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Neues aus der Gerichtsmedizin Wenn in Leichen falsches Blut fliesst

Mordopfer sind ihr Metier: Silke Grabherr hat eine neue Methode entwickelt, um Verletzungen bei Toten sichtbar zu machen.

Manchmal riecht es fürchterlich in der Rechtsmedizin, je nach Zustand des untersuchten Körpers. «Aber wenn's stinkt, dann stinkt's. Da muss man durch», sagt Silke Grabherr. Sie ist knapp 40 Jahre alt und die Chefin der Rechtsmedizin der Romandie mit mehr als 200 Angestellten.

Nasenklammern oder spezielle Duftstoffe, die man sich unter die Nase reibt, wie man das ab und zu in Filmen sehe: Das verwendeten sie hier nicht, sagt Grabherr. «Mit der Zeit gewöhnt sich die Nase zum Glück an die heftigsten Gerüche.»

«Heute traue ich jedem alles zu»

Grabherr und ihr Team in Lausanne und Genf haben nicht nur mit Toten zu tun. Oft untersuchen sie auch Gewaltopfer, die überlebt haben. Für die Justiz dokumentieren sie die Verletzungen.

Auch Täter sieht Grabherr immer wieder. Etwa wenn sie mit der Polizei Szenen nachstellt, um zu rekonstruieren, ob der Tatvorgang, so wie er erzählt wird, mit den tatsächlichen Verletzungen des Opfers übereinstimmen. «Man verändert sich schon als Rechtsmedizinerin, man verliert seine Naivität».

Früher habe sie oft geglaubt, Kriminelle könne man erkennen. «Aber heute traue ich jedem alles zu», sagt Grabherr. «Auch ganz normale Leute können die schrecklichsten Verbrechen begehen. Zum Glück ist das aber nur eine Minderheit.»

Zwei Gerichtsmediziner im Labor.
Legende: Auf dieser Liege präpariert Alexandre Domingues die Leiche, bevor sie durch den Computertomographen geht. Silke Grabherr analysiert die Bilder. Christian von Burg

Mit 23 neue Technik ertüftelt

In der Romandie ist Grabherr bestens bekannt, weil sie eine neue Methode entwickelt hat, mit der sich auch die Gefässe der Toten sichtbar machen lassen. Wenn man eine tote Person durch den Computertomographen schickt, sind die Bilder enttäuschend, weil oft viel Blut verloren gegangen ist und das Herz nicht mehr schlägt.

Schon kurz nach dem Studium hat sich Grabherr mit dem Problem befasst. «Als ich vorschlug, das Herz und das Blut einfach zu ersetzen, hielten mich die meisten für verrückt», sagt sie. Unterdessen aber ist die sogenannte Post-Mortem-Angiographie weit verbreitet. Regelmässig kommen Rechtsmediziner aus dem Ausland in die Schweiz, um sich hier weiterbilden zu lassen.

Paraffinöl in den Adern

Alexandre Domingues, ein Mitarbeiter von Silke Grabherr, erklärt, wie das System funktioniert. Er zeigt auf ein grosses Plastikfass mit einer braunen Flüssigkeit: «Das ist das Paraffinöl, das wir den Toten in die Blutbahn pumpen.»

Zwei Kanister im Labor.
Legende: Ersetzt das Blut in den Adern der Toten: Paraffinöl, versetzt mit Kontrastmittel. Christian von Burg

Untersuchungsmethoden ergänzen sich

Im Nebenraum sitzt Grabherr vor dem Computer und analysiert die Bilder. Nach einer gewissen Zeit lassen sich die Blutbahnen und alle Gefässe in drei Dimensionen darstellen und von allen Seiten anschauen.

Eine europaweite Studie hat gezeigt, dass die Methode sehr verlässlich ist und dass sie bei Verletzungen an Knochen und Gefässen sogar deutlich bessere Resultate liefert als die herkömmliche Obduktion.

«Trotzdem benutzen wir bei einem Mordfall noch immer beide Methoden», sagt Grabherr, «denn gewisse Veränderungen entdecken wir erst, wenn wir die Leichen öffnen». Möglichst genaue Analysen sind zentral für eine wasserdichte Beweisführung der Justiz.

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