Der 30. Geburtstag wird noch wild und gedankenlos gefeiert. Beim 40. Geburtstag schleichen sich schon die ersten Trauergefühle wegen der verflossenen Jugend ein. Und zum 50. dann vielleicht die Sorge, nun endgültig zum alten Eisen zu gehören.
Diese Gefühle kennen sehr viele – wenn auch natürlich nicht alle. Für manche ist der Start in ein neues Lebensjahrzehnt ein guter Moment, den sie mit Spannung erwarten. Andere haben eher Respekt vor dem, was da kommen mag. Fakt ist: Das «Neuner»-Jahr ist ein besonderes. Nie laufen so viele Menschen einen Marathon wie mit 29, 39, 49. Und auch Seitensprünge sind in diesen Jahren besonders zahlreich.
Psychologin Regula Isenring hat dazu ihre eigene Theorie: «Die Denkweise in Dekaden existiert in ganz vielen Gesellschaften. Ich stelle mir vor, dass das mit den Zahlen zu tun hat. Man hat eine ganze Weile die Drei oder Vier oder Fünf vorne stehen – und irgendwann wechselt das. Wechsel wiederum sind häufig für ganz viele Menschen ein Problem.»
Vorbei ist vorbei
Hinzu kommt: «Da steht man plötzlich vor einer Schwelle und kann nichts mehr rückgängig machen, es ist etwas Endgültiges. Ich kann nicht mehr 31 werden, wenn ich 49 bin. Das, was vorbei ist und nie mehr kommt, macht vielen Menschen entweder Angst oder Freude, je nach Typ», so die Psychologin.
Wie man auf besondere Geburtstage reagiert, ist aber nicht nur eine Frage der Persönlichkeit, sondern auch der aktuellen Lebenslage: Wie viele meiner Lebensträume habe ich mir bisher erfüllt? Was erwarte ich noch vom Leben? Wie geht es mir augenblicklich?
Die Krux der erfüllten Lebensträume
Apropos Lebensträume: Für die einen ist es ein gutes Gefühl, sich möglichst viele erfüllt zu haben. Andere fallen eher in ein Loch, wenn die Träume «abgearbeitet» sind. Da empfiehlt die Psychologin, sich dieser Leere zu stellen, sie auszuhalten und zu sehen, was daraus wachsen kann und was man vielleicht in den letzten Jahren im Streben nach seinen Zielen vernachlässigt hat.
Manche verabschieden sich und gehen auf den Jakobsweg. Andere ziehen sich in ein Ashram zurück und meditieren. Manche lesen Bücher von Menschen in der gleichen Lebenslage. Und wieder andere lassen sich durch eine Psychologin oder einen Psychologen aus der Leere helfen.
Überhaupt geht es laut Regula Isenring mit den Jahren darum, zu erkennen: Was will ich? Was tut mir gut? Und dabei muss man auch einmal Mut haben, den gesellschaftlichen Erwartungen nicht zu entsprechen. Was immer hilft: sich mit positiv denkenden Menschen zu umgeben. Und über seine Gedanken reden, mit Profis, Freunden, Gleichgesinnten.