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Das mittlere Alter als Show «Kommt da noch etwas?», fragen sich Mona Vetsch und Tom Gisler

TV-Frau Mona Vetsch und Radio-Mann Tom Gisler, beide 48, wagen Neues. Ihr Alter gab Anlass zu ihrer Bühnenshow «Im mittleren Alter». Der Schaffensprozess war für beide eine Chance, sich und ihre Generation besser kennenzulernen.

Ist das mittlere Alter zum Lachen? Tom Gisler und Mona Vetsch finden schon, aber nicht nur. Bei einer Probeshow im Ehrendinger Theater im Juni dieses Jahres lesen die beiden SRF-Routiniers noch aus einem Manuskript. Gisler ohne Lesebrille, wie er betont.

Der 48-Jährige leidet unter einem Moskitonetz im Sabbatical und stellt sich die Sinnfrage: «Ist das alles oder kommt da noch etwas?»

Was kommt noch?

Die Moderatorin und der Moderator haben ihr mittleres Alter zum Anlass genommen, ein gleichnamiges Bühnenprogramm über die Generation der 40- bis 65-Jährigen zu schreiben. Ab Mitte September geht es auf Tournee.

TV-Frau Mona Vetsch mit Wasserpistole, Radio-Mann Tom Gisler mit verschränkten Armen vor einer Hecke.
Legende: Viel erreicht und manchmal erschöpft: Mona Vetsch und Tom Gisler verhandeln ihr Alter auf der Bühne. Noëlle Guidon

«Es ist sehr typisch für das mittlere Alter, dass du in einer Position bist, wo du häufig schon vieles erreicht hast», sagt Vetsch, ebenfalls 48-jährig. «Da haben wir uns gefragt: ‹What's next?›»

Aus einer lockeren Unterhaltung mit Freunden in den Skiferien entstand schliesslich die Idee, die immer wieder aufkommenden Themen um das Alter und seine Begleiterscheinungen auf der Bühne zu verhandeln. Etwa die Menopause: Das Östrogen schwindet, der Körper macht Achterbahnfahrten, eine Art zweite Pubertät.

Vom SRF-Studio auf die Theaterbühne

Das Neue für die beiden: «Du bekommst unmittelbar Feedback, weil du vor Leuten stehst, die dich anschauen und du merkst: Kommt das an oder nicht?», sagt Gisler. Vetsch meint: «Es darf auch mal etwas riskanter werden.»

Bist du auch so müde?
Autor: Mona Vetsch Fernsehmoderatorin

Er kommt vom Radio, sie vom Fernsehen. Nun wollen sie mit ihren Zuhörern und Zuschauerinnen direkt in Kontakt treten. Auf Zetteln notiert das Publikum Fragen; Vetsch und Gisler bemühen sich um Antworten. Positive Rückmeldung durch herzliches Lachen und nickende Köpfe bekommen die beiden allemal. «So entsteht ein Abend, den es genau einmal gibt. Und beim nächsten Mal ist es wieder anders», sagt Vetsch.

Funktionieren bis zur Erschöpfung

Einig sind sich die beiden, dass das mittlere Alter sehr viel mit Erschöpfung zu tun hat. «Bist du auch so müde?», fragt Vetsch. Ihre Sandwich-Generation – eingeklemmt zwischen all den Verpflichtungen – sei ungemein ausgelastet. «Es gibt Kinder, die noch nicht ganz aus dem Haus sind und alte Eltern mit grösser werdenden Pflegebedürfnis. Im Beruf bist du gefordert und deine Beziehung solltest du auch noch pflegen», erklärt Gisler.

Eine Powerpoint-Präsentation bietet ungenierte Einblicke in die Jugend der beiden. Überhaupt ist das Programm sehr persönlich, selten zeigte sich vor allem Vetsch so exponiert. «Ich habe mich lange geweigert, ehrlich bei mir selbst hinzuschauen», sagt die Moderatorin. «Als Journalistin berichte ich ja immer über andere. Aber bei diesem Thema kommst du damit nicht durch.»  

In der Wissenschaft und in philosophischen Büchern habe sie viele Erkenntnisse über das mittlere Alter gewonnen – und schnell merkte sie: «Das geht nicht.»

Vetsch und Gisler haben durch das gemeinsame Projekt ihre langjährige Freundschaft auf eine neue Ebene gebracht. «Mona kann im Chaos kreativ sein und funktionieren. Ich weiss, dass ich eine gewisse Sicherheit brauche», sagt Gisler.

Ein mittelalter Mann in Funktionskleidung, der sein Leben verwaltet.
Autor: Tom Gisler Radiomoderator

Und ihr sei klar geworden, dass sie sich eigentlich nur im Arbeitsmodus kennen, sagt Vetsch. «Wir sind uns sehr viel nähergekommen, auch weil wir die schwierigen Seiten des Anderen kennengelernt haben.»

Alles halb so schlimm

So kommen die beiden von jugendlicher Nostalgie («Damals war Fernsehgucken noch cool und jeder hatte den Werbespruch ‹Waschmaschinen leben länger mit Calgon› auf der Zunge») zu den grossen Lebensfragen: Wer sind wir? «Ein mittelalter Mann in Funktionskleidung, der sein Leben verwaltet», kommentiert Gisler ein Foto von ihm.

Mittelalt ist man auch, wenn es das erste Mal um eine Patientenverfügung geht. Was trägt denn zum «guten» Älterwerden bei? «Radikale Akzeptanz», meint Mona Vetsch. Und aufhören, sich ständig zu vergleichen, denn: «Das Leben ist ungerecht und die Natur auch.» Von Natur aus kurze Beine und gesegnet mit einem Thurgauer Dialekt, kokettiert Vetsch mit ihren vermeintlichen Schwächen.

Es ist nicht schlimm, älter zu werden.
Autor: Tom Gisler Radiomoderator

Wohin steuert das Leben noch? Noch gibt es viel Zeit zu gestalten. Ganz wichtig sei es, sich von gewissen Vorstellungen zu befreien, meint Vetsch. «Das Thema Beziehung steht bei vielen in meinem Alter wieder neu zur Disposition: poly- oder monogam?»

Letztlich sei man mit dem mittleren Alter nicht allein, sagt Gisler. Bei dieser Klassenzusammenkunft oder dem Selbsthilfeabend werde deutlich: «Wir sitzen alle im selben Boot. Es ist nicht schlimm, älter zu werden, und mit Humor lässt sich vieles relativ gut bewältigen.»

Hinweis

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Die Moderatorin Mona Vetsch mit Wasserpistole, der Moderator Tom Gisler mit Schwimmring um den Hals.
Legende: Bald zusammen auf Tournee: Mona Vetsch und Tom Gisler. Noëlle Guidon

Das Programm «Im mittleren Alter» von Mona Vetsch und Tom Gisler ist ab 16. September in der ganzen Schweiz zu sehen.

SRF 1, Kulturplatz, 30.8.2023, 22:25 Uhr

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