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Wärmt er wirklich? Warum der geliebte Glühwein gefährlich werden kann

Auf dem Weihnachtsmarkt, an Silvester, beim Après Ski: Auch im Winter wird Alkohol oft draussen konsumiert. Doch gerade in der Kälte kann das Trinken tückisch sein.

Dick eingemummelt, mit einem Glühwein in der Hand: So lässt es sich auch bei Minustemperaturen wunderbar einige Stunden auf dem Weihnachtsmarkt oder dem alljährlichen Firmenapéro aushalten.

Doch gibt der Glühwein wirklich warm – oder ist das nur eine Illusion? Florian Labhart, Projektleiter in der Forschungsabteilung von Sucht Schweiz, sagt: «Sogar das Gegenteil ist der Fall: Alkohol kühlt den Körper von innen. Das gilt auch für den Glühwein.»

Sinkende Körpertemperatur

Alkohol erweitert die Blutgefässe, was kurzfristig tatsächlich ein Wärmegefühl auslöst. Doch die Gefässerweiterung sorgt dafür, dass die eigene Körperwärme über die Haut schneller an die Umgebung abgegeben wird. So sinkt die Körpertemperatur. Bei mässigem Alkoholkonsum in der Regel nur um weniger als ein Grad – bei einigen Tassen oder Gläsern in Kombination mit der Aussenkälte kann es jedoch auch mehr werden. 

Das Kältezittern setzt mit Alkohol im Blut viel später ein.
Autor: Florian Labhart Suchtforscher

Zudem kann Alkohol den Blutzuckerspiegel senken, weil er die Freisetzung von Glukose aus der Leber hemmt. Besonders wenn zuvor wenig gegessen wurde, nach dem Sport oder bei Vorerkrankungen wie Diabetes, steigt dadurch das Risiko einer sogenannten Hypoglykämie. Ein sehr niedriger Blutzuckerspiegel kann dazu führen, dass der Körper zusätzlich weniger Wärme produziert und speichert.

Besonders perfid: Alkohol hemmt die Zitterreaktion des Körpers – im nüchternen Zustand ein verlässliches Signal. «Das Kältezittern setzt mit Alkohol im Blut erst viel später ein – es ist trügerisch», sagt Florian Labhart.

Unterkühlung: Wann's gefährlich wird

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Bei einer Unterkühlung sinkt die Temperatur im Inneren unseres Körpers von durchschnittlich 37 Grad auf unter 35 Grad. Unterhalb von 35 Grad werden einige wichtige Körperfunktionen – vor allem die Thermoregulation, der Kreislauf und der Stoffwechsel – eingeschränkt.

Typische Anzeichen einer milden Unterkühlung sind Kältezittern, blasse, kalte Haut, schneller Atem sowie Koordinationsprobleme. Bei einer moderaten Unterkühlung, wenn die Körpertemperatur auf unter 32 Grad sinkt, lässt das Zittern nach – ein gefährliches Warnzeichen. Bei unter 28 Grad kommt es zu einer schweren Unterkühlung – und damit zur Bewusstlosigkeit.

Ausserdem wird in der eisigen Winterkälte der Alkoholstoffwechsel verlangsamt, weil die Leber weniger stark durchblutet wird und so den Alkohol langsamer abbaut. Was bedeutet: Die Alkoholkonzentration im Blut bleibt länger hoch. Florian Labhart fasst zusammen: «Die Unterkühlungsgefahr wird oft unterschätzt, weil man sich subjektiv warm fühlt.»

Verdeckter Alkoholgeschmack

Beim Glühwein kommt noch hinzu, dass es aufgrund des Zuckergehalts schwieriger ist, die eigenen Grenzen zu spüren. «Glühweine sind oft sehr süss, wodurch der Geschmack des Alkohols überdeckt wird. Daher ist die Gefahr, zu viel davon zu trinken, umso grösser», so Labhart. Und auch bei Sekt und Champagner – den Klassikern an Silvester – ist Vorsicht geboten: Der Alkohol gelangt aufgrund der Kohlensäure schneller ins Blut.

Was empfiehlt der Experte also, wenn man dennoch vom winterlichen Glühweintrinken oder Anstossen mit Schaumwein nicht absehen möchte? Florian Labhart rät: «Alkohol nicht auf leeren Magen konsumieren und zwischendurch immer wieder etwas Alkoholfreies trinken. Ausserdem: Langsam trinken – und auf Warnsignale achten. Wenn das Zittern einsetzt, ist es höchste Zeit, sich ins Warme zu begeben.»

Zudem sollte man gerade beim Glühweintrinken die Kinder im Blick behalten: Aus herumstehenden Tassen könne schnell mal ein Schlückchen probiert werden.

Brauchen Sie Hilfe in Suchtfragen?

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Eine Abhängigkeit von gewissen Substanzen – Medikamenten, Alkohol, Tabak oder illegalen Drogen – ist eine Krankheit, die behandelt werden kann.

Auf der folgenden Liste finden Sie eine kleine Auswahl an Institutionen, wo Sie rasch Hilfe erhalten.

  • Schweizer Sorgen-Telefon: 143 (24x7)
  • Alkohol- oder Suchtberatungsstellen gibt es in allen Regionen. Die Adressen finden Sie unter suchtindex.ch
  • Im Kanton Zürich finden Sie bei Sucht- oder Abhängigkeitsproblemen Hilfe bei der Suchtfachstelle Zürich.

Regionaljournal Aargau Solothurn, 15.12.2025, 12:03 Uhr

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