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Legende: Bild: SRF / Sébastien Thibault

02.07.2025, 20:00 Uhr Erik Satie - der skeptische Klassiker

Eine männliche Sphinx? Ein Schnorrer und Alkoholiker? Erik Satie (1866–1925) hat viele Gesichter. Oliver Vogel vermisst den Avantgardisten neu.


Gymnopédie Nr.1 (1888) ist zur Tapetenmusik verkommen. Das berühmteste Stück Saties wurde dutzendfach gecovert, findet sich auf Volume 3 von «KuschelKlassik» und spielt auch im Autorenkino des 21. Jahrhunderts noch immer eine Rolle.

Allerdings blieb Satie nicht im Wohlklang stecken. Er schreckte mit einem Stücktitel wie «Embryons Desséchés» und schrieb «Véritables Préludes Flasques (pour un chien)». Dabei habe er sich einzig den sanften Freuden der Phantasie hingegeben, heisst es in seinem Werkkommentar. «Wer mich nicht versteht, wird inständig gebeten, vollkommenes Stillschweigen zu bewahren und eine Haltung gänzlicher Unterwürfigkeit und Unterlegenheit einzunehmen.»

Satie fährt kompositorisch Achterbahn und entzieht sich der Einordnung in den Kanon der so genannt klassischen Musik. In «Vexations» (1892–1895), gründend auf einer Bassmelodie aus 11 Tönen, kratzt er an der Grenze der Tonalität. Mit «La Diva de L’Empire» (1906) bedient der das Publikum in der Music Hall, «Parade»(1917) im Schlepptau von Jean Cocteau und Pablo Picasso macht ihn international bekannt, in «Socrate» (1918) bekennt er sich zur ernsten Musik.

John Cage betrieb ab 1945 die Wiederentdeckung von Saties Musik. Ornella Volta prägte über Jahrzehnte die Satie-Forschung in Frankreich, während Grete Wehmeyer 1974 das erste deutschsprachige Standardwerk veröffentlichte. Jetzt zieht Oliver Vogel nach, Musikwissenschaftler in Berlin. Seine Monografie «Erik Satie. Der skeptische Klassiker» ist bei Bärenreiter/Metzler erschienen und setzt neue Akzente. Oliver Vogel stellt sich im Gespräch mit Corinne Holtz dem Bollwerk von Witz. Er ergründet das Mysterium Satie, ohne ihm zu verfallen.

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