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Kangaroo Island KI-Fallen töten verwilderte Katzen, um bedrohte Tiere zu schützen

In Australiens Naturparadies bedrohen verwilderte Hauskatzen endemische Arten. Eine Ökologin kämpft mit Hightech-Fallen gegen die invasive Gefahr – doch die Methode ist umstritten: PETA Australia kritisiert die KI-Fallen.

Kangaroo Island gilt als Australiens Galápagos. Die Insel beheimatet einzigartige Ökosysteme: Wälder, Dünen und Feuchtgebiete. Doch diese Vielfalt ist bedroht, nicht zuletzt durch ein Erbe aus der britischen Kolonialzeit: verwilderte Hauskatzen. Diese stammen von Haustieren europäischer Siedler ab. Inzwischen leben sie in hoher Zahl auf der Insel. Besonders bedroht sind der Kurzschnabeligel, der Südliche Braunbeutler und die Schmalfuss-Beutelmaus.

Verwilderte Katzen sind die effizientesten Jäger unserer einheimischen Arten
Autor: Heidi Groffen Ökologin, Kangaroo Island Land for Wildlife

Ihre Jagdfähigkeit gefährdet nachtaktive, heimische Tiere. «Verwilderte Katzen sind die effizientesten Jäger unserer einheimischen Arten», sagt Heidi Groffen.

Von verwilderten Katzen bedrohte Tiere

Vor den Buschbränden in den Jahren 2019/20 gab es vermutlich um die 5.000 Katzen. Aktuellen Schätzungen zufolge leben derzeit nur noch etwa 1.600 bis 2.300 Exemplare auf Kangaroo Island.

Karte der biologischen Untersuchung mit Vegetationsarten und Bushfire-Markierungen.
Legende: Kangaroo Island Kangaroo Island ist mit etwa 4.400 Quadratkilometern so gross wie Mallorca und gilt als Hotspot der Artenvielfalt. Patrick Hodgens & Heidi Groffen

Heidi Groffen, studierte Ökologin, will das ändern. Ihre Organisation «Kangaroo Island Land for Wildlife» schützt endemische Arten mit einem ungewöhnlichen Mittel: künstlicher Intelligenz. Die «Felixer Grooming Trap», benannt nach dem lateinischen Wort Felis, das Katze bedeutet. Der smarte, stationäre Kasten erkennt über eingebaute Sensoren mit Kameras und Algorithmen, welches Tier sich nähert.

Nur bei Wildkatzen sprüht sie ein spezielles Gift auf das Fell – eine Substanz, die von der Katze beim Putzen aufgenommen wird. Nach 30 bis 180 Minuten zeigen sich erste Symptome. Das Tier wird schläfrig, legt sich hin und stirbt innerhalb der nächsten Stunden. «Das ist wirklich positiv», sagt Groffen. «Wir sehen Arten wie die Beutelmaus zurückkehren, die seit Jahren verschwunden waren.»

So funktioniert die KI Falle

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Nahaufnahme eines grünen laserbasierten Geräts im Freien mit Warnschild.
Legende: Die Felixer Grooming Trap ist ausgestattet mit Sensoren und fünf Kameras erkennt es verwilderte Katzen und sprüht ein tödliches Gel auf ihr Fell. Michael Marek

Die Felixer Grooming trap ist eine olivgrüne Metallbox, 60 Zentimeter hoch und 30 Zentimeter lang, von aussen ist sie einer Hundehütte ähnlich. Das Gerät wird solarbetrieben.

Zwanzig dieser Geräte sind auf Kangaroo Island im Einsatz und arbeiten in zwei Phasen: zuerst in einem Trainingsmodus und dann in einem aktiven Modus. Im ersten, dem nicht-toxischen Modus, erfasst die Falle Bilder von allen Tieren, die an ihr vorbeigehen. Mithilfe von Sensoren und KI-gestützter Bilderkennung unterscheidet das System zwischen Wildkatzen und anderen Tieren wie Koalas, Wallabys und Vögeln. Diese Trainingsphase dauert mehrere Monate. In dieser Zeit werden die Fallen kalibriert, um Fehler zu minimieren.

Die Geräte sind teuer und kosten rund 9.000 Schweizer Franken pro Falle. Alle erfüllen strenge Tierschutzauflagen. Die Entwickler betonen: Das System arbeite präzise – bisher gab es keinen dokumentierten Fehlalarm und keine Gefährdung anderer Arten.

Widerstand von Tierschützern

Doch Tierrechtsorganisationen wie PETA Australia kritisieren die Methode scharf. Sprecherin Emily Rice nennt sie «eine grausame und kurzsichtige Massnahme» und warnt vor unkontrollierbaren Risiken.

Ein grausames Massenmorden mit einem Gift, das auch viele andere Tiere tötet, ist keine Lösung.
Autor: Emily Rice Sprecherin Tierrechtsorganisationen PETA Australia

Das eingesetzte Gift – bekannt als 1080 – sei extrem toxisch. «Ein grausames Massenmorden mit einem Gift, das auch viele andere Tiere tötet, ist keine Lösung.» Es könne auch andere Tiere treffen, etwa Aasfresser. Heidi Groffen widerspricht. Studien und Erfahrungsberichte zeigen: Der Tod tritt meist ruhig ein. Das Gift gelangt bislang nachweislich nicht in die Nahrungskette. Dennoch ist die Diskussion Down Under über Alternativen zur Katzentötung hitzig und emotional.

Das Gift «1080»

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Das Gift 1080 (Natriumfluoracetat) ist eine hochwirksame chemische Verbindung.

  • In Studien wurden mit Sendern ausgestattete Katzen beobachtet, die nach Kontakt mit dem Gift später starben und sich dabei 230 bis 700 Meter von der Felixer Grooming Trap entfernten. 1080 wirkt gezielt, ist aber umstritten, da es auch andere Tiere schädigen und in die Nahrungskette gelangen könnte.
  • Einige Tierarten wie das Känguru sind gegen 1080 resistent oder kommen wie der Kurzschnabeligel nicht mit dem Gift in Kontakt, da sie keine Fellpflege betreiben.
  • Basierend auf den verfügbaren Informationen und Studien gibt es derzeit keine Anzeichen dafür, dass das in den Felixer-Fallen verwendete Gift signifikant in die Nahrungskette anderer Tiere oder in Gewässer auf Kangaroo Island gelangt ist.

Bleibt die ethische Frage: Darf man töten, um bedrohte Arten zu schützen? Für Heidi Groffen lautet die Antwort: Ja. Denn auf Inseln wie Kangaroo Island können invasive Arten binnen weniger Generationen ganze Ökosysteme zerstören. KI-gesteuerte Methoden böten eine gezieltere und tierfreundlichere Alternative zu Giftködern oder Fallen mit hoher Fehlerrate.

Wildtier-Kamera auf Kangaroo Island

Nicht nur in Australien wird dieser Ansatz diskutiert. Auch Neuseeland, Hawaii und die Galápagos-Inseln kämpfen mit ähnlichen Problemen. Vielleicht ist der Hightech-Falle von Kangaroo Island ein Modell für die Zukunft des Artenschutzes – so umstritten er auch sein mag. Die Technik ist da – die Frage bleibt, wie weit wir sie ethisch einsetzen wollen.

Weiterführende Links zum Thema

Wissenschaftsmagazin, 6.9.2025, 12:40 Uhr

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