Anfänglich beanstandeten vor allem Einzelpersonen Bücher zur Prüfung, erklärt Kasey Meehan, Leiterin des «Freedom to Read Program» bei PEN America. Heute existieren zunehmend auch Listen von republikanischen Gouverneuren, Schulbehörden oder sogar Gesetze, die pauschal ganze Themenbereiche verbieten. Dies zielt auf die Eliminierung von Narrativen und spiegelt die Polarisierung der US-Kulturkämpfe wider.
Florida als «Blueprint»
Florida dient dabei als eine Art Entwurf für ein landesweites Vorgehen. Gesetzesinitiativen und Formulierungen aus Florida tauchen später in Richtlinien anderer Staaten wie Iowa, Utah und Tennessee wieder auf, so Meehan. Die aktuelle Einschüchterungstaktik in Florida sei deswegen alarmierend.
In Florida übte das Bildungsministerium unter anderem massiven Druck auf einen Schulbezirk aus, mit der Forderung, angeblich «pornografische» Literatur zu entfernen. Andernfalls drohten rechtliche Schritte.
Dies führte dazu, dass andere Bezirke in Florida vorsorglich Bücher entfernten, oft ohne Prüfung der Inhalte. Floridas Vorgehensweise dient in anderen Bundestaaten oft als Vorlage. Daher könnte sich diese Einschüchterungstaktik bald verbreiten.
«Book Bans» waren einst ein lokales Phänomen, hätten sich nun aber auf nationaler Ebene ausgeweitet und würden auch von der Trump-Administration vorangetrieben.
Im Visier: LGBTQ+ und Geschichte
Als vom «Book Ban» betroffen definiert PEN America jedes Buch, das zuvor in öffentlichen Schulen zugänglich war und dann aufgrund seines Inhalts entfernt wurde. Im Visier stehen insbesondere Werke, die sich mit LGBTQ+-Themen, US-Geschichte, Rassismus und Sexualität auseinandersetzen. Konservative Gruppen argumentieren, diese Bücher seien altersunangemessen oder würden bestimmte Ideologien fördern.
Ein mehrfach verbotenes Buch ist die Graphic Novel zum «Tagebuch der Anne Frank». Grund: Eine Szene, in der Anne Frank flüchtig über eine Beziehung mit einer Frau nachdenkt. Obwohl diese Gedanken auch im Originaltext stehen, werden die Zeichnungen in der Graphic Novel vermutlich als zu explizit empfunden, erklärt Kasey Meehan.
Sie sieht darin einen Trend: Graphic Novels würden besonders oft verboten, vermutlich, weil sie Geschichten und Themen auf sehr zugängliche Art präsentieren.
Konsequenzen und Widerstand
Dieser Trend sei alarmierend, sagt Kasey Meehan. Schülerinnen und Schülern werde der Zugang zu wichtigen Informationen und Geschichten genommen, die sie bräuchten. Die Literatur sei fundamental für kritische Denkfähigkeit, Empathie und Selbstwahrnehmung, so Meehan.
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Bild 1 von 3. Widerstand formiert sich seit einiger Zeit: Das Thema Buch-Verbote wird auf die Strassen getragen – wie an der Rochester Pride Parade. (19.7.2025). Bildquelle: IMAGO/NurPhoto.
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Bild 2 von 3. «Banned Books Week»: Bibliotheken, Buchhandlungen und verwandte Organisationen organisieren bereits seit 1982 jährlich eine Aktionswoche – und laden ein, sich gegen Zensur einsetzen. (Abbildung von 2023). Bildquelle: IMAGO/Pond5 Images.
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Bild 3 von 3. Buchläden führen spezielle Regale mit verbotenen Büchern – und lassen Interessierte wissen, warum ein Buch verboten wurde. Bildquelle: IMAGO/Imagn Images.
PEN America stellt sich deswegen diesem Trend der Buchverbote aktiv entgegen. Die Organisation registriert Verbote und ruft die Öffentlichkeit auf, selbst ein verbotenes Buch zu lesen und sich mit der Frage, wieso das Buch ungeeignet sein soll, herauszufordern.
Diese Taktik des Widerstands ist auch in einigen Buchläden in den USA zu beobachten. Inzwischen gibt es ganze Regale mit der Aufschrift «Banned Books» – verbotene Bücher präsentiert wie ein neues Genre.