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Geschäft mit den Wechseljahren Milliardenmarkt Menopause: Wer profitiert und was nützt wirklich?

Die Wechseljahre sind kein Tabu mehr – doch mit der gestiegenen Aufmerksamkeit wächst auch ein undurchsichtiger Markt. Viele Produkte versprechen Linderung, aber wie erkennt frau, was wirklich hilft?

Tina ist 47 und kämpft mit typischen Beschwerden der Menopause. Sie hat vieles ausprobiert – von Menopause-Gummibärchen (33 Franken pro Monat) über Hydrationsgel (40 Franken) bis zum fünftägigen Wechseljahr-Retreat für 1320 Franken.

So kam in kurzer Zeit ein beträchtlicher Betrag zusammen. Eine gute Investition – oder bloss gut vermarktete Hoffnung?

Omnipräsente Menopause

Tina ist fiktiv, doch sie steht für eine grosse Realität. «Die Menopause betrifft alle, die eine Frau in dieser Lebensphase kennen – Partner, Freundinnen, Arbeitgeber, Kinder», sagt Claudia Brett, Menopause- und Gesundheitsförderungscoach.

Es ist wichtig, dass die Wechseljahre endlich Aufmerksamkeit bekommen.
Autor: Judith Bildau Gynäkologin und Medical Influencerin

Das einstige Tabuthema ist sichtbarer geworden – auch in den sozialen Medien, wo vermeintliche Expertinnen ihre Tipps teilen. Mit der neuen Offenheit wächst jedoch auch ein Markt, der längst erkannt hat, wie lukrativ Verunsicherung sein kann. Neben qualifizierten Fachpersonen treten zunehmend Coaches, Influencerinnen und Firmen auf, deren Versprechen mehr nach Marketing als nach Medizin klingen.

«Es ist wichtig, dass die Wechseljahre endlich Aufmerksamkeit bekommen», betont Judith Bildau, Gynäkologin und Medical Influencerin. «Doch für Laien ist schwer zu erkennen, wer tatsächlich Expertise hat.»

Geld gegen Leiden

Von Libidoverlust bis Gelenkschmerzen – die Menopause zeigt sich vielfältig. Parallel dazu expandiert das Angebot: Für jedes Symptom gibt es ein Pulver, ein Gel, ein Coaching. Vieles wirkt überzeugend verpackt, doch echte Wirksamkeit ist selten belegt. Die Kombination aus hohem Leidensdruck und solider Kaufkraft verschiebt die Grenze zwischen Hilfe und Geschäft.

Frauen ab 40 verfügen gemäss Bundesamt für Statistik über ein mittleres Einkommen von 7158 Franken brutto. «Die Bereitschaft, Geld auszugeben, ist definitiv da», sagt Brett. Viele investieren bewusst in ihr Wohlbefinden – doch nicht alles, was gut klingt, hält auch tatsächlich stand.

Menopausen-Produkte

Was hilft?

Eine kritische Grundhaltung ist zentral: Quellen prüfen, Qualifikationen hinterfragen, auf nachvollziehbare Wirkungsnachweise achten. Am zuverlässigsten bleiben medizinisch begleitete Angebote, deren Nutzen wissenschaftlich belegt ist.

Ein Beispiel ist die Hormonersatztherapie. «Sie ist klar evidenzbasiert», sagt Petra Stute, leitende Ärztin am Inselspital Bern. Der Hormonmangel kann durch Tabletten, Pflaster, Gele oder Vaginalringe ausgeglichen werden – optimalerweise begleitet von einer jährlichen, individuellen Nutzen-Risiko-Abwägung durch eine Gynäkologin oder einen Gynäkologen.

Hormonersatztherapie: Was sie ist – und was sie bewirkt

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Die Hormonersatztherapie (HRT) gleicht den natürlichen Rückgang der weiblichen Hormone in den Wechseljahren aus. Je nach Bedarf werden Östrogene und/oder Gestagene als Tabletten, Pflaster, Gel oder Vaginalpräparat verabreicht. Ziel ist nicht, den Hormonspiegel auf das Niveau vor den Wechseljahren zu bringen, sondern die Linderung von Beschwerden und der Schutz vor langfristigen Gesundheitsrisiken.

Nutzen

  • Deutliche Linderung typischer Beschwerden wie Hitzewallungen und Schlafstörungen
  • Schutz der Knochengesundheit: geringeres Osteoporose-Risiko
  • Reduziertes Risiko für Erkrankungen wie Demenz, Herzinfarkt, Diabetes und Darmkrebs
  • Mögliche positive Effekte auf Haut, Haare und Gewicht

Risiken

  • Orale Östrogene können das Risiko für Thrombosen und Schlaganfälle erhöhen (nicht bei Pflastern oder Gelen)
  • Kombinierte Langzeittherapie (Östrogen + Gestagen): leicht erhöhtes Brustkrebsrisiko
  • Eine reine Östrogentherapie erhöht das Brustkrebsrisiko nicht

Ebenso wichtig ist ein aktiver Lebensstil: Ausdauer- und Krafttraining stärken Herz, Knochen und Psyche, ergänzt durch Entspannungsübungen. Auch die Ernährung spielt eine Rolle – viel Gemüse, gesunde Fette, pflanzliche Proteine, weniger Zucker, rotes Fleisch und stark Verarbeitetes. Bei Unsicherheiten hilft professionelle Beratung.

Nicht zu unterschätzen ist der soziale Faktor: Austausch, Treffen, gegenseitige Unterstützung. Bei Bedarf auch psychologische Begleitung.

Und die Gummibärchen, Hydrationsgele oder ähnlich vermarkteten «Wohlfühlprodukte»? Die Expertinnen raten davon ab – ihnen fehlt die wissenschaftliche Evidenz. Je stärker der Markt wächst, desto wichtiger wird also der Blick auf das, was tatsächlich hilft – und nicht nur Hoffnung verkauft.

Radio SRF 2 Kultur, Kulturplatz Talk, 26.11.2025, 09:05 Uhr

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