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Unwetterbilanz Teuer und tödlich – 2024 hat eine zerstörerische Bilanz

Vor allem im Juni richten Hochwasser und Murgänge im Tessin, im Wallis, im Misox und im August noch im Kanton Bern massive Schäden an. Ursache sind Starkregen und Gewitter.

Darum geht es: Der Schweizer Unwetterbericht weist das Jahr 2024 mit 905 Millionen Franken Schaden als das fünftteuerste Jahr seit Aufzeichnungsbeginn aus. Verlorene Menschenleben waren es 13, plus drei Vermisste. Nur im Jahr 2000 gab es noch mehr Tote.

Das macht 2024 so schadensreich: Die letzten beiden Juniwochenenden waren im Tessin und im Wallis von teils stationären Gewitterfronten geprägt. Die starken Niederschläge führten zu Hochwasser in Bächen und Flüssen und zu starken Murgängen. Fast 85 Prozent der geschätzten Schadenssumme entfallen auf den Juni. Im August kam es noch einmal zu einer gewittrigen Wetterkonstellation, die in Brienz, im Kanton Bern, einen schweren Murgang auslöste.

Was ist ein Murgang?

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Ein Murgang, umgangssprachlich auch Schlammlawine, entsteht, wenn Schlamm und gröberes Gesteinsmaterial ins Rutschen kommen. Die Mischung aus Schlamm, Gesteinsmaterial und Wasser verhält sich wie eine Flüssigkeit, und bewegt sich mit einer klaren Front voran.

Ein einzelner Murgang kann mehrere hunderttausend Kubikmeter Material enthalten, bis zu 60 km/h schnell werden und so grosse Verwüstungen anrichten.

Immense Schäden im Misox (GR): Im Misox (GR) bildet sich am vorletzten Juniwochenende 2024 eine stationäre Gewitterlinie. Im ganzen Tal gibt es Verwüstungen. Ein Murgang trifft die Ortschaft Lostallo, ein weiterer Murgang trifft das Flussbett der Moesa und drängt den Fluss über die Ufer. Die Moesa unterspült die A13. Zwei Wochen Vollsperrung sind die Folge.

Eine grosse Wassermenge, die eine Autobahnstrecke mit Leitplanken heruntergerissen hat.
Legende: Die Autobahn A13 zwischen Lostallo und Soazza wurde durch die Kraft des Flusses Moesa zerstört, verursacht durch heftige Regenfälle im Misox-Tal in Lostallo. KEYSTONE/Michael Buholzer

Immense Schäden im Wallis: Im Wallis gibt es am gleichen Wochenende wie in Graubünden intensive Niederschläge mit grossen Schäden im Val d’Hérens, im Val d’Anniviers und im Mattertal. Und nur eine Woche später entladen sich zwei Tage in Folge intensive Gewitter über den Seitentälern des Wallis. Murgänge und Hochwasser häufen sich, auch die Rhone führt Hochwasser. Sie überflutet unter anderem die Aluminiumwerke in Sierre, wo mit rund 200 Millionen Franken die grösste Schadenssumme aufläuft.

Ein grossflächig überschwemmtes Industriegebiet.
Legende: Überschwemmte Aluminiumfabrik im Rhonetal. KEYSTONE/Olivier Maire

Immense Schäden im Tessin: Am gleichen Juniwochenende gehen im Maggiatal schwere Gewitter nieder. Die Flüsse Bavona, Peccia und Maggia zerstören ihre eigenen Flussbetten und Ufer und reissen Strassen und Leitungen mit. Ein sehr grosser Murgang trifft die Weiler Fontana und Mondada. Im oberen Maggiatal werden über 100 Gebäude und Betriebe beschädigt, etliche ganz zerstört. Talabwärts in Cevio wird die Vislettobrücke durch die Wassermassen eingerissen.

Ein kaputtes Haus mit Trümmerteilen.
Legende: Zerstörte Häuser und Trümmer in Piano di Peccia im Val Lavizzara, Tessin. KEYSTONE/TI-PRESS/SAMUEL GOLAY

Immense Schäden in Brienz (BE): Schliesslich trifft im August im bernischen Brienz ein Murgang aus dem Milibach mehrere Gebäude, Strassen und die ÖV-Infrastruktur.

Ein Dorf mit mehreren verschütteten Häusern und einer Kirche, im Hintergrund ein See.
Legende: Eine Gerölllawine überdeckt einen Dorfteil in Brienz im Berner Oberland. KEYSTONE/Adrian Reusser

Was Murgänge und Starkregen miteinander zu tun haben: Für Murgänge braucht es drei Dinge: Neigung, Gesteinsmaterial und Wasser. Das Wasser kann aus Schneeschmelzen oder aus Niederschlägen stammen. Da Starkregenereignisse häufiger werden, ist der Faktor «Wasser» öfter und ausgeprägter gegeben als früher. Die heftigeren Niederschläge können dazu führen, dass deutlich mehr Gesteinsmaterial ins Rutschen kommt als bisher.

Was ist Starkregen?

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Starkregen definiert sich nach der Regenmenge, die in einer bestimmten Zeit fällt. Regen wird in Millimetern gemessen, ein Millimeter Regen entspricht dabei einem Liter Wasser auf den Quadratmeter. Liegen Niederschläge über einem bestimmten Schwellenwert von 30 oder 60 Millimetern, spricht man von Starkregen. Diese Schwellenwerte variieren je nach Region.

Südlich der Alpen kommt es häufiger zu stärkerem Regen, dort liegen die Schwellenwerte deshalb höher. Werden erhebliche Regenmengen erwartet, werden Warnungen herausgegeben. Starkregen ist insgesamt schwer vorhersehbar und kann sich lokal sehr unterschiedlich auswirken.

Die Methode hinter dem Unwetterbericht: Die Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) führt seit 1972 eine Unwetterschadens-Datenbank und erstellt daraus den jährlichen Unwetterbericht. Grundlage ist ein detailliertes Medienmonitoring, das zweimal täglich zu bestimmten Stichworten alle Meldungen und Berichte sammelt und an die WSL-Forscher gebündelt weitergibt. Diese kombinieren das Wissen daraus mit Schätzungen zu den Schadenswerten, plus in Einzelfällen Informationen der Kantone und von Gebäudeversicherern.

Radio SRF 4 News, HeuteMorgen, 24.9.2025, 08:15 Uhr

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