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Ariane von Graffenried sitzt lachend an einem Tisch.
Legende: Der Dialekt brauche keinen Anwalt, sagt Spoken-Word-Poetin Ariane von Graffenried. SRF/Claudia Herzog

Kulturerbe pflegen «Dr Dialäkt chläbt mer a dr Zunge»

Als Spoken-Word-Künstlerin pendelt Ariane von Graffenried ohne Punkt und Komma zwischen Fremdsprache, Hochsprache und Berndeutsch. Wie es heute um den Dialekt stehe? Ein unverbesserlicher Hypochonder sei er, findet die Poetin.

In Bern ist es gerade kalt, nass und grau. Darum schlägt Ariane von Graffenried vor, dass wir uns zum Gespräch im Botanischen Garten treffen. Genauer: im Tropenhaus, wo es sommerlich warm und üppig grün ist.

Serie «Das Kulturerbe»

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Hier gehe sie oft hin, denn sie wohne gleich in der Nähe, sagt die quirlige Spoken-Word-Künstlerin. Sie setzt sich unter einen ausladenden Baum und klaubt ihr neustes Buch «Babylon Park» aus der Tasche.

Switchen zwischen den Sprachen

Die Berner Sprachkünstlerin Ariane von Graffenried liebt das Spiel mit den Sprachen. Wie eine Akrobatin jongliert sie mit Französisch, Englisch, Hochdeutsch und Mundart.

Poetisch kombiniert sie die Sprachen, montiert sie raffiniert und virtuos, geleitet von einem unüberhörbaren Sprachinstinkt. Klang, Reim und Assonanzen bestimmen die Kombinationen. Das Resultat ist witzig, hellsichtig, manchmal melancholisch und immer musikalisch.

«Dieses Spiel mit Sprache macht mir einfach Freude, weil ich mich bei der Arbeit selbst überraschen kann. Gleichzeitig ist dieses Switchen zwischen den Sprachen ein alltägliches Phänomen, das ich bei vielen Menschen wahrnehme, wenn ich ihnen zuhöre, im Bus, Zug oder Park», sagt die 38-jährige Spoken-Word-Poetin.

Ariane von Graffenried steht mit einem Mirophon auf einer leeren Bühne aus Paletten.
Legende: Wie Musik wirken Ariane von Graffenrieds Texte. Besonders, wenn sie gesprochen werden. SRF/Claudia Herzog

Das Körperliche der Sprache

Auffällig bei diesem Sprachspiel: Ariane von Graffenried landet immer wieder bei der Mundart. Der Dialekt scheint ein treuer und vertrauter Begleiter zu sein, der sich beim Sprechen einerseits vordrängt und andererseits auf die anderen Sprachen abfärbt. «Der Dialekt liegt mir gewissermassen immer im Mund», präzisiert von Graffenried.

Buchhinweis

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Ariane von Graffenried: «Babylon Park», Der gesunde Menschenversand 2017.

Im Gedicht «Babylon Park» in ihrem gleichnamigen neuen Buch beschreibt sie das Körperliche der Sprache in der Zeile «Dr Dialäkt chläbt mer a dr Zunge», bevor sie schildert: «Je cherche les mots fürn e Überzügigsvers». Nun nimmt sie ihr Buch zur Hand und liest den Anfang des Gedichtes vor:

« Sitting on a bench in Babylon Park

Next to Mr. Perfect: my dialect

Qui est jaloux u chli toube

Wäg mire lifelong liaison

Avec l’allemand.»

Eine aufgeschlagene Seite des Buchs Babylon Park auf der steht: Neverending Stories.
Legende: Ariane von Graffenried mischt Englisch, Französisch, Bärndütsch – ohne Punkt und Komma. SRF/Claudia Herzog

Ansichten

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Porträt von Ariane von Graffenried.
Legende: SRF/Lukas Maeder

Mehr zu Ariane von Graffenried gibt es auf der SRF-Literaturplattform «Ansichten» .

Poly-Multi-Misch-Identität

Ariane von Graffenried steht nicht nur als Teil des Duos «Fitzgerald & Rimini» auf der Bühne. Seit 2009 ist sie auch Mitglied des Autorenkollektivs «Bern ist überall» . Diese Gruppe macht sich dafür stark, dass alle Sprachen gleichwertig sind, dass es keine niederen und hohen Sprachen gibt.

«Den Dialekt mit anderen Sprachen zu kombinieren, ist ein Versuch, künstlerisch eine Poly-Multi-Misch-Identität herzustellen, in der der Dialekt auch selbstbewusst neben andere Sprachen steht», erklärt von Graffenried. Aber Achtung: Dabei will sie den Dialekt nicht als Sprache des Herzens verstehen.

«Es geht eher darum, dass es bei Sprachen keine Hierarchien geben muss. Sondern dass das Gemisch nicht nur Durcheinander, sondern auch Reichtum und Musik bedeutet», sagt von Graffenried.

#Kulturerbe2018

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2018 ist Europäisches Kulturerbejahr . 28 Länder beteiligen sich daran, auch die Schweiz. Die Initiative lenkt die Aufmerksamkeit auf die Leistungen des kulturellen Erbes für die Gesellschaft.

Der Dialekt ist ein Hypochonder

Denn: Dem Kulturerbe Dialekt gehe es bestens, findet sie. Er sei wandelbar und brauche weder eine besondere Pflege noch einen Anwalt. Der Dialekt sei einfach ein unverbesserlicher Hypochonder.

In ihrem Text «Dialäktpfleeg» lässt sie ihn denn auch als eingebildeten Kranken auftreten, der sich aus den Fängen einer überfürsorglichen Mutter und einer resoluten Krankenschwester befreit. Dieser Text liest sich als pfiffiger Kommentar auf sprachpolitische Debatten.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur aktuell, 10.1.18, 8.20 Uhr

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