurzzeitig in die Höhe schnellen. Dabei verkalken nicht nur die Knochen, sondern auch die Gefässe. Verkalkte Gefässe, auch Arteriosklerose genannt, können Herzinfarktrisiko erhöhen.

Gezielte Dosierung, kombiniert mit Vitamin D

Die Arbeitsgruppe um Mark J. Bolland fordert, dass der Stellenwert von Kalziumpräparaten in der Behandlung von Osteoporose neu bewertet werden müsse. Diese Auffassung teilt auch Osteoporose-Expertin Heike Bischoff-Ferrari: Könne der Kalziumbedarf nicht über die Ernährung gedeckt werden, was älteren Menschen nicht immer gelinge, gelte es, die Kalziumtabletten gezielt zu dosieren, um eine zu hohe Dosierung zu vermeiden.

Kombiniert mit 800 bis 1000 Einheiten Vitamin D täglich sei eine Kalziummenge von 700 bis 800 Milligramm pro Tag ausreichend, um das Knochenbruchrisiko um 20 Prozent zu senken, betont Heike Bischoff-Ferrari. Und diese Menge an Kalzium könnte man zum Teil oder sogar ganz über eine gesunde Ernährung decken.

Kalziumreiche Nahrungsmittel

Reich an Kalzium sind Milchprodukte, bestimmte Mineralwasser und grünes Gemüse. 300 Milligramm Kalzium sind etwa enthalten in einer Scheibe Hartkäse (15 Gramm Sbrinz oder Parmesan) oder einem Glas Milch oder einem Joghurt. Kalziumreiche Gemüse sind beispielweise grüne Bohnen, Rucola und Kresse, denn pro 100 Gramm enthalten sie mindestens 150 Milligramm Kalzium.

Überraschend gute Kalziumlieferanten sind getrocknete Feigen, getrocknete Aprikosen, Haselnüsse, Mandeln, Ölsardinen und -sardellen. Bei den Mineralwassern variiert der Kalziumgehalt stark – manche enthalten über 500 Milligramm Kalzium pro Liter.

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