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ZFF übernimmt «Kosmos»-Kinos Weht im Zürcher Kino-Kulturtempel bald ein rechter Wind?

Ab Herbst bespielt das Zurich Film Festival die sechs «Kosmos»-Kinosäle. Dieser Entscheid birgt politischen Sprengstoff.

«Frame». Der neue Name des Kinokomplexes in der Europaallee dürfte vielen vertraut vorkommen. Schliesslich hiess so einst ein Filmmagazin der «NZZ am Sonntag». Wenig überraschend, dass auch die Kinos vom gleichen Macher programmiert werden: Christian Jungen, Leiter des Zurich Film Festivals ZFF.

Dieser «Move», wie ZFF-Chef Jungen den Einzug in die Räumlichkeiten des ehemaligen Kosmos nennt, ist ein cleverer Schachzug. Er wirft aber auch einiges an Fragen auf.

Ein Mann mittleren Alters mit grau meliertem Haar und Brille spricht an einem Pult zu Publikum.
Legende: Freut sich: Christian Jungen, künstlerischer Leiter des ZFF, möchte nach eigener Angabe «etwas vom ZFF-Eventcharakter während des Festivals in den Kinoalltag bringen.» KEYSTONE / Michael Buholzer

Denn Schweizer Filmfestivals betreiben normalerweise keine Kinosäle, sondern bespielen sie. Der ganzjährige Betrieb eines Kinos verursacht Kosten, die sich ein Filmfestival in der Regel kaum leisten kann.

Zudem sind Festivals finanziell, präsenzmässig und gemäss Leistungsvereinbarungen spezifisch als zeitlich begrenzte Anlässe konzipiert – nicht als dauerpräsente Marken in der Kinolandschaft.

Für immer Filmfestival

Das ZFF ändert nun ein Stück weit die Regeln. Es wird im Frame jahrein jahraus ein Filmprogramm anbieten, das sich an den Richtlinien des Festivals orientiert: Blockbuster und Star-Vehikel sollen ihren Platz bekommen, aber auch Arthouse-Filme gezeigt werden.

Das war schon in der Schlussphase des Kosmos der Fall – nur wird das Frame mit Rückgriff auf die starke Vernetzung des ZFF sicherlich mehr Prominenz an Premieren empfangen und grössere Mengen an Champagner ausschenken wollen.

Für das Zurich Film Festival entstehen strategische Vorteile, das liegt auf der Hand: Die eigene Marke wird deutlich gestärkt. Das ZFF kann die Filme aus seinem Festivalprogramm durchs Jahr hindurch als persönliche Selektion auswerten.

Zudem freut es die Sponsoren, wenn ihre Logos im Frame eine Sichtbarkeit weit über die elf Festivaltage hinaus bekommen. Gemäss ZFF stimmen zudem die Mietbedingungen – die Räumlichkeiten gehören den SBB.

Dürfen die das?

Das bereits riesige ZFF wird mit dieser Ergänzung seines Kerngeschäfts also weiterwachsen und zusätzliches Personal einstellen. Es begibt sich zudem in Konkurrenz mit anderen Kinoketten in Zürich.

Streng genommen gab es diese Konkurrenz schon, als noch das Kosmos diese Säle betrieb – aber zukünftig wird an diesem Ort mit anderer Kelle angerichtet als im intellektuell angehauchten Kulturtempel mit seinen notorischen Geldschwierigkeiten.  

Juristisch betrachtet ist klar: Das ZFF macht nichts Verbotenes. Wenn ein Filmfestival den Betrieb von Kinosälen vermag und sich den Mehraufwand zumutet, dann darf es das.

Was es allerdings nicht darf: Öffentliche Subventionen, die strikt für die Durchführung einer punktuellen Veranstaltung gedacht sind, in den Betrieb eines kontinuierlichen Geschäfts stecken. Die Kassen müssen getrennt sein, und der Fluss dazwischen kontrolliert.

Politik Politik sein lassen

Gespannt sein darf man zudem darauf, was das Frame als Veranstaltungsort zusätzlich zum Filmprogramm anbieten will. Beim Kosmos war das zum Beispiel die Gesprächsreihe «Kosmopolitics» – öffentliche Gesprächsrunden mit dezidiert linker Themensetzung. Kommt jetzt mit dem ZFF, welches zur NZZ-Mediengruppe gehört, ein rechtsliberaler Wind ins Haus?

Ratsamer wäre es wohl, Politik erst einmal Politik sein zu lassen und stattdessen dazu beizutragen, dass die Zürcher Stadtbevölkerung wieder öfter und mit grösserem Enthusiasmus ins Kino geht. Wenn das gelingt, dann hat auch die Konkurrenz nichts zu befürchten.

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Radio SRF 2 Kultur, 01.06.2023, Kultur-Aktualität, 17:20.

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