Das Wichtigste in Kürze:
- Das holländische Designstudio Kossmann de Jong hat die neue Dauerausstellung im Museum für Kommunikation in Bern mitgestaltet.
- Die Zusammenarbeit war herausfordernd: Mit ihrer Direktheit stiessen die Holländer die Berner bisweilen vor den Kopf.
- Trotz allen Unterschieden haben die beiden Teams eine gemeinsame Linie gefunden.
Niederländer kommen zu spät zu Sitzungen, ihre Schnürsenkel sind offen und die Haare nicht ordentlich gekämmt.
Für deutschsprachige Wirtschaftskader ist dies ein bekanntes Phänomen. Mit ihrem fröhlichen Temperament und ihrer unorthodoxen Arbeitsweise machen die langen Hünen aus dem Norden aber jeweils wieder viel wett.
«Das ist Scheisse»
Auch die Kuratoren des Museums für Kommunikation in Bern, das ab kommendem Samstag nach einer fünfjährigen Umbauphase seine neue Dauerausstellung zeigt, können ein Lied davon singen. Die sehr direkte Art der Kommunikation sei eine Herausforderung gewesen, sagt Projektleiter Christian Rohner.
Manchmal hätten die Niederländer völlig unverblümt auf einen Vorschlag aus der Schweiz mit «Das ist Scheisse» reagiert. Diese Direktheit habe im Team in Bern oft zu Konflikten geführt. Rohner erzählt, wie er gewisse Antworten aus Amsterdam habe abfedern müssen, damit «nicht wieder eine Woche lang eine schlechte Stimmung herrschte und alle deprimiert waren.»
Der erste Schweizer Auftrag
Kossmann de Jong ist eines der renommiertesten Designstudios in der Szene. Das 30-köpfige, multidisziplinäre Team hat nicht nur zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland entworfen und gebaut, sondern auch viele Museen eingerichtet – etwa das preisgekrönte Mikrobenmuseum « Micropia » in Amsterdam.
Das Museum für Kommunikation in Bern sei ihr erster Schweizer Auftrag gewesen, erzählt der 57-jährige Kreativdirektor Mark de Jong. Dabei sei diese Zusammenarbeit verlaufen, wie so oft bei solchen Projekten: «Es gibt immer Streit.» Dabei hätten aber alle dasselbe Ziel vor Augen, nämlich: das beste Museum zu machen. So etwas gehe nicht ohne Widerstand.
Gewöhnungsbedürftige Sitzungen
Dem kann Michèl de Vaan nur zustimmen. Der 42-jährige Industriedesigner rollt jetzt noch die Augen, wenn er von den Sitzungen in Bern erzählt. Die seien immer durchstrukturiert gewesen mit einer Eröffnung, einzelnen Wortmeldungen und einem Schluss.
In den Niederlanden verliefen solche Treffen immer total chaotisch, da werde nach Lust und Laune unterbrochen. Für einen wie ihn, der gerne aus der Hüfte schiesse, sei die Schweizer Art ein grosses Umgewöhnen gewesen. Inzwischen hätten sie sich aber in Bern an seine direkte Art gewöhnt.
Grosse Unterschiede
Was de Vaan auch zu schaffen machte, waren die vielen Schweizer Aktennotizen: «Die musst du alle lesen.» Denn auf Basis der Papiere würden jeweils bindende Beschlüsse gefasst.
Auch dies ein grosser Unterschied zu seiner Heimat, wo bereits getroffene Entscheidungen lustvoll umgekehrt werden dürften. Um zu einem noch besseren Resultat zu gelangen, sei dort viel mehr möglich.
Kulturelle Unterschiede als schöne Herausforderung
Trotz allen Unterschieden haben die beiden Teams eine gemeinsame Linie gefunden. Am Abschlussessen in Amsterdam sprechen beide Seiten von einer befruchtenden Periode.
Zwar habe er sich in mindestens drei Fällen als Mediator einbringen müssen, damit sie überhaupt hätten weiterkommen können, erinnert sich Projektleiter Christian Rohner. Gleichzeitig sei diese Überbrückung der kulturellen Unterschiede auch die schönste Herausforderung am ganzen Projekt gewesen.
Nächstes Projekt in Bangladesch
Inzwischen haben die Ausstellungsbauer von Kossmann de Jong ihren zweiten Schweizer Auftrag an Land gezogen: eine Wechselausstellung im Stapferhaus in Lenzburg.
Doch vorerst sind sie – unter anderem – in Bangladesch tätig. Dies sei dann wirklich eine andere Kultur, grinst Kreativdirektor Mark de Jong: «So gesehen liegt die Schweiz dann doch wieder ziemlich nahe bei den Niederlanden.»
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 17.08.2017, 06:50 Uhr