Weihenstephan, die weltweit älteste Brauerei, ist technologisch alles andere als alt: Der Gär- und Lagerkeller ist wenige Monate jung, wirkt wie Raumschiff Enterprise und ist ausgestattet mit hunderten Ventilen.
Vorausschauende Wartung: Reparieren, bevor es einen Stillstand gibt
Jedes einzelne dieser Ventile können die Brauerinnen und Brauer vom Computer aus ansteuern und so das unvergorene Bier in den korrekten Tank leiten oder das fertige Bier zur Abfüllanlage fliessen lassen.
Doch wenn eines dieser Ventile ausfällt, steht die ganze Produktionskette still. Der finanzielle Schaden wäre immens. Damit das nicht passiert, setzt die Brauerei auf das sogenannte «Predictive Maintenance», die präventive Instandhaltung.
Die Ventile schlagen Alarm, bevor sie defekt sind. Damit das funktioniert, liefern tausende Sensoren vom Sudhaus bis zur Abfüllanlage ständig Betriebsdaten. In diesem Heuhaufen an Daten erkenne eine künstliche Intelligenz Muster, erklärt Braumeister Tobias Zollo. Wenn etwa ein Ventil mehr als die normalerweise 0.2 Sekunden benötigt, um sich zu öffnen, schlägt die KI Alarm. «Dann kann ich einen Schlosser hinschicken und das Ventil reparieren lassen, bevor es ausfällt», sagt Zollo. Das spart viel Geld.
Datenschatz steigert die Qualität des Bieres
Nur wenige Meter neben der Brauerei stehen die Gebäude des Forschungszentrums der «Bier-Uni».
Hier, umgeben von alten Fachbüchern zur Braukunst, analysieren Martin Zarnkow, Wissenschaftler und Braumeister in Personalunion, und sein Laborteam mit konventionellen Methoden die Bierproben aus Brauereien. Sie suchen auf diese Weise nach Gründen, warum ein Brauvorgang erfolgreich war oder scheiterte. Dabei hilft ihnen der grosse Datenschatz aus den digitalen Brauereien.
Damit soll in Zukunft noch viel mehr möglich sein: Martin Zarnkow träumt davon, die Daten von einer mächtigen KI analysieren zu lassen.
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Das ermögliche ganz neue Einsichten und Anwendungen, so der Forscher.
Vorausschauend: Eine Brauerei will ein Rezept für ein verrücktes Bier entwickeln, etwa «mit grünem Schaum». In Zukunft soll eine KI Rezeptvorschläge machen, mit welchen Produktionsschritten man zu diesem Bier kommen könnte.
Rückblickend: Die KI soll schon bald analysieren, warum ein Bier schlecht oder besonders gut schmeckt.
Soweit sei man noch nicht, die dazu notwendigen Daten seien bisher nicht verknüpft, so Zarnkow. Das ist aber nur eine Frage der Zeit.
Bessere und günstigere Sensoren aus Chur
Auch in der Schweiz versucht man, das Potenzial der KI für Brauereien zu nutzen. An der Fachhochschule Graubünden betreibt Hobbybrauer, Braumeister und Dozent für Informatik, Ingo Barkow, eine 300-Liter-Brauerei.
Die Studierenden brauen für den eigenen Genuss – ein schöner Nebeneffekt. Vor allem aber dient das Bier dazu, während der Vergärung die Vorgänge mithilfe eines Gas-Chromatographen und Massen-Spektrometers zu analysieren.
Die Hightech-Geräte liefern neue Daten, mit denen Barkow eine KI trainieren will. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse bilden die Basis für künftige präzisere oder günstige Sensoren, die gleich mehrere Werte messen können, nicht bloss die Temperatur. So könnten in Zukunft auch kleine Sudanlagen oder sogar Geräte für Hobbybrauer intelligent werden, meint Ingo Barkow.