Zwei Jahre nach den Enthüllungen der «Panama Papers» wird dem Investigativ-Team der Süddeutschen Zeitung ein Video zugespielt. Am 17. Mai 2019 veröffentlichen sie Videoausschnitte, die den damaligen österreichischen Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zeigen.
Die Ibiza-Affäre
Auf dem Video ist er in einer Villa auf Ibiza mit einer angeblich russischen Oligarchen-Nichte. Auf den Aufnahmen wirkt Strache anfällig für Korruption. Der Vizekanzler tritt danach in kürzester Zeit zurück, und reicht gegen alle beteiligten Journalistinnen und Journalisten Strafanzeige ein. Im November 2019 gibt die Münchner Staatsanwaltschaft bekannt, dass die Ermittlungen eingestellt werden.
Das ist das Ende dieser Geschichte. Doch was passiert hinter den Schlagzeilen?
Der Anfang der Recherche
Wir spulen zurück. Das Investigativ-Team der Süddeutschen Zeitung hat einen Hinweis bekommen. Jemand will ihnen Material vorführen. Frederik Obermaier und Bastian Obermayer nahmen schon bei den Panama Papers eine massgebende Rolle ein.
Mit besonderen Brillen, die auf einer ansonsten weissen Seite Inhalte sichtbar machen, schauen sie sich das Material an. «Wenn nur die Hälfte von dem stimmt, was wir angeblich von diesem Insider bekommen, dann zerschiesst das die Partei.»
«Wir dürfen keine Fehler machen»
Solange das Material nicht vorliegt, sind dem Team die Hände gebunden. Sie müssen handfeste Beweise haben. Diese treffen dann in Form von sechs SD-Karten ein. Nun wird es gesichtet, transkribiert, und Schlüsse gezogen.
Auch müssen sie Motivationen erkennen, sowohl von den Akteuren auf dem Video als auch von der Person, die das Video zugestellt hat. Denn es besteht die Gefahr, dass jemand dem Team eine Falle stellen möchte oder gar die Zeitung instrumentalisieren will.
Rechtliche Absicherung
Heimliche Videoaufnahmen zu veröffentlichen, ist rechtlich heikel. Matchentscheidend ist, dass es ein öffentliches Interesse daran gibt, das bekannt zu machen. Der Chefredaktor checkt mit dem Anwalt die Möglichkeiten.
Ein gefährlicher Job
Es ist keine Seltenheit, dass Journalistinnen und Journalisten Opfer von Mord und Gewalt werden. Wer investigativen Journalismus betreibt, macht sich ein Stück weit zur Zielscheibe. Zeitgleich lebt Investigativer Journalismus von ihren Whistleblowern. Jeder Angriff auf Whistleblower(-rechte) ist auch ein Versuch, den investigativen Journalismus kleinzuhalten.
Die letzten Schritte
Die Fakten, Quellen und rechtlichen Möglichkeiten werden immer und immer wieder überprüft, das wird schnell klar. «Was wir da recherchieren und zu veröffentlichen planen, das kann das Leben dieser Leute verändern. Da will man sich natürlich 100 % sicher sein.» Das schleppt man dann oft auch mit ins Privatleben.
Wie kann man die Echtheit des Videos sicherstellen? Mithilfe eines Experten für Video-Forensik. Anhand verschiedener Parameter kann er das Video auf Echtheit prüfen. In diesem Fall vergleicht er die Ohren der dargestellten Personen als Wiedererkennungsmerkmal.