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Beziehung zu einer KI Was taugen Chatbots als Freundin, WG-Gspänli oder Partnerin?

KI-Chatbots versprechen viel: Sie sollen interagieren und ein täglicher Begleiter im Leben der Menschen sein. Doch was davon können sie heute halten? Das haben fünf Menschen über drei Wochen getestet.

Die Frage ist simpel: Können Menschen vertiefte Gespräche mit einem Chatbot-Avatar führen? «Einstein»-Moderatorin Kathrin Hönegger versucht, das herausfinden. Mit vier Probandinnen und Probanden hat sie Chatbots während drei Wochen auf ihre Beziehungsfähigkeit getestet: Was taugen sie als Freundin, Mentor, WG-Kollegin oder gar erotischer Partner?

KI-Chatbots im Praxistest

Auf der Plattform «Replika», einem der grössten Anbieter sogenannter Companion-Bots, können KI-Avatare in Gestalt, Stimme und Mindset gestaltet werden. Im Experiment sollen sie eine zugewiesene Rolle übernehmen.

Bei den «Einstein»-Testerinnen sahen diese so aus:

Ein Chatbot – viele Aufgaben

Die Psychologin und KI-Expertin Marisa Tschopp hat sich auf Mensch-Maschine-Kommunikation spezialisiert und begleitet das Experiment. «Wir tendieren dazu, Maschinen in der direkten Kommunikation zu vermenschlichen. Das führt dazu, dass wir eher gewillt sind, ihr zu vertrauen.» Die Ansprüche an die digitale Freundin oder den Mentor sind also hochgesteckt. Zu hoch?

Beim ersten Smalltalk scheinen die Bots interessiert, verlangen schnell nach mehr Infos über ihre Erstellerinnen. Aber was kommt dann? Kann man auch schwierige Themen ansprechen? Stellt die KI provokante Fragen? Mit welchen Dingen überrascht sie?

Missverständnisse dominieren

Während des Experiments vor allem mit einem: Zusammenhanglosigkeit. Das Avatar-WG-Gspänli entpuppt sich als Kreuzverhör-Tornado, die potenzielle Partnerin als Langweilerin. Die «Freundin» sagt wirre Sachen, die Co-Therapeutin geht auf nichts ein.

Das Fazit der Probandinnen und Probanden: Je ernster oder kontroverser die Gespräche, desto verwirrender werden die Antworten der KI. Oft kommt es zu Themen-Hopping oder der Bot verliert sich in Details, redet in Allgemeinphrasen – alles schwierig für ein menschliches Gespräch. Fazit? Mehr Flop als Top.

Ergebnisse überraschen Expertin nicht

Dass die Maschine «halluziniert», verwundert Marisa Tschopp nicht: «Wir haben es selbst bei den besten Sprachmodellen mit statistischen Maschinen zu tun, die nur Wort für Wort zusammenbauen.»

Man muss sich immer vor Augen führen: Die KI versteht letztlich nichts. Und daraus kann kein tieferes Gespräch entstehen.
Autor: Marisa Tschopp Psychologin und KI-Expertin

KI-Chatbots haben kein «Verständnis» der Welt, sondern simulieren lediglich eine möglichst passende Konversation – wie ein Taschenrechner für Worte. Man muss sich vor Augen führen: Die KI versteht letztlich nichts. Daraus kann kein tieferes Gespräch entstehen.

Auf den Spuren menschlichen Denkens

«Unser Gehirn, unsere Sprache, funktioniert ganz anders als KI-Modelle», sagt Benjamin Grewe, Neurowissenschaftler an der ETH Zürich. «Wenn wir Menschen sprechen, überlegen wir zuerst, was wir am Ende sagen möchten. Wir generieren nicht Wort für Wort.»

Die eigene Sprache nach einer Strategie auszurichten: Davon sind selbst die besten KI-Modelle noch weit entfernt. Sie sind grundsätzlich anders aufgebaut.

Grewe und sein Team erforschen, wie KI im Sinne menschlicher Intelligenz schlauer werden könnte. Dazu analysieren sie tierische und menschliche Denkprozesse - mit dem Ziel, solche Vorgänge in mathematische Formeln zu übersetzen.

Die aktuelle KI, die ist schon sehr intelligent, aber die kann immer noch nicht dem Menschen das Wasser reichen.
Autor: Benjamin Grewe Neurowissenschafter ETH Zürich

In der KI-Forschung wird versucht, Sprachmodelle wie ChatGPT neu mit haptischen, robotischen Systemen und anderen Sensor- und Speichersystemen zu koppeln. Die Idee: Je mehr Infos eine KI zur Verfügung hat, um eine Situation zu erfassen, desto gezielter wird sie agieren können.

Neue Roboter-Chatbot-Systeme

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Ein Roboter greift nach einem Apfel auf dem Tisch
Legende: Roboter «Figure 1» Der Roboter der Firma Figure soll mit dem Menschen interagieren und selbständig Situationen analysieren können. Youtube/Figure

Vor wenigen Wochen hat die Firma «Figure», zusammen mit dem KI-Tech-Giganten «OpenAI», ein Video veröffentlicht. Darin soll ein Roboter in der Lage sein, eine Situation zu erfassen, eigene Strategien zu entwerfen und danach zu handeln.

Ein Projekt, bei dem Robotik mit den Möglichkeiten grosser Sprachmodelle (Large Language Model – LLM) gekoppelt wird. Unter Zuhilfenahme weiterer Sensorik wie Kameras und Mikrophonen, erhält ein derart vernetztes System neue Möglichkeiten: Es kann seine Umgebung erfassen (durch Vision/Audio/LIDAR), kann sich interaktiv mitteilen (durch LLM/Transformer) und auch physisch agieren (durch Robotik).

Einstein, 11.4.2024, 21:05

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