Für ein Rockstar-Biopic ist Bruce Springsteens Leben eigentlich zu langweilig. Der demütige Bühnenarbeiter hat in seinem Leben keinerlei Skandale verursacht. Keine Drogen, kein Exzess, kein Drama.
So ist der erste Spielfilm über Bruce Springsteen auch kein typischer Rockstar-Film geworden. «Springsteen: Deliver Me from Nowhere» zeigt uns den Boss, gespielt von Jeremy Allen White, am Ende seiner umjubelten «The River»-Tournee von 1981. Zu diesem Zeitpunkt steht Springsteen kurz davor, zum internationalen Superstar zu werden.
Das dunkle Herz der USA
Doch statt durchzustarten, stürzt Springsteen in eine tiefe innere Krise. Er zieht sich zurück in sein Schlafzimmer und nimmt ein düsteres und stilles Album auf. «Nebraska» ist ein bis dahin ungehört ruhiges Springsteen-Album, auf dem fast ausschliesslich Gitarre, Mundharmonika und seine Stimme zu hören sind. Aufgezeichnet hat es Springsteen mit einem simplen Vierspur-Kassettengerät, es rauscht und scherbelt.
Als Texter erreicht Springsteen mit dem Album neue Höhen. Er zählt von Mördern und Randständigen, von Armut und Hoffnungslosigkeit – dunkle Geschichten aus der Mitte der USA. Springsteen hat wiederholt gesagt, seine Aufgabe sei es, die Distanz zwischen dem amerikanischen Traum und der amerikanischen Realität zu messen. Auf «Nebraska» ist diese Distanz ziemlich gross.
«Born in the U.S.A.» – ein Hit auf Halde
«Deliver Me from Nowhere» erzählt die Entstehungsgeschichte dieses Albums und ergründet Ursachen für Springsteens innere Krise. Diese findet der Film in einer belasteten Beziehung zum Vater, einer zum Scheitern verurteilten Liebschaft und der schwierigen Suche nach der richtigen Form für die neuen Songs. Daneben entwickelt sich ein Streit mit der Plattenfirma, den der Manager Jon Landau (Jeremy Strong) für Springsteen austrägt.
Das Label möchte möglichst schnell ein Album mit Hits – keine schwermütigen Folk-Songs. Als man erfährt, dass Springsteen neben den Songs für «Nebraska» auch «Born in the U.S.A.» komponiert hat, wächst der Druck auf den Boss. Das Studio erkennt, dass der Song ein todsicherer Hit ist, doch Springsteen will das Stück erstmal beiseitelegen, weil es nicht auf «Nebraska» passt.
Ein Film von Springsteens Gnaden
Spektakulär sind all diese Konflikte nicht. Aber das ist die Geschichte, die Springsteen selbst in einem Film erzählt haben will, erklärt Regisseur Scott Cooper: Springsteen habe erst zugesagt, als Cooper vorgeschlagen habe, das schmerzlichste Kapitel seines Lebens zu verfilmen: «Springsteen gibt seine Geschichte nicht einfach so her – man nennt ihn nicht umsonst den Boss.»
Der Boss achtet darauf, wie seine Geschichte erzählt wird. Es soll nicht die Geschichte eines umjubelten Rockstars sein, sondern jene eines einfachen Mannes, der einen stillen Kampf mit sich selbst führt. Unterstützt hat Springsteen auch, dass Jeremy Allen White die Hauptrolle spielt. White, den man vor allem als Chefkoch in der Serie «The Bear» kennt, spielt subtil, aber berührend.
«Deliver Me from Nowhere» ist ein stiller und unaufgeregter Film. Etwas anderes hätte auch nicht gepasst zu Bruce Springsteen, diesem demütigen Bühnenarbeiter.
Kinostart: 23.10.2025