Der Prediger Gabriel Rothblatt verkündet die frohe Botschaft unter den Kirchengängern als unverrückbare Selbstverständlichkeit: «Technologie wird uns unsterblich machen». Dass in einer Kirche der technologische Fortschritt gepredigt wird, mag zutiefst amerikanisch anmuten.
Doch hinter der Überzeugung des US-Amerikaners Rothblatt steht eine weltweite Bewegung, die auch jenseits von Altar und Weihwasser an die digitale Unsterblichkeit glaubt. Diejenige der Transhumanisten. Transhumanisten glauben, dass die Verschmelzung von Mensch und Maschine in eine bessere Zukunft führt.
Persönlicher Denkschatz im Roboter verewigt
Ihr Traum ist es, eine digitale Kopie unseres Bewusstseins zu erstellen und dieser Kopie eine Form zu geben. Dieses digitale Ich kann ein animiertes Bild sein, einen Charakter im Metaversum oder gar nur ein Textprogramm.
In Perfektion allerdings, würde das digitale Bewusstsein in einem Roboter stecken, der uns zum Verwechseln ähnlich ist. Es wäre der perfekte Avatar, der gleich denkt und redet sowie dieselben Erinnerungen teilt. Und dazu noch unsterblich ist.
Digitale Unsterblichkeit als Geschäftsmodell
Doch wozu das? Menschen mit Sendungsbewusstsein wie der amerikanische Spiritualist Deepak Chopra wollen sich so für die Nachwelt erhalten. Er hat sich bereits eine digitale Animation programmieren lassen. Sein Avatar soll schon zu seiner Lebzeit mit Smartphone-Nutzern kommunizieren. Als Animation mit künstlicher Intelligenz, welche Lebensweisheiten von sich gibt und Meditationen leiten soll.
Dahinter steckt wohl das Ziel, dass das digitale Double von Chopra einen Teil seiner heutigen Arbeit übernehmen. Es lässt sich kaum leugnen, dass es sich dabei um ein Geschäftsmodell handelt.
Roboter mit Hirn
Forschende hingegen treibt die Neugier an, wie wir als Mensch funktionieren. Wie unser Hirn Erinnerungen speichert und abruft. Wie aus all unseren Erlebnissen ein Bewusstsein entsteht. Wie ein Roboter Emotionen transportieren kann, damit wir statt dem Roboter einen Menschen sehen.
Der Hirnforscher Alysson Muotri, Leiter des UC San Diego Stammzellen-Programmes, hat in einem aufsehenerregenden Experiment die Grenzen zwischen Mensch und Maschine verwischt. In der Petrischale züchtete er menschliche Hirnzellen und liess sie zu sogenannten Organoiden entwickeln. Das sind Zellverbände, die in diesem Fall über elektrische Signale miteinander kommunizieren. Diese Signale verband er mit einem Roboter mit vier Beinen, worauf dieser selbstständig gehen konnte.
Unsterblich – zumindest teilweise
Wohin Selbstverwirklichung, Geschäftssinn, wissenschaftliche Neugier oder religiöse Wunschvorstellungen führen, ist umstritten. Viele Forschende zweifeln daran, dass wir unser Bewusstsein je eins zu eins kopieren können.
Möglich aber, dass wir unseren Nachfahren nicht nur als Foto oder Video erscheinen werden, sondern ganz selbstverständlich als Animation mit unserer eigenen Stimme und unseren eigenen Erinnerungen. Zumindest ein Stück weit digital unsterblich.