Kangaroo Island gilt als Australiens Galápagos. Die Insel beheimatet einzigartige Ökosysteme: Wälder, Dünen und Feuchtgebiete. Doch diese Vielfalt ist bedroht, nicht zuletzt durch ein Erbe aus der britischen Kolonialzeit: verwilderte Hauskatzen. Diese stammen von Haustieren europäischer Siedler ab. Inzwischen leben sie in hoher Zahl auf der Insel. Besonders bedroht sind der Kurzschnabeligel, der Südliche Braunbeutler und die Schmalfuss-Beutelmaus.
Verwilderte Katzen sind die effizientesten Jäger unserer einheimischen Arten
Ihre Jagdfähigkeit gefährdet nachtaktive, heimische Tiere. «Verwilderte Katzen sind die effizientesten Jäger unserer einheimischen Arten», sagt Heidi Groffen.
Von verwilderten Katzen bedrohte Tiere
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Bild 1 von 5. Schnabeligel. Der Schnabeligel ist eines der ältesten lebenden Säugetiere auf dem Planeten, seine Vorfahren lebten bereits zur Zeit der Dinosaurier. Er hat überlebt: Eiszeiten, Dürren und starke Schwankungen im Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre. Und er kann so alt wie Menschen werden – etwa 60 bis 70 Jahre alt. Doch wilde Katzen machen ihm zu schaffen. Bildquelle: Michael Marek.
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Bild 2 von 5. Schmalfuss-Beutelmaus. Selten zu sehen und streng geschützt: Die nachtaktive Schmalfuss-Beutelmaus zählt zu den kleinsten Beuteltieren Australiens. Auf Kangaroo Island gilt sie als gefährdete Art, weil sie von Wildkatzen gejagt wird . Bildquelle: IMAGO Depositphotos.
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Bild 3 von 5. Wombat. Vor allem in den kühleren Abendstunden kann man sie beim Grasen beobachten: Wombats sind niedlich, grabfreudig und ziemlich charmant. Ihre Population auf Kangaroo Island gilt derzeit als stabil . Bildquelle: Imago Image.
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Bild 4 von 5. Rabenkakadu. Der Braunkopf-Rabenkakadu mit seinem tiefschwarzen Gefieder und den rostrot gefärbten Schwanzfedern gehört zu den bedrohtesten Vogelarten auf Kangaroo Island. Bildquelle: IMAGO Pond5 Images.
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Bild 5 von 5. Koala. In den 1920er-Jahren wurden Koalas auf Kangaroo Island angesiedelt, um sie vor der Modeindustrie zu schützen. Heute sind sie ein «Wahrzeichen» der Insel. Bildquelle: Michael Marek.
Vor den Buschbränden in den Jahren 2019/20 gab es vermutlich um die 5.000 Katzen. Aktuellen Schätzungen zufolge leben derzeit nur noch etwa 1.600 bis 2.300 Exemplare auf Kangaroo Island.
Heidi Groffen, studierte Ökologin, will das ändern. Ihre Organisation «Kangaroo Island Land for Wildlife» schützt endemische Arten mit einem ungewöhnlichen Mittel: künstlicher Intelligenz. Die «Felixer Grooming Trap», benannt nach dem lateinischen Wort Felis, das Katze bedeutet. Der smarte, stationäre Kasten erkennt über eingebaute Sensoren mit Kameras und Algorithmen, welches Tier sich nähert.
Nur bei Wildkatzen sprüht sie ein spezielles Gift auf das Fell – eine Substanz, die von der Katze beim Putzen aufgenommen wird. Nach 30 bis 180 Minuten zeigen sich erste Symptome. Das Tier wird schläfrig, legt sich hin und stirbt innerhalb der nächsten Stunden. «Das ist wirklich positiv», sagt Groffen. «Wir sehen Arten wie die Beutelmaus zurückkehren, die seit Jahren verschwunden waren.»
Die Geräte sind teuer und kosten rund 9.000 Schweizer Franken pro Falle. Alle erfüllen strenge Tierschutzauflagen. Die Entwickler betonen: Das System arbeite präzise – bisher gab es keinen dokumentierten Fehlalarm und keine Gefährdung anderer Arten.
Widerstand von Tierschützern
Doch Tierrechtsorganisationen wie PETA Australia kritisieren die Methode scharf. Sprecherin Emily Rice nennt sie «eine grausame und kurzsichtige Massnahme» und warnt vor unkontrollierbaren Risiken.
Ein grausames Massenmorden mit einem Gift, das auch viele andere Tiere tötet, ist keine Lösung.
Das eingesetzte Gift – bekannt als 1080 – sei extrem toxisch. «Ein grausames Massenmorden mit einem Gift, das auch viele andere Tiere tötet, ist keine Lösung.» Es könne auch andere Tiere treffen, etwa Aasfresser. Heidi Groffen widerspricht. Studien und Erfahrungsberichte zeigen: Der Tod tritt meist ruhig ein. Das Gift gelangt bislang nachweislich nicht in die Nahrungskette. Dennoch ist die Diskussion Down Under über Alternativen zur Katzentötung hitzig und emotional.
Bleibt die ethische Frage: Darf man töten, um bedrohte Arten zu schützen? Für Heidi Groffen lautet die Antwort: Ja. Denn auf Inseln wie Kangaroo Island können invasive Arten binnen weniger Generationen ganze Ökosysteme zerstören. KI-gesteuerte Methoden böten eine gezieltere und tierfreundlichere Alternative zu Giftködern oder Fallen mit hoher Fehlerrate.
Wildtier-Kamera auf Kangaroo Island
Nicht nur in Australien wird dieser Ansatz diskutiert. Auch Neuseeland, Hawaii und die Galápagos-Inseln kämpfen mit ähnlichen Problemen. Vielleicht ist der Hightech-Falle von Kangaroo Island ein Modell für die Zukunft des Artenschutzes – so umstritten er auch sein mag. Die Technik ist da – die Frage bleibt, wie weit wir sie ethisch einsetzen wollen.