Vor elf Jahren kam «The Hunger Games» in die Kinos. Der Film, der die Zuschauer nach Panem brachte, in eine Nation, in der jedes Jahr Jugendliche per Lotterie ausgewählt werden, um in einer Hightech-Arena auf Leben und Tod zu kämpfen, bis nur noch einer oder eine übrig ist. Die blutige Big-Brother-TV-Show? Ein einziges Gemetzel. Die Jugendlichen? Medienstars.
Der Film war eine Mischung aus Action- und Liebesfilm. Er brachte das Battle-Royale-Subgenre, bei dem sich immer eine Gruppe von Menschen gegenseitig umbringen muss, in den Mainstream. Nebenbei warf «The Hunger Games» einen kritischen Blick auf das Reality-TV und beschäftigte sich mit der Manipulation durch Medien.
Drei Fortsetzungen gab es. Knapp 3 Milliarden US-Dollar spielte die Reihe ein. Als bogenschiessende Rebellin Kantniss Everdeen aus Distrikt 12 wurde Jennifer Lawrence zum Superstar. Nun kommt ein weiterer Teil, der wie die Vorgänger auf einem Roman von Suzanne Collins basiert. Francis Lawrence, der die Teile 2 bis 4 inszenierte, führt erneut Regie.
Zurück in die Zukunft
Vieles wird Fans in «The Hunger Games: The Ballad of Songbirds and Snakes» bekannt vorkommen: die tödlichen Spiele, eine mutige, junge Frau aus Distrikt 12, eine durchgeknallte Spielleiterin, ein überdrehter Moderator, dazu ein eingängiger Folksong und die Dosis Medienkritik. Aber sonst ist einiges anders.
Die Ereignisse spielen über 60 Jahre vor Katniss Everdeen. Die TV-Quoten der Spiele sinken. Niemand interessiert sich für die jugendlichen Kämpfenden, die in Viehwaggons in die Hauptstadt transportiert und bis zum Kampftag in einen Affenkäfig gesteckt werden.
Die Spielmacher erkennen eines der Grundgesetze des Reality-TVs: Die Zuschauer fiebern nur mit, wenn sie die «Kandidaten» auch kennen und schätzen. Also wollen sie die blutige Reality-Show aufpeppen – durch Mentoren. Diese sollen die Gladiatoren wider Willen fürs Publikum interessant machen.
Dieser Job geht an Studierende der wichtigsten Eliteschule. Unter ihnen ist auch Coriolanus Snow. Eingefleischte Fans wissen: Das war der weisshaarige alte Diktator in den Vorgängerfilmen, gespielt von Altstar Donald Sutherland.
Wie ein Schurke zum Schurken wird
Der junge, ehrgeizige Coriolanus (Tom Blyth) bekommt die Sängerin Lucy Gray (Rachel Zegler) zugeteilt und versucht alles, um sie zum Star der Spiele zu machen. Auch mit Betrug, wofür er später bezahlen wird.
Coriolanus' grosses Problem: Er hat sich in Lucy Gray verknallt. Damit ist nicht nur ihre Beliebtheit beim Publikum, sondern auch ihr Überleben für ihn wichtig.
Der Held ist eine zwiespältige Figur mit vielen widersprüchlichen Gefühlen. Ständig fragt man sich, ob man ihn mag oder nicht. Er macht den Film interessant, der ansonsten solide Blockbuster-Kost ist.
Zu viel Musik
Für eine Verstimmung sorgt Rachel Zegler. Nicht weil die 22-Jährige schlecht spielt, sondern weil sie ständig singt. Das kann sie zwar gut – sie hatte ihren Durchbruch mit Steven Spielbergs Version von «West Side Story» – aber die Häufigkeit der Gesangseinlagen stört die Erzählung ungemein und macht aus «The Hunger Games» fast ein Musical.
Gut, der Titel hätte einen warnen können, aber wer kann schon ahnen, dass in einem Film über einen brutalen Überlebenskampf so viel gesungen wird wie in einem familienfreundlichen Disney-Animationsfilm.
Kinostart 16. November.