Viren oder Bakterien können beide krank machen. Sie unterscheiden sich aber fundamental voneinander. Die Behandlung unterscheidet sich deshalb grundlegend.
«Untote» Viren
Ob ein Schnupfen, Halsweh, Gesichtsschmerzen, Ohrenschmerzen oder Husten: Die Therapie bleibt sich gleich – denn Urheber solcher Beschwerden sind in 90 Prozent der Fälle Viren . Rhinoviren beispielsweise.
Viren sind die kleinsten bekannten Krankheitserreger; sie bestehen nur aus Erbmaterial und einer Eiweisshülle. Einen eigenen Stoffwechsel besitzen sie nicht, weshalb ihnen die Fähigkeit fehlt, sich selbst zu vermehren. Dazu bedienen sie sich eines Tricks: Sie missbrauchen eine lebende Zelle als Wirt.
Viren sind eigentliche Parasiten, die in die Zelle eindringen, ihr Erbgut weitergeben und die Zelle so dazu zwingen, noch mehr Viren zu produzieren. So kommt es zu einem viralen Infekt.
Viren verändern sich sehr schnell. Deshalb ist man nach einer ersten Erkältung auch nicht immun, sondern kann sich gleich wieder anstecken.
«Lebendige» Bakterien
Bakterien sind nicht nur 100 Mal grösser als Viren, sie haben auch Zellen und einen eigenen Stoffwechsel. Sie können sich deshalb selber vermehren, benötigen dazu also anders als Viren keinen Wirt.
Ist unser Immunsystem geschwächt, kann es zu einer bakteriellen Infektion kommen.
Antibiotika nur bei Bakterien
Der Begriff «Antibiotikum» kommt aus dem Griechischen (anti = «gegen», bios = «Leben»). Ein Antibiotikum ist ein Arzneistoff, der spezifisch auf den Stoffwechsel von Bakterien einwirkt und diese zerstört.
Viren besitzen keinen Stoffwechsel, der sich durch Antibiotika zerstören liesse. Deshalb ist hier eine Behandlung mit Antibiotika fehl am Platz – unser Immunsystem muss sich selbst gegen den Parasiten durchsetzen. Immerhin kann man sich zur Vorbeugung gegen verschiedene Viren impfen lassen. Mit der Impfung erhält unser Körper die Möglichkeit, den entsprechenden Virus «kennenzulernen» und bereits entsprechende Antikörper zu produzieren.
Schwierige Unterscheidung
Auch wenn die Unterschiede zwischen Viren und Bakterien grösser kaum sein könnten: Die klinische Unterscheidung «viral» oder «bakteriell» ist schwierig, gerade bei Luftweginfektionen wie Husten, Schnupfen oder Halsweh. Neuere Bluttests können nur in grösseren Labors gemacht werden.
Wichtige Hinweise sind aber Symptomdauer und -verlauf: Bakterielle Komplikationen sind häufiger, wenn eine Erkältung bereits länger als fünf bis zehn Tage dauert oder der Verlauf sich verschlechtert. Zudem: Eine virale Erkältung «wandert», eine bakterielle bleibt gleich und wird immer schlimmer.
Unterscheidung bereits in der Praxis
Der laxe Umgang in der Verschreibung von Antibiotika ist gefährlich. Verschreiben Ärzte ihren Patienten deshalb zu grosszügig, können Bakterien gefährliche Antibiotikaresistenzen bilden, in deren Behandlung Ärzten dann die Hände gebunden sind, weil sie auf die entsprechenden Antibiotika nicht mehr ansprechen.
Eine in Zürich durchgeführte Studie mit 110 Hustenpatienten zeigte, dass bereits die Höhe eines einzelnen Blutwerts anzeigt, ob eine Antibiotikatherapie sinnvoll ist oder nicht: Das «C-reaktive Protein» ist ein Indikator dafür, ob sich im Körper entzündliche Prozesse abspielen.
Ist der Wert im Normbereich und leidet der Patient zudem weder unter deutlicher Atemnot noch unter gleichzeitigem Fieber, ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um einen bakteriellen Infekt handelt, verschwindend gering. Ein Antibiotikum würde diesem Patienten also auch keine Linderung verschaffen.