«Die Bakterien kommen per Post zu uns», sagt der Laborant Maxime Bouvier. Er öffnet einen der wattierten Briefumschläge, die auf einem Tisch am Eingang des hellen, modernen Labors deponiert wurden. Gut verpackt, befindet sich darin eine Glasampulle mit einer bräunlichen Flüssigkeit: eine Probe mit resistenten Bakterien – Bakterien, die sich kaum oder gar nicht mehr mit Antibiotika behandeln lassen. Bakterien, die in der Schweiz schätzungsweise 300 Menschen pro Jahr das Leben kosten.
Maxime Bouvier arbeitet am nationalen Referenzlaboratorium zur Früherkennung und Überwachung neuartiger Antibiotikaresistenzen ( NARA ). Hierher gelangen alle Urin-, Speichel- oder Gewebeproben von Patientinnen und Patienten in der Schweiz, die an Infektionen mit resistenten Bakterien erkrankt sind; die beispielsweise an einer Harnwegsinfektion oder einer Lungenentzündung leiden, die sich nicht mehr gängigen Antibiotika behandeln lässt.
Suche in der Petrischale
«Als Erstes vermehren wir diese Bakterien in einer Petrischale» erklärt Maxime Bouvier. So kann er kontrollieren, ob die Probe sauber ist, also nur eine bestimmte Art von Bakterien enthält.
Dann vermischt der Laborant eine kleine Menge Bakterien mit verschiedenen Chemikalien in einem Plastikhütchen und rüttelt sie kurz und heftig durch.
«So brechen wir die Zellwände der Bakterien auf», sagt der Laborant. Alles, was in einem Bakterium drin ist, schwimmt danach frei in der Flüssigkeit herum. Dort sucht Maxime Bouvier nun nach bestimmten Enzymen – sogenannten Carbapenemasen. Denn wenn Bakterien diese speziellen Enzyme besitzen, können sie gewisse Antibiotika zerschneiden und somit unwirksam machen.
Gefährliche Werkzeuge in kleinen Bakterien
Für den Test auf solche Carbapenemasen gibt Bouvier einen roten Farbstoff hinzu. Dann stellt er das Plastikhütchen in ein Gerät – und nach wenigen Minuten kann er das Resultat sehen: Die Probe ist nicht mehr rot, sondern gelb. Das gesuchte Enzym hat gearbeitet und dadurch den pH-Wert verändert. Das bedeutet: Die untersuchten Bakterien sind tatsächlich resistent gegen eine wichtige Gruppe von Antibiotika-Medikamenten.
«Wenn ein Bakterium dieses Enzym Carbapenemase besitzt, dann ist es bereits multiresistent», sagt Maxime Bouvier. Dann bleiben nur noch sehr wenige Antibiotika – oder Kombinationen von Antibiotika –, um eine Infektion zu behandeln. «Zum Glück sind Infektionen mit solchen Bakterien in der Schweiz noch sehr selten».
Immer weniger wirksame Medikamente
Welche Antibiotika noch wirken könnten, untersucht Maxime Bouvier mit einem Antibiogramm. Dafür lässt er die Bakterien den Boden einer durchsichtigen Schale bewachsen. Darin platziert er kleine, genau definierte Portionen verschiedener Antibiotika-Wirkstoffe.
Wenn ein Antibiotikum noch wirkt, dann tötet es die Bakterien um sich herum und es entsteht ein klarer durchsichtiger Kreis. Wirkt es nicht mehr, entsteht kein Kreis. «Diese Resultate schicken wir an das Spital oder die Praxis, wo die Probe herkam», sagt Maxime Bouvier. «Die Ärztinnen und Ärzte können dann die Antibiotika-Behandlung anpassen – solange es noch wirksame Medikament gibt.»