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Meteoriten-Fund in Frankreich Zuerst fanden sie auf dem Feld Kartoffeln – dann einen Meteoriten

Es ist eine Premiere: Ein Astronom entdeckt, dass sich ein kleiner Asteroid auf die Erde zu bewegt. Wenig später schlägt der Meteorit ein. Schon zwei Tage danach wird das erste Fragment gefunden. Ein grösseres Fundstück aber wäre fast stückchenweise versteigert worden.

Einweihungsfeier für zehn kleine Meteoriten im Naturhistorischen Museum von Paris : Brigitte Zanda deutet auf einen der Steine in der nagelneuen Vitrine. Er ist kaum grösser als ein Ping-Pong-Ball. «Sieben Stunden vor dem Einschlag hat ein Astronom den Asteroiden 200.000 Kilometer entfernt von der Erde entdeckt», sagt die Astrophysikerin. «Knapp drei Tage später hat Lois diesen Stein in einem Feld in der Normandie gefunden. So etwas hat es nie zuvor gegeben.»

Rascher Fund in der Normandie

Lois Leblanc hatte zuvor erst einmal Meteoriten gesucht. «In einer Wiese mit hohem Gras, das war aussichtslos», erzählt die 18-jährige Studentin. «Aber hier liefen wir über ein Winterfeld. Zuerst fanden wir nur Kartoffeln, aber schon nach 20 Minuten bin ich auf einen ungewöhnlichen Stein gestossen.» 

Citizen Scientist findet Fragment im Feld

Das 94 Gramm schwere Fragment in der Vitrine hat eine schwarze Schmelzkruste und leichte Dellen, wie Abdrücke von Daumen. An der Bruchstelle sieht man, dass er innen hellgrau ist, mit glänzenden Metallkörnern. Die acht kleineren Fragmente wurden etwas später gefunden.

Steine aus dem All verändern sich auf der Erde.

«Meteoriten enthalten Metall, und das rostet, sobald es mit Feuchtigkeit in Kontakt kommt. Ein derart frischer Stein ist für uns besonders wertvoll», sagt Brigitte Zanda, die am Institut für Mineralogie, Materialphysik und Kosmochemie in Paris forscht.

Asteoroid, Meteoroid, Meteorit, Meteor und Sternschnuppe

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Zwischen der Sonne und den acht Planeten unseres Sonnensystems fliegen Millionen von astronomischen Kleinkörpern durchs All. Darunter auch Asteroide. Das ist altgriechisch und heisst sternähnlich. Weil Asteroide im Teleskop winzig klein und so zahlreich erscheinen wie Sterne. Es sind aber keine, sondern vermutlich nur lose Trümmerhaufen, zusammengehalten durch die Gravitation. Die felsigen Gebilde sind bei der Entstehung des Sonnensystems vor 4, 6 Milliarden Jahren übrig geblieben. Sie kreisen elliptisch um die Sonne.

Von den Asteroiden brechen immer wieder Brocken ab. Solange solche Bruchstücke im All umherschwirren, bezeichnet man sie als Meteoroiden.

Unser Planet Erde wird durch die Atmosphäre etwas geschützt. Die meist porösen Meteoroiden zerbersten beim Eintritt und verglühen ganz oder teilweise durch die Geschwindigkeit und die Reibung der Luft. Dabei zeichnen sie sich als helles Leuchten am Himmel ab. Wir sprechen vom Meteor oder – sehr viel üblicher – von der Sternschnuppe. Verglüht der Meteoroid beim Eintritt in die Erdatomsphäre aber nicht vollständig und landet auf der Erde, wird er zum Meteoriten.

WissenschaftlerInnen haben schon weit mehr als eine Million Asteroide in unserem Sonnensystem gezählt. In ihrer Gesamtmasse sind diese allerdings kleiner als unser Mond.

