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ChatGPT im Klassenzimmer Wie geht die Schule mit der künstlichen Intelligenz um?

Künstliche Intelligenz ist angekommen – auch in den Schulen. Wie gehen Lernende und Lehrende mit ChatGPT um? Und was verändert das im Unterricht? Erste Chancen und Risiken im Umgang mit künstlichen Assistenztools.

Primarlehrer Werner Odermatt unterrichtet eine fünfte Klasse an der Schule Würzenbach, Luzern. Als einer der ersten Lehrer schweizweit, der ChatGPT auch im Unterricht einsetzt und thematisiert.

Du musst immer kritisch sein. Immer hinterfragen: Ist das auch richtig, was ich da lese?
Autor: Werner Odermatt Primarlehrer 5. Klasse, Schule Würzenbach (LU)

Obwohl künstliche Intelligenz noch in keinem Lehrplan enthalten ist, sei «das Fach Medienbildung immer der richtige Ort, um damit zu arbeiten».

KI als Beschleuniger der Medienkompetenz

«Wir reden von Informatik und meinen, wir müssten lernen, wie man einen Computer bedient. Aber es geht um Medienkompetenz. ChatGPT gehört da sehr stark dazu», sagt Lehrer Odermatt.

Kinder wollen wissen, wie etwas funktioniert. Neugier sei die Basis, um Vor- und Nachteile von KI auszuloten. Für Odermatt ist ChatGPT vor allem eine Chance, das Lernen zu verändern, individuell anzupassen.

Er findet, es sei die Aufgabe des Lehrpersonals, auch schon den Jüngeren erste Ideen und die Fähigkeit zur kritischen Nutzung im Umgang mit KI wie ChatGPT mitzugeben.

Rätselmaschine und Dampfplauderer

Heute erhalten seine Schülerinnen und Schüler – sie sind zehn bis elf Jahre alt – die Aufgabe, mit ChatGPT ein Rätsel über sich selbst zu erstellen. Dazu müssen sie der Maschine Informationen über sich mitgeben und lernen, wie ChatGPT Eingaben verarbeitet. Die Kinder sind verblüfft.

Schülerin Hannah fasst zusammen: «Ich hätte ein solches Rätsel über mich selbst nicht so gut hingekriegt. Er macht aus so wenigen Informationen etwas so Gutes.» Schüler Finn merkt aber auch schnell, dass nicht immer alles stimmt, was die Maschine ausspuckt. Der Lehrer ist zufrieden: nachjustieren, kritisch hinterfragen, besonders in Bezug auf die Inhalte.

Sabine Seufert ist Professorin für Wirtschaftspädagogik an der Universität St. Gallen. Sie untersucht Sprachmodelle und berät Bildungsinstitutionen im Umgang mit künstlicher Intelligenz im Unterricht: «KI ist jetzt auf dem Tisch, da sind sich alle einig. Wir müssen lernen, mit ihr zu kollaborieren und Kompetenzen zu entwickeln, die später wichtig werden. Gleichzeitig wollen wir die Sozialkompetenz und emotionale Intelligenz von Lehrpersonen damit stärken.»

Maturavorbereitung mit KI-Assistent

Sie berät die Schulverantwortlichen der Kantonsschule Menzingen in didaktischen Fragen zum KI-Einsatz – dort wird ChatGPT schon gezielt in der Oberstufe eingesetzt. Gabrijela Pejic-Glisic, Rektorin der Kantonsschule, war anfangs skeptisch, heute sieht sie auch Chancen: «Wir müssen ChatGPT als nützlichen Helfer verstehen, wie einen Taschenrechner und nicht als Quelle, um sich Fakten zu erschliessen.» Für sie war diese Erkenntnis ein Schlüsselmoment.

Zusammenfassungen, Umformulierungen, Konzepte und Herangehensstrategien – ChatGPT soll Lösungswege aufzeigen, nicht die Lösung selbst. Dabei versagt die Software nämlich regelmässig – etwa beim Rechnen oder im Faktencheck.

Deutschlehrer Magnus Frei hat deshalb keine Angst, dass die Schülerinnen und Schüler faul werden und ChatGPT die Hausaufgaben übernimmt. «Wenn etwas zu geschliffen daherkommt, fragen wir immer nach.» Die Schülerinnen und Schüler wüssten zudem, dass sie es zum Schluss selbstständig können müssen.

KI ist jetzt auf dem Tisch, da sind sich alle einig. Wir müssen lernen, mit ihr zu kollaborieren ...
Autor: Sabine Seufert Professorin für Wirtschaftsdidaktik, Universität St. Gallen

Es sind erste Gehversuche, ein KI-Tool wie ChatGPT gezielt als Lehr- und Lern-Assistenten in Volksschulen einzusetzen, denn Schule soll vor allem eins: Kinder und Jugendliche kompetent machen für die Zukunft.

Einstein, 29.06.2023, 21:05 Uhr

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