Zum Inhalt springen

Header

Zur Übersicht von Play SRF Audio-Übersicht

Nächte im Ausnahmezustand Muskeldystrophie: Giuliano (4) braucht nachts Maske und Sensor

Nächte voller Wachsamkeit: Beatmungsmaske, Sensoren und Umlagerungen gehören zu Giulianos Leben. Die Lungenliga bringt spürbare Entlastung – während die Politik über bessere Grundlagen für Menschen mit seltenen Krankheiten diskutiert.

Giuliano ist vier Jahre alt und hat die Muskelkrankheit Muskeldystrophie, Typ Ullrich. Sein Kopf ist hellwach, doch seine Muskeln sind schwach – auch jene fürs Atmen. Für seine Eltern bedeutet das: Nächte, die kaum wirkliche Nächte sind. Inhalationen, Umlagerungen, ein Sensor, der Alarm schlägt, wenn die Luft knapp wird.

Hilfe, die trägt

Seit einem Jahr steht der Familie die Lungenliga zur Seite. Sie bringt nicht nur Geräte ins Haus, sondern auch Wissen, Erfahrung und eine beruhigende Routine. Beim Hausbesuch im luzernischen Horw prüft eine Mitarbeiterin Giulianos Beatmungsmaske. Wenn sie richtig sitzt, schläft er ruhiger. «Man merkt sofort, dass er vitaler ist. Am Morgen ist er fitter, weniger oft krank – das tut ihm gut», sagt seine Mutter. Drückt die Maske, wird sie zur Qual.

Muskeldystrophie

Box aufklappen Box zuklappen

Bei Muskeldystrophien handelt es sich um seltene, oftmals vererbte Krankheiten, bei denen die Muskeln zunehmend geschwächt werden.

Betroffen sein können auch die Atem- und Herzmuskulatur.

Die Erkrankungen treten oft schon im Kindesalter auf und schreiten unterschiedlich schnell fort.

Heilung gibt es bisher keine, im Vordergrund stehen unterstützende Therapien, die Symptome lindern und die Lebensqualität verbessern.

Auch der Sensor am Fuss gehört mittlerweile zum Alltag. Er gibt Sicherheit, bleibt aber eine Belastung: «Wir sind in der Nacht ständig auf Nadeln. Man gewöhnt sich daran – doch es bleibt eine Herausforderung.»

Alltag mit Ritualen

Zum Abendritual gehört das Inhalieren, auch wenn Giuliano es nicht mag. Danach geht das Nachtprogramm weiter: mehrmals Umlagern, damit die Muskeln nicht zu sehr leiden. Vater und Mutter teilen sich diese Schichten. Mit den Hilfsmitteln, sagen sie, gehe es ihrem Sohn spürbar besser.

Und da ist noch Diego, Giulianos grosser Bruder. Auf die Frage, wie stolz er sei, antwortet er: «Sehr. Weil er alles immer so gut macht.» Zwei Brüder, die spielen, lachen, streiten – so normal wie möglich. «Das ist genauso wichtig wie jede Therapie», betont die Mutter. 

Politik unter Druck

Giulianos Alltag erzählt von Anstrengung und Entlastung zugleich. Und er fällt in eine Zeit, in der die Politik über genau solche Lebensrealitäten berät. Am 12. September 2025 hat der Bundesrat eine neue gesetzliche Grundlage in Vernehmlassung geschickt, um die Versorgung von Menschen mit seltenen Krankheiten zu verbessern.

Geplant sind ein nationales Register, die nachhaltige Finanzierung von Informations- und Beratungsangeboten sowie die Unterstützung von Versorgungsnetzwerken. In der Schweiz leben rund 650’000 Menschen mit einer seltenen Krankheit. Viele beginnen bereits im Kindesalter, die meisten sind genetisch bedingt. Heilung gibt es oft keine – im Vordergrund steht die Linderung der Symptome und eine möglichst gute Lebensqualität.

Die Sendung «mitenand»

Box aufklappen Box zuklappen
Hände greifen ineinander.

Mit kurzen Reportagen nimmt «mitenand» die Zuschauerinnen und Zuschauer mit auf eine Reise – in eine Welt jenseits der Schlagzeilen.

Im Fokus der Sendungen stehen Menschen, die im Kleinen die grossen Probleme unserer Zeit angehen sowie soziale oder ökologische Projekte gemeinnütziger Organisationen.

Das soziale Engagement in der Schweiz und im Ausland bildet dabei den Rahmen.

Was in Bern verhandelt wird, entscheidet letztlich darüber, wie Familien wie die von Giuliano unterstützt werden. Denn Hilfsmittel, Betreuung und Beratung sind es, die den Alltag erträglicher machen – und Raum für gemeinsame Momente schaffen.

SRF 1, 5.10.25, 22:15 Uhr

Meistgelesene Artikel