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Milo Puhan über seine Long Covid Forschung
Aus Kultur-Aktualität vom 29.04.2022. Bild: KEYSTONE/Peter Schneider
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Uni Zürich mit neuem Ansatz Die Long-Covid-Forschung braucht einen langen Atem

Einige Covid-Erkrankte kämpfen noch viele Monate nach der Infektion mit Symptomen: Erschöpfung, Konzentrationsschwierigkeiten, Schmerzen, Atemprobleme … Wirksame Therapien fehlen bislang und die Forschung in der Schweiz steht noch am Anfang.

Die Universität Zürich wagt einen neuen Ansatz: Gemeinsam mit Betroffenen haben Wissenschaftler den dringendsten Forschungsbedarf und die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten ermittelt.

Milo Puhan, Professor für Epidemiologie an der Universität Zürich, über das geheimnisvolle Leiden nach Corona und fehlende Gelder.

Milo Puhan ist

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Professor für Epidemiologie

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Prof. Dr. Milo Puhan ist Professor für Epidemiologie an der Universität Zürich. Sein Hauptinteresse in der Forschung liegt auf der Prävention und dem Management von chronischen Krankheiten.

SRF: Was sind die Bedürfnisse und Forschungsprioritäten von Long-Covid-Betroffenen?

Milo Puhan: Die Betroffenen wollen ganz klar Evidenz darüber haben, welche Therapien ihre Symptome lindern oder sogar heilen. Leider weiss man noch zu wenig, welche Behandlungen wirken und welche nicht. Daher ist die oberste Priorität der Forschung, mehr über wirksame und unwirksame Therapien zu erfahren.

Wir versuchen, die Betroffenen vom Anfang bis zum Ende in den Forschungsprozess zu involvieren.

Gab es in der Forschung auch Resultate, die Sie überrascht haben?

Es gibt Prioritäten rund um die Versorgung und die diagnostischen Prozesse: Gibt es bestimmte Marker im Blut? Oder wie stellen wir sicher, dass eine Diagnose auch durch einen Hausarzt zuverlässig gestellt wird?

Zudem gab es diverse Fragen entlang der Betreuungs- und Behandlungskette: Wie geht man nach der Diagnosestellung am besten vor? Wählt man Therapien aus oder überweist man den Patientinnen und Patienten für eine weitere Abklärung an einen anderen Ort? Da kann die Versorgungsforschung helfen.

Um zu diesen Ergebnissen zu kommen, haben Sie ein sogenanntes Citizen-Science-Projekt durchgeführt: Betroffene wurden eng einbezogen. Wie funktioniert diese Art der Forschung?

In einem Forschungsprojekt gibt es viele einzelne Schritte: von der Auswahl der möglichen Fragen bis hin zur Durchführung von Projekten. Wir versuchen, die Betroffenen vom Anfang bis zum Ende in den Forschungsprozess zu involvieren.

Bei diesem Projekt ging es uns ganz klar darum, alle Abläufe mit den Betroffenen gemeinsam durchzuführen. Wir als professionelle Forschende wollten uns möglichst zurückhalten, damit die Resultate am Schluss das widerspiegeln, was für die Betroffenen wichtig ist.

Geld gibt es für diese Art der Forschung in der Schweiz nicht.

Warum haben Sie sich für diesen Ansatz entschieden? Liefert Citizen-Science andere Ergebnisse als traditionelle Forschung?

Es muss nicht zwangsläufig zu unterschiedlichen Resultate führen, aber sehr oft ist das der Fall. Citizen-Science bedeutet, dass man verschiedene Perspektiven mit einbezieht. Das ist heutzutage sehr wichtig, weil die Forschungsergebnisse mit einiger Wahrscheinlichkeit nützlicher sein werden, als wenn nur die Perspektive der Forschenden berücksichtigt wird.

Gibt es auch Geld für diese Art der Forschung?

Spezifische Gelder für diese Art der Forschung gibt es in der Schweiz nicht. Es gibt zwar Stiftungen, die mitfinanzieren, oder man kann beim Nationalfonds Projekte eingeben. Aber bisher wurde kein spezifischer Forschungsfonds dafür eingerichtet.

Anderen Ländern sind da weiter: In den USA wurde schon sehr viel Geld für Long-Covid-Forschung versprochen. Auch in England und Deutschland werden mehr Forschungsgelder zur Verfügung gestellt.

Das Gespräch führte Anna Jungen.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 29.04.2022, 08:15 Uhr;

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