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Übergewicht ist auch Familiensache

Trotz Präventionskampagnen: Jedes fünfte Kind in der Schweiz ist übergewichtig. Häufig beginnt das Problem bei den Eltern.

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In der Schweiz werden jährlich 20 Millionen Franken gegen das Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen eingesetzt. Trotzdem ist jedes fünfte Schulkind übergewichtig – fast jedes zwanzigste davon schwer.

Die Statistik spricht eine deutliche Sprache: Es gibt klare Risikofaktoren für Übergewicht. Häufiger werden Kinder aus bildungsfernen Schichten übergewichtig: Je tiefer die Bildung der Eltern, desto grösser die Wahrscheinlichkeit. Zudem gibt es einen Unterschied zwischen schweizerischen und ausländischen Kindern und Jugendlichen. Laut einem BMI-Monitoring der Städte Basel, Bern und Zürich sind Jugendliche ausländischer Herkunft häufiger dick. Deshalb gibt es heute Präventionsprojekte, die diese Bevölkerungsgruppen gezielt ansprechen.

Übergewicht wegen seelischer Nöte

Viele Jugendliche werden dick aufgrund seelischer Probleme. Davon ist der Psychotherapeut Andreas Bächlin aus Basel überzeugt. «Essen ist ein Psychopharmakon», sagt er. Essen helfe gegen Depressionen, Angst oder Stress. «Essen ab und zu als Stimmungsheber zu nutzen, ist in Ordnung. Wenn dies aber täglich geschieht, wird es zum Problem.»

Die psychischen Probleme dicker Kinder können sehr verschieden sein: Mobbing in der Schule, Sucht- oder Gewalt in der Familie, zu wenig oder zu viel elterliche Aufmerksamkeit, Langeweile, Eifersucht oder das Gefühl, missverstanden zu werden. «Mit dem Essen werden die psychischen Probleme quasi runtergeschluckt», erklärt Andreas Bächlin. Häufig helfe es, wenn die Eltern das Problem erkennen und ansprechen. Wenn aber auch die Kinder die wahren Gründe für ihr übertriebenes Essen nicht benennen können, sei es gut, mithilfe eines Therapeuten den Schlüssel zu suchen. Eltern können sich an eine Beratungsstelle, an ihren Kinderarzt oder an einen Kinder- und Jugendpsychiater wenden.

Vorbeugung ist Sache der Eltern

Übergewicht kann auch vererbt werden: Sind beide Eltern dick, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass auch die Kinder übergewichtig werden. Um die Kinder davor zu bewahren, müssten die Eltern möglichst früh ansetzen. Fachleute vermuten nämlich, dass bereits die Lebensmittel, die in der Schwangerschaft konsumiert werden, die Vorlieben des Kindes programmieren. Das Risiko, später übergewichtig zu werden, verringert sich, wenn die Mutter ihr Kind 6 Monate oder länger stillt.

Ob ein Kind über dem Normalgewicht liegt oder nicht, können Kinderärzte frühzeitig feststellen. Eine sehr gute Vorbeugung sind auch gute Vorbilder. Wenn die Eltern mit Freude viel Früchte und Gemüse essen, werden es die Kinder wahrscheinlich auch nachmachen. Dasselbe gilt für die Bewegung.

Leitplanken fürs Essen

Gegen Übergewicht kann vorgebeugt werden, indem die Eltern zuhause gewisse Leitplanken fürs Essen setzen. Diese könnten etwa so aussehen:

  • Kinder bedienen sich abseits des Esstischs nicht selber. Ausser Früchten und Gemüse stehen zuhause keine Lebensmittel zur Selbstbedienung herum.
  • Im Alltag werden nur zuckerfreie Getränke wie Wasser und Tee konsumiert.
  • Möglichst häufig gemeinsam essen. Dies fördert die Kommunikation und beugt auch psychischen Problemen vor.
  • Essen in ruhiger Atmosphäre und ohne Nebenbeschäftigungen: Den TV ausschalten, langsam essen. Die Sättigungsgrenze wird besser wahrgenommen, und es wird weniger Energie aufgenommen.
  • Warme Speisen sättigen mehr – es reichen schon Suppe oder Tee.
  • Das Kind nicht dazu zwingen, den Teller immer auszuessen – besser das Sättigungsgefühl respektieren.

Therapieprogramme für Kinder

Ist ein Kind bereits übergewichtig, kann die Familie selber versuchen, mit solchen Leitplanken fürs Essen etwas zu erreichen. Einem Kind das Essen zu verbieten oder die Mengen zu beschränken kann hingegen sogar bewirken, dass das Kind mehr isst. Schlussendlich haben Eltern das Essverhalten ihrer Kinder nie komplett unter Kontrolle. Allerdings können sie das Ess-Umfeld positiv verändern, indem sie sich informieren, wie man mit wenig Fett und ausgewogen kocht. Und zuhause nur möglichst gesunde Lebensmittel zur Verfügung stellen. Übergewichtige Kinder können beim Einkaufen und Kochen mit einbezogen werden.

Sind nach einem halben Jahr keine Resultate zu sehen, empfiehlt es sich, professionelle Hilfe beizuziehen. Programme für Kinder ab 10 Jahren und deren Familien gibt es in fast jeder Region – die Kosten für Gruppenprogramme werden von der Krankenkasse übernommen.

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