Zum Inhalt springen

Projekt «HackaHealth» Wie junge Forschende beeinträchtigten Menschen Hoffnung geben 

Das Projekt «HackaHealth» bringt Beeinträchtigte, Forschende und Studierende zusammen. In einer packenden 48-Stunden Challenge tüfteln sie gemeinsam an personalisierten technischen Lösungen für Menschen mit Beeinträchtigung. Ein Paradebeispiel für gelebte Inklusion.    

«God is a DJ», heisst es. Bei Amir Gashi stimmt das sicher. Er ist «DJ DFKT X». Seine Leidenschaft ist harter Techno. Doch genauso hart trifft den 28-Jährigen die Muskelerkrankung Duchenne Muskeldystrophie (DMD). Sie begann als er sechs Jahre alt war und führt seitdem dazu, dass Amir immer mehr Muskelgewebe verliert.  

Mittlerweile kann der Musiker die Computermaus, ohne die er die Regler am DJ-Pult nicht bedienen kann, kaum mehr steuern. An Auftritte in Clubs ist seit Monaten nicht mehr zu denken. Für Amir gleicht das einer Katastrophe, denn seine Leidenschaft fürs Auflegen und Komponieren hält ihn buchstäblich am Leben. Irgendwann wird Amir an den Folgen seiner Erkrankung sterben. Doch bis dahin kehrt das Musikmachen in sein Leben zurück – dank junger Talente aus Schweizer Hochschulen. 

Das Projekt heisst«HackaHealth». Eine Community, die die Lebensqualität von Menschen mit Behinderung durch massgeschneiderte Lösungen verbessern will.

Das ist «HackaHealth»

Box aufklappen Box zuklappen

Der Verein «HackaHealth» wurde 2018 in Genf von einer Gruppe Studierenden der EPFL Lausanne und des Campus Biotech in Genf gegründet. Seit 2021 ist die Community auch am Standort Zürich aktiv. Inzwischen hat «HackaHealth» sieben Hackathons, mehrere Webinare und Workshops mit mehreren hundert Teilnehmenden durchgeführt.

Beim Hackathon, einer jährlichen Challenge für und mit Menschen wie Amir Gashi geben angehende, junge Ingenieurinnen, Designer und Tüftlerinnen während 48 Stunden Vollgas. Sie entwickeln neue Denkansätze, entwerfen Prototypen und suchen gemeinsam mit den Betroffenen nach technologischen Hilfsmitteln, die deren Alltag erleichtern.  

So individuell wie die Betroffenen selbst 

Die Aufgabe ist nicht zu unterschätzen, denn Beeinträchtigungen sind so individuell wie die Betroffenen selbst. Die Challenge garantiert also keine Erfolgsgeschichten. Dennoch stellten sich auch diesen Herbst wieder über 40 Studierende aus allen möglichen Disziplinen dem Hackathon und ihren sechs Herausfordern mit Behinderung, die auf eine Lösung ihres Problems hofften. Unter ihnen auch Amir Gashi aka DJ DFKT X.  

Noch am Eröffnungsabend im ‘Student Project House’ der ETH Zürich machte sich das Team Amir mit dem muskelkranken DJ an die Arbeit. Ihr Hackathon: Den DJ mit einem neuen technischen Setup zurück an die Turntables bringen. Die Hacker: Drei Frauen und vier Männer, alle zwischen 22 und 27 Jahre alt, die meisten von ihnen aus dem Maschinenbau und der Biomedizintechnik. Eine internationale Truppe, die es tatsächlich schaffte. Praktisch auf den Schlusspfiff der Challenge konnten sie einen Prototyp präsentieren.  

Team Amir am Hackathon 2022

Mit einem Live-Auftritt vor der «HackaHealth»-Community demonstrierte DJ DFKT X, wie er dank spezieller Drucksensoren und neuer Systemsteuerung die Regler am DJ-Laptop mit Fingern, Mund und sogar mit Fuss oder Kinn endlich wieder selbständig bedienen konnte. «48 Stunden vor der Challenge hatte ich keine Hand mehr zum Mixen des Sounds. Nun habe ich sogar drei Hände.» 

Das Beste an dieser Geschichte: Sie geht auch nach dem Hackathon weiter. Die jungen Tüftlerinnen werden Amir weiter treffen und die Elektronik in eine Box packen, die er zu den Auftritten mitnehmen und am DJ-Pult anschliessen kann. Auch die Gage für die Hacker ist bereits geklärt. Sie kriegen von DJ DFKT X Freikarten für das nächste Konzert und harte Technobeats auf die Ohren. 

SRF 1, Einstein, 24.11.2022, 21:05 Uhr

Meistgelesene Artikel