Das Wichtigste in Kürze
- Stevia wird aus den Blättern der Stevia-Pflanze gewonnen. Die Ureinwohner Paraguays benutzen sie schon seit Jahrhunderten zum Süssen.
- Die Stevia-Pflanze ist als Lebensmittel in der Schweiz nicht zugelassen. Zugelassen sind hingegen Stevia-Extrakte.
- Die Stevia-Extrakte werden in einem aufwendigen industriellen Verfahren aus den Blättern der Stevia-Pflanze gewonnen. Deshalb dürfen sie nicht als «natürlich» beworben werden.
Wer weniger Zucker konsumieren und trotzdem nicht auf Süsses verzichten möchte, greift zu Süssstoffen. Aspartam, Saccharin oder Cyclamat sind kalorienfrei und zahnschonend. Doch manche Konsumenten trauen ihnen nicht, weil sie komplett synthetisch hergestellt werden.
Indigene nutzen Stevia seit Jahrhunderten
Mit Stevia kam der erste Süssstoff auf den Markt, der versprach, «natürlich» zu sein. Tatsache ist: Gewonnen wird der Zuckerersatz aus den Blättern der Stevia-Pflanze, auch Süsskraut genannt. Die Guaraní, Ureinwohner im Grenzgebiet von Brasilien und Paraguay, benutzen die tropische Pflanze schon seit Jahrhunderten zum Süssen.
Pflanze als Lebensmittel nicht zugelassen
Wir streuen heute aber keine Stevia-Blätter in den Tee, wie es die Guarani tun. Die Verwendung der Stevia-Pflanze als Lebensmittel ist in der Schweiz nämlich nicht zugelassen.
Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV begründet das so: Es sei wissenschaftlich nicht vollständig belegt, dass die Stevia-Pflanze gesundheitlich unbedenklich sei.
«Natürlichkeit»: eine philosophische Frage
Als Lebensmittel-Zusatzstoff E 960 zugelassen sind hingegen Stevia-Extrakte, so genannte Steviol-Glycoside. Sie werden in einem aufwendigen industriellen Verfahren aus den Blättern der Stevia-Pflanze gewonnen – unter Einsatz von Alkoholen, Salzen und Harzen.
«Da stecken viele chemische Prozesse dahinter», sagt der Zürcher Kantonschemiker Martin Brunner. «Das ist zwar auch beim Haushaltszucker bis zu einem gewissen Grad der Fall, wenn aus Zuckerrüben Saccharose gewonnen wird.» Aber bei Stevia sei das Verfahren noch komplexer. Ob ein so behandeltes Produkt noch natürlich sei, sei auch eine philosophische Frage.
Klar geregelt
Aber darf man das Produkt als «natürlich» bewerben? Das Bundesamt für Gesundheit BAG sagt klar: Nein.
In einem Informationsschreiben aus dem Jahr 2010 stellt das BAG klar: Produkte mit Steviol-Glykosiden dürfen nicht als «natürlich gesüsst» angepriesen werden.
Es ist auch nicht erlaubt, die Stevia-Pflanze oder ihre Blätter auf der Verpackung abzubilden.
Bitterer Nachgeschmack
Natürlich hergestellt oder nicht – der Zuckerersatz aus der Stevia-Pflanze hat noch ein anderes Problem: einen bitteren Nachgeschmack.
Aus diesem Grund süsst man Produkte heute nicht ausschliesslich mit Stevia. Die Süsse von «Coca-Cola Life» mit dem grünen Etikett zum Beispiel stammt nur zu gut einem Drittel von Stevia. Der Rest ist Zucker.
Neue Produktionsmethode
Ein vollständiger Zuckerersatz wäre möglich, wenn es gelingt, die Steviol-Glykoside ohne Bitterstoffe herzustellen. Ein neues Verfahren, das sich in Entwicklung befindet, extrahiert die Steviol-Glykoside nicht mehr aus Stevia-Blättern. Stattdessen wird der Stoff in genetisch veränderter Backhefe produziert.
Das Prädikat «natürlich» würde die Substanz mit dieser Methode der Herstellung freilich gar nicht mehr verdienen.
Sendung: SRF 1, ECO, 29.05.2017, 22:25 Uhr; SRF 1, Einstein, 15.12.16, 21:00 Uhr