Die Steine aus dem All sind der einzige irdische Zugang zum Sonnensystem und deshalb für Forschungszwecke extrem wichtig. Ihre Sammler zieht es vor allem in die nordafrikanischen Wüsten und in die Antarktis, dort werden besonders viele Meteoriten gefunden.

Dank der Vorankündigung konnten Hunderte von Astronomen am 13. Februar um vier Uhr morgens filmen, wie der Asteroid als Feuerkugel in die Atmosphäre eingetreten und an der normannischen Küste verglüht ist. Wenig später rückten Meteoritenjäger an, um das zehn Kilometer lange und einen Kilometer breite Bergungsgebiet unweit der Hafenstadt Dieppe zu durchkämmen. Doch es kamen auch interessierte Bürgerinnen und Bürger, sogenannte Citizen Scientists, wie Lois Leblanc, um die Wissenschaft zu unterstützen.

Profi findet ein Fragment in einem Erdloch

Das grösste Fundstück, es wiegt 175 Gramm, wäre fast für immer verloren gewesen, erzählt Bil Bungay, ein US-amerikanischer Meteoriten-Liebhaber. Er traf im Einschlaggebiet auf seinen Landsmann Steve Arnold. «Steve ist ein Profi, niemand hat so viel Erfahrung wie er. Er fand das Fragment in einem Loch 15 Zentimeter unter der Erdoberfläche.»

Grösster Fund heimlich in die USA geschickt

Der kommerzielle Meteoritenjäger brüstete sich mit seiner Trophäe im Internet, dann schickte er den Stein unbemerkt in die USA. Dort pflegt er seine Funde stückchenweise zu versteigern. Bil Bungey griff ein und kaufte den Meteoriten kurzerhand. Unbeschädigt.«Diese Fragmente sind jetzt Teil der französischen Geschichte. Die Menschen werden sich noch Jahrhunderte lang mit den Informationen befassen, die sie uns liefern. Für mich sind sie wertvoller als Diamanten.»

Blick in die Frühzeit des Sonnensystems

Die Steine aus dem All sind 4,6 Milliarden Jahre alt. Dank der vielen Daten und Aufzeichnungen erlauben sie besonders wertvolle Einblicke in die Frühzeit des Sonnensystems, als die Erde noch nicht existierte. Ganz ohne Weltraummission.

Ludovic Ferrière

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Ludovic Ferrière ist Kurator der weltweit grössten und ältesten Meteoritensammlung am Naturhistorischen Museum in Wien. Kaum war das erste Fragment in dem normannischen Dorf Saint-Pierre-le-Viger geborgen, ist der Geologe ins Flugzeug gesprungen und hat es über Wien nach Bratislava gebracht. Die dortige Universität besitzt ein Speziallabor zur Messung kosmogener Radionuklide. Wenn ein Meteorit in die Erdatmosphäre eintritt, zerfallen die radioaktiven Elemente. «Nie zuvor konnten wir einen Meteoriten so schnell untersuchen wie hier», sagt Ferrière.

Der Forscher hat ausserdem winzige Proben für sich und andere Kollegen abgetrennt, eine davon wird in der ETH Zürich analysiert. Er selbst konnte mithilfe einer Elektronenstrahlmikrosonde feststellen, dass es sich um einen  «gewöhnlichen Chondrit» handelt. So genannt, weil er zu grössten Klasse der Meteoriten zählt. Für ihn persönlich sei der Stein in der Vitrine jedoch ein ganz und gar aussergewöhnliches Objekt.

«Wir kennen mehr als 70.000 Meteoriten, aber nur bei 35 können wir die Geschichte bis zum Elternkörper verfolgen, also bis zu einer Gruppe von Asteroiden mit ähnlichen Bahnelementen. Bei den Bruchstücken aus der Normandie haben wir so viele Daten und Informationen wie nie zuvor, von seinem Anflug aus 200.000 Kilometern Entfernung bis zu den Messungen nur wenige Tage nach seiner Landung. Das ist einmalig.»

Wissenschaftsmagazin, 03.06.2023, 12:40 Uhr

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