«Wow, das hat mir die Augen geöffnet», schreibt Leser Rui. «Danke, dass ihr dieses Thema aufgreift», kommentiert Youtube-Userin Severnaya.
Die Einstein²-Episode «Burn On» und das Interview mit dem Psychotherapeuten Bert te Wildt über die Vorstufe des Burnouts, hat Sie, liebe SRF-Community, motiviert, Ihre Erfahrungen mit dem Spagat zwischen Daueranspannung und Überforderung zu teilen. Was sagen Schweizer Burnout-Expertinnen und Experten dazu?
Mir hat geholfen, Pausen im Job und privat auch im Kalender einzutragen. Ein Termin nur für mich.
Ein guter Ansatz, um den Spagat zwischen Überforderung und Erschöpfung zu vermeiden, wie Sebastian Haas, Leiter Schwerpunkt Burnout und Belastungskrisen der Privatklinik Hohenegg, bestätigt. «Es braucht aber Disziplin diese Termine einzuhalten. Auch dann, wenn vermeintlich Wichtigeres ansteht oder das Stresslevel im Job ansteigt.»
Ebendieser Stress wird für Schweizer Arbeitnehmenden immer mehr zur Belastung, wie auch die aktuellste Erhebung der Gesundheitsförderung Schweiz zeigt.
Ich gehe Barfusslaufen – ohne Musik zu hören. Oder ich mache einen Waldspaziergang.
Den Fokus auf eine Sache zu lenken, kann auch entlastend wirken. «Unmittelbare Wahrnehmung über die eigenen Sinne ohne Ablenkung von aussen oder innen schafft neue Erkenntnis-Räume und hilft dabei, die eigenen Bedürfnisse neu zu erfassen und sich entsprechen auszurichten in der Situation oder sogar im Leben», weiss auch Sebastian Haas. Ob das nun beim Barfusslaufen oder Velofahren ist, darf jede und jeder selbst für sich entscheiden.
Ich versuche, die Wichtigkeit von Dingen im Job und privat zu hinterfragen und sie in Relation zu setzen. Meinen Bedürfnissen bewusst zu werden und auch mal Nein sagen.
Aber wie kann es gelingen, Aufgaben in Job und Freizeit auch in stressigen Situationen in Relation zu setzen? «Es kann helfen, diese Dinge mit der Partnerin oder einem Freund zu reflektieren. Eine wichtige Voraussetzung ist, sich dafür Zeit zu nehmen», so Elisabeth Balinth, Oberärztin der Privatklinik Meiringen und mitverantwortlich für die dortige Burnout-Station. Bei eingeschaltetem Fernseher oder am Znachttisch während Kinder auf einen einreden, funktioniert das nicht.
Ein Burnout hat meiner Meinung nach mit schlechter Führung zu tun.
Ist das wirklich so? «Es ist immer eine Kombination von Faktoren bei der Arbeit – hier spielt Führung eine grosse Rolle – und meinen eigenen Denkweisen, Fähigkeiten und Verhaltensmustern. Der Anteil ist bei jedem Burnout verschieden», so Marcus Sievers, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie auf der Burnout-Station in Meiringen.
Ich habe zwei Jahre gebraucht, um wieder einigermassen leistungsfähig zu sein. Zum Glück habe ich – im Gegensatz zu vielen anderen – einen äusserst verständnisvollen Arbeitgeber, der mir die Wiedereingliederung erleichtert hat.
Welche Rolle spielt der Arbeitgebende bei der Wiedereingliederung grundsätzlich?
«Wir beziehen die Arbeitgebenden bereits während des stationären Aufenthalts in einem Gespräch ein, bei dem neben Patienten und Vorgesetzten und Personalabteilung, auch der klinikinterne Sozialdienst und der behandelnde Arzt oder Psychologe teilnimmt», so Elibeth Balint.
Dies gebe dem Arbeitgeber die Möglichkeit, auch die professionelle Einschätzung der Behandelnden zu hören, was Patientinnen und Patienten entlasten könne. Stigmatisierung verschlechtere den Gesundheitszustand und die Leistungsfähigkeit von Arbeitnehmenden.
Schulung zu gesundem Führungsverhalten
Abgesehen davon mache es auch Sinn, Führungskräfte hinsichtlich der Zusammenhänge von Arbeit und Gesundheit und in gesundem Führungsverhalten zu schulen, ergänzt Elisabeth Balint.
«In einer Studie , die im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO durchgeführt wurde, konnte Folgendes dargelegt werden: Je mehr die Befragten ein gutes Führungsverhalten bei direkten Vorgesetzten erleben, desto zufriedener sind sie mit den Arbeitsbedingungen.» Je weniger gestresst sich die Befragten fühlten, desto geringer ist die emotionale Erschöpfung und desto weniger Gesundheitsprobleme wie Rückenschmerzen, werden angegeben.