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Porträt der Schweizer Filmregisseurin Petra Volpe im gepunkteten Kleid.
Legende: Auch in den männlichen Figuren steckt ein Stück von ihr drin: Petra Volpe, Regisseurin und Drehbuchautorin. Nadja Klier

Schweizer Filmpreis «Mein Herz hing an den fliegenden Vulvas»

Petra Volpe ist mit «Die göttliche Ordnung» für den Schweizer Filmpreis nominiert. Die Idee für den Spielfilm über das Frauenstimmrecht kam von einem Mann.

SRF: Welche Lektion erteilt Ihnen das Leben gerade?

Petra Volpe: Dass es sich lohnt mit meinem Film unterwegs zu sein. Die Tour, die ich gerade mache, ist zwar irre anstrengend, aber die Begegnungen sind wahnsinnig berührend.

Frauen erzählen mir ihre Geschichten von damals und sagen: Danke, dass du den Film gemacht hast. Das berührt mich, gleichzeitig macht mich diese Dankbarkeit aber auch traurig. Denn das Interesse an ihrer Geschichte müsste eigentlich selbstverständlich sein.

Zur Person

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Petra Volpe machte erstmals mit ihrem Epidsodenfilm « Traumland » auf sich aufmerksam – er spielt auf dem Strassenstrich. Für den «Heidi»-Film mit Bruno Ganz schrieb die Aargauerin das Drehbuch. Petra Volpe lebt in Berlin und New York.

Dass ich diese Energie nun mitbekomme, beflügelt mich wieder für meine Arbeit, wenn ich monatelang alleine am Schreibtisch sitze und schreibe.

Wer oder was bewog Sie dazu, «Die göttliche Ordnung» zu drehen?

Die Idee für den Film kam von meinem Produzenten Reto Schärli. Das hat bei mir eingeschlagen wie eine Bombe. Ich habe mich nur darüber aufgeregt, dass mir als Ultrafeministin diese Story nicht in den Sinn gekommen ist.

Das ist aber auch bezeichnend. Die Geschichte ist einem nicht so nahe, weil man sich in der Schweiz auch für das späte Frauenstimmrecht geschämt hat.

In der Schweiz sollen Filme entstehen, die auch über die Landesgrenzen hinaus relevant sind.

Was von Ihnen selber findet man im Film?

Meine ganze Lebenserfahrung. Hinter jeder Figur steckt etwas von mir, auch in den männlichen. Wenn man glaubwürdige Figuren schreiben will, muss man ins eigene Leben schauen. Das habe ich getan.

Nachgefragt

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Im Film findet man meine Beziehungen mit Männern, mit meiner Mutter und Grossmutter, mein Leben als Frau in dieser Gesellschaft.

Was war das grösste Risiko, das Sie bei diesem Projekt eingegangen sind?

Die Themenauswahl hat mir eine immense Verantwortung gegeben. Das Frauenstimmrecht in der Schweiz ist mir so wichtig, dass ich manchmal Angst hatte, meine Arbeit wird dem Kampf der Frauen nicht gerecht. Dass der Film nicht die Grösse und Relevanz erreicht, die das Thema verdient.

Was war die schwierigste Entscheidung, die Sie bei diesem Film treffen mussten?

Ich musste eine Szene streichen, die mir wichtig war. In einer Tanzszene flogen ursprünglich ganz viele animierte Vulvas durch das Bild. Ja, es gab mal fliegende Vulvas in diesem Film.

Dieses Bild war mir während dem Schreibprozess wichtig, während dem Dreh wusste ich: Stilistisch passt das nicht. Trotzdem hing mein Herz an diesen fliegenden Vulvas.

Irgendwann haben wir – das ganze Team – die fliegenden Vulvas dann doch verabschiedet.

Frauen bekommen in der Schweiz nach wie vor eklatant weniger Geld als ihre männlichen Kollegen.

Ist bei den Dreharbeiten etwas passiert, mit dem Sie nicht gerechnet hätten?

Unsere Statistinnen waren alle Frauen aus der Umgebung, aus Trogen. Sie brachten eine wahnsinnige Energie ans Set, als hätten sie einen inneren Auftrag gehabt.

Filmpreis bei SRF

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Die Preisverleihung am 24. März 2017 in Genf gibt's ab 19:30 Uhr im Live-Stream auf www.srf.ch . Die anschliessende Aftershow «Der Schweizer Filmpreis – Die Gewinner» ist ab 22:05 Uhr live im Netz und auf SRF 2 zu sehen. News, Hintergründe und Interviews finden Sie im Filmpreis-Special .

Dass sie jetzt mitmachen, streiken und Spass hatten, fühlte sich fast an wie ein kleiner Racheakt gegenüber den Männern. Dass das so eine Dringlichkeit hatte, war überraschend für mich und bewegend für uns alle.

Was wünschen Sie sich für die Schweizer Filmlandschaft?

In der Schweiz sollen universelle Filme entstehen. Filme, die auch über die Landesgrenzen hinaus relevant sind. Darüber hinaus wünsche ich mir mehr Gerechtigkeit in der Verteilung von Fördergeldern.

Frauen bekommen in der Schweiz nach wie vor eklatant weniger Geld als ihre männlichen Kollegen. Ich hoffe das ändert sich sehr bald.

Was machen Sie, wenn Sie den Schweizer Filmpreis nach Hause nehmen können?

Wir gehen als grosses Team nach Genf und werden Party machen – ob wir gewinnen oder nicht. Die Nomination ist schon eine Ehre und für uns alle ein Highlight. Der Preis wäre das Sahnehäubchen auf der Torte.

Das Gespräch führte Ana Matijašević.

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