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Magmastrom als Ursache Was den Erdbebenschwarm von Santorini auslöste

Das ist geschehen: Insgesamt rund 30’000 Erdbeben erschüttern die Insel Santorini und Umgebung im Frühjahr 2025. Für 30 Tage wird der Notstand ausgerufen. Viele Bewohner sind in grosser Angst, verlassen die Insel. Auch weil anfangs nicht klar ist, ob vulkanische Aktivität die Ursache für die Beben ist – und deshalb vielleicht sogar ein Vulkanausbruch droht.

Das zeigt die Studie: Sie beweist, dass der Erbebenschwarm durch vulkanische Aktivität ausgelöst wird. Schon im Juli 2024 füllt sich eine flache Magmakammer unter Santorini. Das hebt die Insel um knapp fünf Zentimeter an. Später im Januar verstärkt sich die Erdbebenaktivität. Rund 300 Kubikmeter Magma steigen aus der tiefen Erdkruste auf und kommen rund vier Kilometer unter dem Ozeanboden zur Ruhe. Beim Aufstieg bricht sich das Magma den Weg durch das Gestein der Erdkruste, was zu rund 28’000 Erdbeben innert knapp drei Wochen führt. Die stärksten Beben erreichen eine Magnitude von über 5. Der Erdbebenschwarm verlagert sich in dieser Zeit weg von Santorini, in Richtung Nordosten, über eine Strecke von mehr als zehn Kilometer.

Grafische Darstellung mit Inseln und farbigen Punkten.
Legende: Erdbebenschwarm (Mitte) nordöstlich von Santorin (links unten) zwischen 27. Januar 2025 und 5. Februar 2025. Kolumbos liegt am Südwestrand der Epizentren-Punktwolke, zwischen Ios und Anafi. Copernicus Digital Elevation Model

Das hat die Forschenden überrascht: Gleich neben dem Vulkan Santorini, sieben Kilometer nordöstlich, liegt der Unterwasservulkan Kolumbo. Bislang ging man davon aus, dass beide Vulkane getrennt voneinander aktiv sind. Die detaillierten Analysen zeigen nun, dass die Vulkane im tiefen Untergrund miteinander kommunizieren, was auch die Magmabewegung beeinflusst hat. Solche Koppelungen bei nahen Vulkanen sind keine Rarität. Die Erkenntnis hilft aber, das System im Untergrund besser zu verstehen.

Die detaillierte Rekonstruktion: Die Forschenden verwenden Daten von Erdbebenstationen und Ozeanbodeninstrumenten. Anfang Januar bringen sie Unterwassersensoren am Krater von Kolumbo aus. Sie messen seismische Signale direkt über dem Reservoir und Druckveränderungen infolge der Absenkung des Meeresbodens. Eine neu entwickelte KI-gestützte Methode zur automatischen Auswertung von grossen seismischen Datensätzen erlaubt zudem teilweise Echtzeitanalysen der Daten.

Mehrere besorgte Frauen in Winterkleidung, dahinter das Meer.
Legende: Einheimische und Touristen wussten wochenlang nicht, ob eine Rückkehr auf die Insel möglich war. imago images/Xinhua

Wie hoch war das Risiko einer Eruption: Das weiss man nicht. Ein Ausbruch wäre zwar möglich gewesen, doch seine Wahrscheinlichkeit liess sich nicht einschätzen. Erst als die Unterwasserbodendaten im Nachhinein mit den seismischen Echtzeit-Daten kombiniert wurden, konnten die Forscher auch sagen, wie viel Magma sich bewegt hat. Heute wissen sie: Der mögliche Ausbruch wäre nicht auf Santorini erfolgt, sondern im Meeresbereich mehr als zehn Kilometer entfernt. Ausbrüche im Marinebereich produzieren viel Asche und Bimsstein, was wohl den internationalen Flugverkehr und die Schifffahrt beeinträchtigt hätte.

Das bedeuten die Ergebnisse: Die Erkenntnisse von Santorini können auch auf andere Vulkansysteme angewendet werden. Die Forschenden betonen, wie wichtig noch mehr Daten für Echtzeitanalysen und folglich für Gefahreneinschätzungen sind. So wollen sie Daten vom Meeresboden schneller einbinden, um Magmabewegungen und Magmamengen nahezu in Echtzeit abzuschätzen.

Die in «Nature» publizierte Studie

Radio SRF 4 News, 26.9.2025, 06:24 Uhr

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