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Koffein, Taurin und Zucker Energydrinks sind heiss begehrte Muntermacher – warum bloss?

Seit Anfang 2024 werden in Polen Energydrinks nicht mehr an Kinder verkauft. Am Hype um den süssen «Kick» aus der Dose ändert das nichts: Allein Redbull verkauft jährlich weltweit mehr als elf Milliarden seiner Drinks. Aber halten die angeblichen Energybooster, was sie versprechen?

In der Schweiz gibt es bisher kein Mindestalter für den Kauf von Energydrinks. Dabei sind Heranwachsende besonders empfänglich für die Werbung rund um die angeblichen Muntermacher. Höher, weiter, schneller – Energydrinks versprechen, Schluck für Schluck mehr Leistung und Erfolg in allen Lebenslagen. Den Inhaltsstoffen Koffein, Taurin und Zucker werden dabei Zauberkräfte zugesprochen.

Taurin – Mythos und Wahrheit

Noch Anfang der neunziger Jahre wurde beispielsweise Redbull nur illegal gehandelt. Die Behörden befürchteten, das bis anhin unbekannte Taurin stamme aus Ochsengalle und sei schädlich.

In Wahrheit handelt es sich um eine Aminosäure, die auch im menschlichen Körper vorkommt. Und das in Energydrinks verarbeitete Taurin ist nicht tierischer Herkunft, sondern wird synthetisch hergestellt. Klar ist: Für sich und in kleinen Mengen sind Taurin, Koffein und Zucker unbedenklich.

Zauberkraft aus der Dose?    

Bis heute ist nicht bewiesen, dass die Wechselwirkung von Taurin, Zucker und Koffein die Leistung steigert. Einzig Koffein hat eine aufputschende Wirkung. Bei übermässigem Konsum drohen hingegen Herzbeschwerden.

Bis zu 400 Milligramm Koffein täglich, etwa vier Tassen Kaffee, konsumieren gesunde Erwachsene ohne Risiko – ausgenommen Schwangere. Pro halbem Liter Energydrink sind in der Schweiz nicht mehr als 160 Milligramm Koffein erlaubt.

Risiko bei Koffeinbomben

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In hohen Dosen ist Koffein schädlich. Kurzfristig kann es zu Schlafstörungen kommen oder Angstgefühle verstärken. Langfristig können Herz-Kreislauf-Probleme entstehen. Experten raten folgenden Konsumenten von Energydrinks ab: Menschen mit Herz-Kreislauf-Krankheiten und Menschen, die ADHS-Mittel, Schlafmittel oder Beruhigungsmittel einnehmen. 

Kinder und Jugendliche reagieren auf Koffein und andere Inhaltsstoffe von Energydrinks noch empfindlicher als Erwachsene. Deshalb rät Sarah Camenisch vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen davon ab, dass Kinder stark koffeinhaltige Getränke wie Energydrinks konsumieren.

Wenn süss und sauer krank macht

Etwa zwölf Zuckerwürfel enthält ein 355 Milliliter Energydrink. Die Ernährungswissenschaftlerin Christine Brombach warnt deshalb vor einem Teufelskreis beim Konsum von Energydrinks zur Leistungssteigerung. Zwar reagiere der Körper aktiv auf die Zufuhr des Zuckers. Aber sobald der Blutzuckerspiegel wieder sinke, fühle man sich schlapp und versuche diesen Zustand erneut mit einem zuckerhaltigen Getränk zu kompensieren. Das ständige Auf und Ab sei schädlich für den Organismus.

Eine Gefahr durch Energydrinks zeigt sich auch bei den Zähnen von Heranwachsenden. Kinder und Karies durch Zuckergetränke ist ein bekanntes Übel. Noch schlimmer sind Energydrinks, denn deren hoher Säuregehalt führt zu einer Erosion des Zahnschmelzes und einem Verlust von Zahnsubstanz. Und im Vergleich zu anderen Süssgetränken braucht der Speichel länger, bis er die Säureeinwirkung von Energydrinks wieder neutralisiert.

Energydrinks mit Alkohol – ein Türöffner in die Sucht? 

Energydrinks mit Alkohol zu mischen, ist beliebt bei Jugendlichen. «Sucht Schweiz» mahnt deshalb, dies verstärke ein mögliches Suchtverhalten. Nicolas, 48, ist seit seiner Jugend drogensüchtig, aber seit 15 Jahren clean. Energydrinks sieht er als Türöffner in seine Sucht: «Ein 13-Jähriger kommt nicht auf die Idee, einfach Wodka zu trinken. Mit Energydrinks geht es.»

Durch das Koffein habe er hohe Mengen an Alkohol trinken können. Wie ein Training für immer mehr Konsum sei das gewesen. Und ein Anreiz, auch andere Substanzen zu probieren.

Der Pharmakopsychologe Boris Quednow vermutet, die frühe Lernerfahrung als Kind oder Teenager – unter anderem der Konsum von Energydrinks – fördere durchaus den späteren Umgang, auch mit anderen Substanzen. Man habe dann das Gefühl, dass alle Alltagsprobleme mit einer Substanz reguliert und gelöst werden können.  

Puls, 22.01.2024, 21:05 Uhr

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