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Narzissmus erkennen Normale Selbstverliebtheit oder toxische Persönlichkeitsstörung?

Trump, Berlusconi, Ronaldo – schillernde und erfolgreiche Persönlichkeiten bekommen schnell die Ferndiagnose «Narzisst» verpasst. Bloss: Narzisstische Züge hat fast jeder. Neun Fragen entlarven die Anzeichen einer echten Persönlichkeitsstörung.

Heute schon ein Selfie verschickt? Oder jemandem stolz erzählt, dass die eigenen Entscheidungen der Firma viel Geld gebracht haben?

Keine Sorge: Das ist noch keine narzisstische Persönlichkeitsstörung. Und auch wer sich gut und gerne auf Social Media präsentiert, ist nicht automatisch ein Narzisst oder eine Narzisstin.

Der Begriff «Narzisst» ist zwar breit gefächert und beinhaltet auch leichte narzisstische Züge. Die können aber auch positiv bewertet werden. Ideenreichtum zum Beispiel, Leistungsstärke oder ein gutes Selbstbewusstsein.

Vom normalen Narzissmus zur Persönlichkeitsstörung

Wann kippt «normaler» Narzissmus in eine narzisstische Persönlichkeitsstörung, die den Menschen im Umfeld schadet?  «Die Diagnosestellung ist eigentlich einfach», erklärt Marc Walter, Chefarzt Psychiatrie und Psychotherapie der Psychiatrischen Dienste Aargau PDAG. «Es ist wie ein standardisiertes Interview.»

Wenn fünf der neun Fragen (siehe Box) bejaht werden, liegt eine narzisstische Persönlichkeitsstörung vor. Zusätzlich müssen auch eine Funktionsbeeinträchtigung und ein Leidensdruck vorliegen.

Neun Fragen, die Klarheit schaffen

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Diese neun Fragen entlarven Anzeichen für eine narzisstische Persönlichkeitsstörung

  1. Bist du grandios und so wichtig, dass deine überragenden Leistungen auf jeden Fall anerkannt werden sollten?
  2. Denkst du oft an grenzenlose Macht, Erfolg und Schönheit?
  3. Bist du so einzigartig, dass nur Menschen, die genauso besonders sind, dich verstehen können?
  4. Sollten die anderen dich masslos bewundern?
  5. Sollten dich andere bevorzugt behandeln?
  6. Nutzt du andere aus, um deine eigenen Ziele zu erreichen?
  7. Erkennst du nicht, was andere denken und fühlen? Oder interessiert es dich vielleicht gar nicht?
  8. Bist du neidisch auf andere und denkst du, andere sind neidisch auf dich?
  9. Bist du oft arrogant und überheblich und schaust auf andere herab?

Wer fünfmal genickt hat, sollte vielleicht einmal mit einem Psychologen sprechen.

Ein weiteres Merkmal, um schweren pathologischen Narzissmus von leichterem zu unterscheiden: die Beziehungsfähigkeit.

Personen mit leichten narzisstischen Zügen sind laut Walter durchaus beziehungsfähig. Je ausgeprägter der Narzissmus ist, desto weniger ist es möglich, sich auf andere Personen und echte Beziehungen einzulassen. 

Grandios oder vulnerabel

Nicht immer erscheinen Personen mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung gleich. Bekannt ist vor allem der grossartig-maligne Typus , der Donald Trump oder Silvio Berlusconi nachgesagt wird. 

Er verhält sich asozial, kann aggressiv und paranoid sein. Er ist von seiner eigenen Grossartigkeit überzeugt, schreckt vor Rache nicht zurück, fühlt sich aber gleichzeitig wenig wertgeschätzt.

Typische Verhaltensweisen von Narzisstinnen und Narzissten

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Love Bombing

Am Anfang steht das sogenannte «Love Bombing». Dabei wird der andere mit Aufmerksamkeit, Geschenken und Komplimenten regelrecht überschüttet. Das Gegenüber denkt oft, die grosse Liebe gefunden zu haben. Doch sobald die Partnerschaft gefestigt ist, ändert sich das Verhalten. Durch Manipulationen will er oder sie das Selbstbewusstsein des Gegenübers schwächen.

Gaslighting

Eine Form von Manipulation nennt sich «Gaslighting». Beim Gaslighting nutzen Narzissten Lügen und Unterstellungen, um die andere Person zu verunsichern. Häufig verwendeter Satz: «Das bildest du dir nur ein!»

Schuldzuweisung

Narzisstinnen verhalten sich teilweise unmöglich, sind aber nie schuld an einer Situation. Sie sagen darum gerne: «Du bist schuld!»

Silent Treatment

Beim «Silent Treatment» bestrafen Narzissten ihr Gegenüber damit, dass sie gar nicht mehr sprechen. Sie möchten so Kontrolle über den anderen erlangen und dessen Selbstwert schwächen.

Verträgt keine Kritik

Narzisstinnen sind süchtig nach Bestätigung und Anerkennung, können nie genug Lob bekommen – vertragen aber selbst keine Kritik.

Keine emotionale Empathie

Narzissten sind so auf sich fixiert, dass sie Bedürfnisse anderer nicht sehen. Sie haben kein Mitgefühl für andere, hören nicht zu und sprechen nur von sich selbst.

Der vulnerable Typus ist geprägt von depressiven Stimmungen, Scham und Anspannung.

Mit Kritik und Misserfolgen kann er nur schwer umgehen. Dieser Typus wird auch als «verdeckter Narzissmus» bezeichnet und betrifft mehr Frauen.

Man geht davon aus, dass im deutschsprachigen Raum ein Prozent der Bevölkerung eine narzisstische Persönlichkeitsstörung hat. Zwei Drittel davon sind Männer, ein Drittel Frauen. Allerdings ist von einer grossen Dunkelziffer auszugehen. «Es gibt keinen Narzissten, der sagt ‹ich bin narzisstisch und komme in Therapie›. Keinen einzigen», sagt Marc Walter.

Psychischer Missbrauch bis ins Bodenlose

Menschen, die es mit einer Person zu tun haben, die eine ausgeprägte narzisstische Persönlichkeitsstörung haben, können ernsthaften psychischen Schaden erleben.

Die ständigen Manipulationen der narzisstischen Person schwächen das Selbstbewusstsein des Gegenübers bis ins Bodenlose. Nicht selten müssen sie sich in Behandlung begeben.

Grenzen setzen

Wer befürchtet, einer Person mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung ausgesetzt zu sein, sollte sich als Erstes über deren typisches Verhalten informieren und sich fragen, welches Verhalten des Gegenübers man selbst akzeptieren kann und welches nicht.

Wird diese Grenze zu oft überschritten, kann es sich lohnen, Hilfe zu suchen – zum Beispiel bei einer Selbsthilfegruppe .

Puls, 5.2.2024, 21:05 Uhr

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