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Neu im Kino «One Battle After Another»: Leo DiCaprio besticht als Revoluzzer

28 Jahre hat es gedauert, bis die erste Zusammenarbeit von US-Autorenfilmer Paul Thomas Anderson und Hollywoodstar Leonardo DiCaprio zustande kam. Doch das Warten hat sich gelohnt.

Abgehalftert, paranoid und in ständiger Sorge um die verschwundene Tochter: Leonardo DiCaprio zeigt in «One Battle After Another» einmal mehr, wie gern er gefordert wird. Je gebrochener der gespielte Charakter ist, desto besser fällt seine Performance aus.

Eigentlich hätte DiCaprio schon 1997 in Paul Thomas Andersons erstem grossen Hit «Boogie Nights» die Hauptrolle spielen sollen. Doch der damals noch blutjunge Beau lehnte den Part des Pornodarstellers Dirk Diggler freundlich ab und stach stattdessen mit der «Titanic» in See.

Karrieretechnisch war das gewiss die richtige Entscheidung. Nur wer DiCaprios Drang kennt, sich schauspielerisch maximal herauszufordern, versteht, warum er insgeheim mit dieser haderte. Während der 23-Jährige mit «Titanic» zum Posterboy Hollywoods avancierte, erhielt Paul Thomas Anderson für «Boogie Nights» die künstlerische Anerkennung, nach der sich beide gesehnt hatten.

Vom Bombenbauer zum alleinerziehenden Vater

Schlappe 27 Jahre später ist Leonardo DiCaprio nun endlich in einem Paul-Thomas-Anderson-Film zu sehen. Als ehemaliger Bombenbauer Bob, der von seiner Vergangenheit als Linksaktivist im Grunde nichts mehr wissen will. Zumal der alleinerziehende Vater die letzten 16 Jahre ganz der Erziehung seiner temperamentvollen Tochter Willa (Chase Infiniti) und dem Konsum diverser Drogen gewidmet hat.

Filmstill aus «One Battle After Another»: Leonardo DiCaprio läuft in einem Hoodie durch die Nacht.
Legende: Arg gestresst und meist mies gelaunt: Bob Ferguson (Leonardo DiCaprio) in «One Battle After Another». Warner Bros.

Erst als Willa verschwindet, sucht Bob wieder den Kontakt zu seinen alten Gesinnungsgenossen. Zu diesen gehört Sensei Sergio (Benicio del Toro), der als Alleskönner unter anderem ein Dojo betreibt, Geflüchteten Unterschlupf bietet und dem umherirrenden Bob mit Engelsgeduld den Weg weist.

Perverser Rassist mit besonderen Vorlieben

Doch nicht nur Bob will Willa, die punkto Schlagfertigkeit stark ihrer afroamerikanischen Mutter (Teyana Taylor) ähnelt, so rasch wie möglich finden. Auch Steven Lockjaw, ein rassistischer Colonel der Immigrationsbehörde (ICE), hat die Verfolgung der Untergetauchten aufgenommen. Sean Penn verkörpert Bobs Erzfeind mit einer Eindringlichkeit, der man sich – trotz intensiver Abscheu gegen dessen Charakter – kaum entziehen kann.

Filmstill aus «One Battle After Another»: Sean Penn läuft gefesselt durch die Nacht.
Legende: Böser und noch mieser gelaunt als der Protagonist von «One Battle After Another»: Colonel Lockjaw (Sean Penn). Warner Bros.

Mehr über die Story von Andersons irrwitzigem Kinokraftakt zu verraten, wäre kontraproduktiv, zumal die Handlung immer wieder überraschende Haken schlägt. Auch die Actionszenen der im Grossformat (VistaVision) gedrehten 150-Millionen-Dollar-Produktion überzeugen – dank origineller Optik und Jonny Greenwoods akustischem Punch. Sogar Blockbuster-müde Cinephile werden die Ohren spitzen, grosse Augen machen und am Ende darüber staunen, wie rasch 161 Minuten vergehen können.

Brandaktueller Meilenstein des Kinos

«One Battle After Another» ist aber nicht nur formal herausragend, sondern womöglich auch inhaltlich genau der Film, den die zwischen Links und Rechts gespaltene Welt jetzt braucht. Mit seiner satirischen Bestandsaufnahme der US-Verhältnisse, deren Witz an Kubricks Karikatur «Dr. Strangelove» (1964) erinnert, trifft er jedenfalls voll den Nerv der Zeit.

Set-Aufnahme des Dramas «One Battle After Another» mit Leonardo DiCaprio und Autorenfilmer P. T. Anderson im hohen Gras.
Legende: Stehen im Schilf und verlieren doch nie den Durchblick: Star Leo DiCaprio und Visionär Paul Thomas Anderson. Warner Bros.

Die Frage lautet also nicht, ob Paul Thomas Andersons zehnter Kinospielfilm bedeutende Preise gewinnen wird, sondern wie viele. Nach elf Academy-Award-Nominierungen in den Sparten Drehbuch, Regie und der Königsdisziplin «Best Picture» hätte Paul Thomas Anderson den Oscar redlich verdient.

Kinostart: 25.9.2025

Radio SRF 3, 25.9.2025, 9:15 Uhr

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