Grauer, langer Mantel, die eine Hand in der Hüfte, die andere am Besen. So hat er uns Kinder mit Argusaugen beobachtet: der Abwart meiner Primarschule. Er war mürrisch, unberechenbar. Manchmal sogar richtig böse.
Das ist 30 Jahre her – und es hat sich viel verändert. Das sehe ich sofort, als mir seine Nachfolgerin, Silvia Burkhalter, auf dem Schulhausplatz meiner alten Schule entgegenläuft: Weisse Hosen, pinke Fingernägel, türkiser Lidschatten. Als ich sie darauf anspreche, lacht sie freundlich und sagt: «Ich will das moderne Bild verkörpern.» Was das ist, wird sie mir erklären.
Erste Hauswartin in Bern
Zuerst aber muss sie klarstellen: «Die Bezeichnung ‹Abwart› ist nicht mehr zeitgemäss. Wir warten nicht ab, wir warten das Haus.» Deshalb ist heute die Bezeichnung Hauswart und Hauswartin üblich.
Angefangen hat Silvia Burkhalter ihren Job hier im Berner Kirchenfeld-Schulhaus vor 25 Jahren ganz klassisch – als Assistentin ihres Mannes in einem Teilzeitpensum. «Mein Mann war für alles Technische zuständig, ich für die Reinigung der Gänge und das wenige Administrative.»
Diese Zeiten sind vorbei, seit ihr Mann Ende letztes Jahr pensioniert wurde. Seither leitet sie den Hausdienst allein. Als erste Frau in der Stadt Bern.
Kaum Dienstwohnungen mehr
Burkhalter drückt die schwere Holztüre auf. Am Ende des rechten Flurs hat früher der «Abwart» gewohnt. Bis letzten Februar auch Silvia Burkhalter und ihr Ehemann. Jetzt wird das Schulhaus renoviert, aus der Dienstwohnung werden Schulzimmer.
Das ist eine Entwicklung, die sich in vielen Schulhäusern zeigt, erklärt Ivo Wild, Präsident des Berufsverbands ausgebildeter Hauswarte: «Einerseits brauchen die Schulen mehr Platz, andererseits wollen viele Hauswarte Wohn- und Arbeitsort trennen.»
Eine andere Entwicklung ist, dass Hauswartinnen und Hauswarte immer häufiger nicht mehr nur für eine Schulanlage zuständig sind, sondern für mehrere. So auch Silvia Burkhalter. Zu ihrem Reich gehören mittlerweile noch eine weitere Schulanlage und sechs Kindergärten. Deshalb braucht sie ein ganzes Team: ein Dutzend Reinigungsfachfrauen und vier Fachmänner Betriebsunterhalt, die für Gartenarbeit oder Reparaturen zuständig sind.
Computer statt Besen
Burkhalter selbst nimmt kaum mehr einen Schraubenzieher oder Besen in die Hand. «Manchmal fehlt es mir, es würde helfen, den Kopf zu ‹verlüften›». Denn sie sitzt 80 Prozent ihrer Zeit am Computer.
Sie ist verantwortlich dafür, dass in allen Gebäuden die komplexen Anlagen laufen, dass sie den Sicherheitsstandard erfüllen und Defekte behoben werden. Dementsprechend bietet sie Handwerker und Techniker auf, sofern sie es intern nicht beheben können, und holt Offerten ein. Zudem ist sie Ansprechperson für das Schulamt, das Sportamt, die Schulleitungen und Lehrpersonen. Sie ist im Sicherheits- und Krisenteam vertreten und im Notfall leistet sie auch Erste Hilfe.
Später wird sie einen 800-Liter-Abfallcontainer in einen VW-Bus einladen und damit zu einer Firma fahren, die massgeschneiderte Rampen herstellt. Die jetzige ist zu steil, um den Koloss von Hand hochzuschieben. Jetzt aber muss sie erst einige Telefone machen. Silvia Burkhalter verabschiedet sich und schliesst die Türe zu ihrem Büro auf. Als ich hier noch zur Schule ging, hatten wir hier Blockflöten-Unterricht.