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Verlustgeschäft Winter «Silver Tourism» – Alternative für rückläufigen Skitourismus?

Der Winter ist für tief gelegene Skiorte immer öfter ein Verlustgeschäft. Fachleute raten zum Ausbau des Ganzjahrestourismus und zur Förderung der Angebote für ältere Menschen. Das Phänomen der «aging society» macht dieses Segment zum Wachstumsmarkt, der bislang zu wenig beachtet wurde.

War heuer tatsächlich ein derart miserabler Winter? «Je nach Destination unterschiedlich und je tiefer die Lage, desto problematischer», fasst Jürg Stettler, Professor für Touristik an der Hochschule Luzern, die Skisaison zusammen.

Skigebiete in hohen Lagen hatten dank künstlicher Beschneiung einen guten bis sehr guten Winter. Für tiefer gelegene Orte, wie zum Beispiel Sattel-Hochstuckli (Schwyz) war es ein Winter zum Vergessen. Das wichtige Weihnachtsgeschäft brach ganz weg und auch in den Sportferien herrschte Schneemangel.

Ausbau des Ganzjahrestourismus

Experten sind sich einig, damit Skiorte eine Zukunft haben, muss der Ganzjahrestourismus massiv ausgebaut werden. «Es ist von Oktober bis Mitte November schönstes Wanderwetter und Hotel und Restaurants haben geschlossen. Das darf nicht passieren!», mahnt Thomas Egger von der schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete SAB.

Sattel-Hochstuckli hat die Zeichen schon längst erkannt und den Turnaround geschafft. Der Sommertourismus generiert mittlerweile mehr als die Hälfte des Umsatzes.

«Silver Tourism»: ein Wachstumsmarkt

Nach Thomas Egger liegt in den Bergen aber noch touristisches Potenzial brach: «Die Bevölkerung wird immer älter und dieses Potenzial hat man bis heute zu wenig ausgeschöpft.» In der Fachsprache redet man von «Silver Tourism», ein Segment, das immer schneller wächst. Laut Prognosen wird sich in der Schweiz die Zahl der über 80-Jährigen im Jahr 2050 mehr als verdoppeln – von heute 460'000 auf über 1 Million.

Weltweite Zahlen

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  • Weltweit steigt die Anzahl älterer Touristen bis 2050 auf 1,5 Milliarden. Sie machen 16 Prozent von allen internationalen Touristen aus.
  • Die über 55-Jährigen ist grösste und am schnellsten wachsende Gruppe von Touristen . Anteil im Jahr 2018: ungefähr die Hälfte der Inlands- und Auslandsreisen.

Quelle: UNWTO-Studie 2019:

Und sie sind vital, haben Zeit und genügend Geld, um zu reisen. Ihre Ansprüche an die touristische Infrastruktur werden aber heute noch zu wenig berücksichtigt. «Die älteren Menschen wollen nicht mehr alle Ski fahren, sie wollen wandern, eine Region kulturell oder kulinarisch entdecken», sagt Egger. Auch in der Kombination von Angeboten von Wellness, Gesundheit und Medizin sieht der Geograf noch viel Potenzial.

Mit Langsamkeit am Berg werben

Eine weitere Idee sind generationenübergreifende Reiseangebote – attraktiv für Jung und Alt. Und genau dieses Konzept verfolgt zum Beispiel die Schatzalp in Davos. Im Mittelpunkt steht das historische Jugendstilhotel.

Auf dem Bild ist die Schatzalp zu sehen.
Legende: Berghotel Schatzalp Davos – attraktiv für Jung und Alt. Keystone

Hier schrieb Thomas Mann einst sein Meisterwerk «Der Zauberberg». Die drei Skilifte, Naturschneepisten, Wander- und Schlittenwege bieten Alternativen zum Skifahren. Betreiber Pius App wirbt bewusst mit der Langsamkeit am Berg.

Immer mehr ältere Menschen und auch Familien meiden die grossen Skigebiete aus Angst, überfahren zu werden.
Autor: Pius App Betreiber Schatzalp

«Immer mehr ältere Menschen und auch Familien meiden die grossen Skigebiete aus Angst, überfahren zu werden». Das führte App zur Idee des «slow mountain», das erste entschleunigte Skigebiet Europas.

Tourismus-Experte schätzt Alternativen ein

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Auf dem Bild ist Jürg Stettler zu sehen.
Legende: Keystone / Arno Balzarini

Merkmale für «silver tourism»

Tourismus für ältere Menschen, die im Ruhestand sind, oder bald in Rente gehen. Altersgruppe der «silver Generation», sind finanziell abgesichert, haben mehr Geld für Reisen und Erlebnisse und sind noch mobil.

Interview mit Jürg Stettler, Professor für Touristik, Hochschule Luzern.

Sind die Skiorte heute schon «altersfreundlich»?

Viele Destinationen haben begonnen, spezielle Angebote für diese Zielgruppe anzubieten. Zum Beispiel barrierefreie Unterkünfte, kulturelle Touren, Wellness- und Gesundheitsangebot.

Welches Potenzial hat «silver tourism» noch?

Ein grosses, aufgrund der «aging society» ist es ein wachsendes Segment. Die älteren Menschen werden immer aktiver und reiselustiger. Es ist jedoch abhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung und der Zukunft unserer Altersvorsorge.

Merkmale für «slow tourism»

Reisen, bei denen die Verbindung zu den Menschen, Kulturen, Speisen und Musik vor Ort im Vordergrund steht. Eine Reise soll lehren und eine emotionale Wirkung erzielen, während sie gleichzeitig nachhaltig ist.

Wie wichtig ist «slow tourism» heute?

Es ist eine interessante Nische mit Wachstumspotenzial. Zudem passt «slow tourism» sehr gut zur Schweiz, eigentlich viel besser als der Massentourismus.

Ist das ein Zukunftsmodell für nachhaltigen Wintertourismus?

Für kleine Gebiete ist es eine Option, für grosse Gebiete bleibt es nur eine Nische beziehungsweise ein Teilangebot.

«Es brauchte ein bisschen Mut. Man kann nicht gut mit langsamen Skiliften werben» erzählt Pius App. Viele hätten anfänglich über das Konzept gelacht. «Das Skigebiet alleine rentiere nicht», führt App weiter aus. Winter und Sommerumsatz halten sich mit 50 zu 50 die Waage.

Zum Vergleich: im Skigebiet Klosters-Davos ist das Verhältnis 90 Prozent im Winter zu 10 Prozent im Sommer. «Slow Tourism passt sehr gut zur Schweiz, es ist aber nur ein Nischenprodukt und vor allem für kleinere Skigebiete eine Option», ordnet Jürg Stettler ein.

Einstein, 30.03.2023, 21.05 Uhr

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