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Medizinische Innovation Mikroroboter in unseren Blutbahnen sollen bald Krebs bekämpfen

Medikamente nur genau dort im Körper einsetzen, wo sie nützen: Das soll möglich werden dank kleinsten Roböterchen, die durch unsere Blutbahnen sausen.

Ein U-Boot samt Besatzung wird so stark geschrumpft, dass es in den Adern und Venen eines Patienten herumfahren und dort ein gefährliches Blutgerinnsel entfernen kann. Was 1966 im Film «Die phantastische Reise» noch als Science-Fiction gedacht war, kommt der Realität unterdessen recht nahe.

Ein Zehntel Haaresbreite gross

Heute wird an zahlreichen Hochschulen an Mikrorobotern getüftelt. Sie sollen medizinische Wirkstoffe zum Beispiel direkt neben dem Hirn in Krebstumoren deponieren. Mit blossem Auge sind die Roboter nicht sichtbar. Sie messen ein Zehntel einer Haaresbreite. Simone Schürle arbeitet an der ETH Zürich mit diesen Mikrorobotern.

Zu gross dürfen sie nicht sein, weil sie sonst die Blutbahnen zu verstopfen drohen. Zu klein wiederum auch nicht, weil sie sonst schnell ausgeschieden werden von der Niere.
Autor: Simone Schürle Professorin für reaktionsfähige biomedizinische Systeme ETH

Unterwegs in Schwärmen

Schürle schickt ganze Schwärme dieser Mikroroboter aus, um genügend medizinischen Wirkstoff transportieren zu können. Die Roböterchen sehen aus wie kleine Kugeln, haben aber keine Motörchen. Sie werden mit dem Blutstrom durch die Blutbahnen geschwemmt.

Bisher geschieht dies erst experimentell oder im Tierversuch. Über Ultraschall oder Magnetfelder werden die Mikroroboter dann am richtigen Ort aktiviert: «So drehen wir die Roboter aus der Gefässwand hinaus und in die Tumore hinein», sagt Schürle.

Von aussen bisher unsichtbar

Das Problem dabei: Weil die Mikroroboter so klein sind, kann man sie von ausserhalb des Körpers nicht in Echtzeit überwachen. Messungen zeigen, dass ein überwiegender Teil der Mikroroboter sein Ziel bisher nicht erreicht. Sie werden vom Körper abgebaut. «Im schlimmsten Fall aber könnten sie am falschen Ort toxisch wirken», sagt Daniel Razansky, ebenfalls von der ETH Zürich. Er ist Professor für Biomedizinische Bildgebung.

Zusammen mit Metin Sitti, einem weltweit führenden Mikrorobotiker des Max-Planck-Instituts für intelligente Systeme in Stuttgart, hat Razansky nun aber einen Weg gefunden, um die Mikroroboter von aussen, also am Bildschirm, verfolgen zu können.

Sichtbar dank Goldschicht

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Um die Mikroroboter auch von ausserhalb des Körpers sichtbar zu machen, haben die Forscher die Kapseln weiterentwickelt. «Die eine Hälfte der kugelförmigen Mikroroboter haben wir mit Gold beschichtet», sagt Daniel Razansky von der ETH Zürich, «die andere mit Nickel». Das Gold dient als Kontrastmittel für die sogenannte optoakustische Bildgebung – eine spezielle Tomographietechnik, welche die Forscher entwickelt haben, damit man die Mikroroboter auch tief im Körper von aussen sehen kann, und zwar hochaufgelöst und in Echtzeit. Nickel verwendeten die Forscher, damit die Mikroroboter von ausserhalb des Körpers manövriert werden können. Mit einem Magnet werden die vernickelten Kugeln sozusagen durch die Blutbahnen gezogen, sogar gegen den Blutstrom.

Das neue bildgebende Verfahren haben sie an schlafenden Labormäusen getestet. Die Mikroroboter, die durch den Blutkreislauf im Hirn der Mäuse herumwanderten, waren von aussen bestens sichtbar.

Blick ins Hirn einer Maus, in deren Blutbahnen fünf Mikroroboter zirkulieren (grüne Punkte).
Legende: Blick ins Hirn einer Maus, in deren Blutbahnen fünf Mikroroboter zirkulieren (grüne Punkte). ETH Zürich

Firmen wollen Mikroroboter zu Geld machen

Bisher sei die Mikrorobotik sozusagen blind gewesen, sagt Razansky. Dank der neusten Entwicklung, die eben erst publiziert wurde , werde erst jetzt sichtbar, was im Körper mit den Mikrorobotern wirklich geschehe. Das sei ein wichtiger Schritt, bestätigt auch Schürle.

Weltweit gibt es bereits verschiedene Start-ups, welche die Mikroroboter auf den Markt bringen wollen. Noch aber ist es nicht so weit, dass man die Mikroroboter im Menschen anwenden kann. Das brauche – je nach Anwendung – noch einige Jahre, bis sogar Jahrzehnte, sagen Schürle und Razansky.

Auf einer Träne in die Freiheit

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Die Möglichkeiten für den Einsatz von medizinischen Mikrorobotern in unserem Körper sind aber sehr vielfältig. Sogar im Auge könnten sie dereinst unterwegs sein, um zum Beispiel im hinteren Teil des Augapfels die Netzhaut zu behandeln. Auch hier hat der technologische Fortschritt die Science-Fiction unterdessen fast eingeholt. Im Film «Die Fantastische Reise» aus dem Jahr 1966 nämlich gelingt es den Mini-Ärzten im Mini-U-Boot nach einem Angriff von Antikörpern, sich in den Sehnerv eines Auges zu retten. Von dort schwimmen sie dann auf einer Träne in die Freiheit.

Wissenschaftsmagazin, 25.06.2022, 12:40 Uhr

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