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Wie tickt die Generation Z? «Ich glaube, Erfolg und Status verlieren an Bedeutung»

Eben noch hackte man auf der egoistisch-narzisstischen Generation Y rum, nun rückt schon die Generation Z nach. Die Mitglieder der Generation Z, geboren nach 1998, werden als politisch, sozial, tolerant eingeschätzt. Aber auch als sorgen- und anspruchsvoll (siehe Textbox «Die Generation Z»).

Eine Angehörige dieser Generation ist die Studentin Smilla Diener: Sie wird 2020 20 Jahre alt. Wir wollten von ihr wissen: Wie tickt in ihren Augen die Generation Z? Was ist Fakt – und was vielleicht auch Vorurteil?

Smilla Diener

Studentin

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Smilla Diener (*2000) studiert Industrie-Design an der ZHdK. Sie ist eine von mehreren 2000ern, die zum Auftakt von 2020 zu Wort kommen: in den Sendungen «Kulturplatz» , «Kontext» und «Perspektiven» .

SRF: Eine Studie besagt, dass die Generation Z sorgenvoll in die Zukunft blickt. Wie sieht’s bei Ihnen aus?

Smilla Diener: Natürlich mache ich mir Sorgen. Unsere Generation ist geprägt von viel Unsicherheit und Veränderung. Die Klimakrise etwa prägt unsere Zeit sehr. Unsere Generation nimmt sich dieser Debatte an, wie es keine Generation vor uns getan hat. Das ist Ausdruck dafür, dass grosse Unsicherheit herrscht.

Die Generation Z (geboren 1998 – heute)

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Generationenetiketten sind zwar oft kurzlebig – dennoch zeichnen die vielen Studien und Umfragen, die Generationenmerkmale untersuchen, schärfere Konturen über eine bestimmte Altersgruppe.

Der nach 1998 geborenen Generation Z werden demnach folgende Merkmale zugeschrieben: Sie ...

Auf eine ungewisse Zukunft bereitet sich die Generation Z mit einer guten Ausbildung vor, heisst es. Ist das bei Ihnen auch so?

Viele wissen wohl nicht genau, worauf sie hinarbeiten. Wir spüren, wie schnell und immer schneller sich alles verändert. In meinem Umfeld wünschen sich viele eine gute Ausbildung, damit sie auf die Veränderungen gut reagieren können.

Der Wirtschaftswissenschaftler Christian Scholz schreibt, die Generation Z habe erkannt, dass die Träume der Älteren nur selten Realität werden. Also: Lieber einen bodenständigen Job wählen oder gross träumen?

Es liegt doch in der Natur von Zwanzigjährigen, grosse Träume zu haben.

Sind diese Träume manchmal unrealistische Berufswünsche?

Niemand kann das ernsthaft beurteilen, weil niemand weiss, welche Jobs es tatsächlich in 15 Jahren geben und brauchen wird. Sich aber im Teenageralter für einen Beruf zu entscheiden und dem bis ans Lebensende nachzugehen, ist nun wirklich nicht zeitgemäss.

Eine junge Frau vor einer Betonwand.
Legende: «Es liegt doch in der Natur von Zwanzigjährigen, grosse Träume zu haben», sagt die ZHdK-Studentin Smilla Diener. zvg

Eine Studie will herausgefunden haben, dass Mitglieder der Generation Z vor allem Influencer, Model oder Superstar werden wollen.

Auch vor 30 Jahren gab es Leute, die gerne Sängerin oder Fussballstar werden wollten. In meinem Umfeld will niemand Influencer werden. Eher haben die Eltern Angst, dass ihre Kinder das wollen.

Verspüren Sie den Druck, beruflich erfolgreich sein zu müssen? Oder «es schaffen» zu müssen?

Ich denke, viele junge Leute gehen nicht davon aus, dass man an einen Punkt kommt, wo «es geschafft» ist. Ich etwa sehe im Schaffen keinen Stillstand. Ich glaube auch, dass materieller Erfolg, den man angehäuft hat oder der Status, den man erlangt hat, an Bedeutung verliert.

Wir müssen da ohnehin Umdenken. Wachstum im Sinne von wirtschaftlichem Wachstum darf nicht mehr das Ziel sein.

Haben Sie ein berufliches Ziel?

Ich studiere Industrie-Design an der Zürcher Hochschule der Künste. Wenn ich das Studium ohne Pause durchziehe, hätte ich den Bachelor schon mit 23. Was ich dann im Berufsleben machen möchte? Ich weiss es nicht. Ich studiere vielleicht noch etwas anderes oder mache einen Masterstudiengang. Ich habe noch keine genaue Vorstellung davon, wohin es beruflich geht.

Zwei Studenten an der ZhdK.
Legende: Ihre Generation wolle auch in der Ausbildung mitdenken und nicht einfach tun, was schon immer so getan wurde, sagt Smilla Diener. Sie studiert an der ZhdK. Keystone / Christian Beutler

Thema Familiengründung: ein erstrebenswertes Ziel oder ein veraltetes?

Jedem das Seine. Ich glaube nicht, dass das klassische Familienmodell ausstirbt, weil es für viele einfach stimmt. Mir ist es aber nicht so wichtig, es anzustreben oder zu planen. Man weiss ja nicht, ob es sich tatsächlich ergibt.

Mir ist es wichtig, festgefahrene Muster aufzubrechen.

Ein Vorwurf, der oft laut wird: Die Generation Z sei ich-bezogen. Stimmt das?

Mit dem Zugang zum Internet hat sich der Selbstverwirklichungswunsch breitgemacht. Man findet im Netz immer Verbündete, was dazu führt, dass man Selbstverwirklichungswünsche eher ausdrückt und ihnen nachgeht. Das ist wohl ziemlich neu. Aber die «Fridays for Future» sind ein Beweis dafür, dass wir überhaupt keine egoistische Generation sind, sondern auch an die Gesellschaft denken.

Das heisst: Die Generation Z will eine Stimme haben und miteinbezogen werden.

Das ist eine der wichtigsten Charakteristiken unserer Generation. Es ist uns enorm wichtig, gehört zu werden – in der Schule, im Beruf und auch in Bezug auf gesellschaftliche Themen. Auch im Berufsalltag ergibt es mehr Sinn, wenn Lernende mitdenken und nicht einfach tun, was schon immer so getan wurde.

Von der Generation Z heisst es aber auch, sie sei nicht rebellisch. Warum auch? Es sei ja alles erlaubt.

Ist die Jugendkultur mit den Hipstern ausgestorben? Vielleicht. Es kann sein, dass heute alles möglich ist, weil die Generationen vor uns so stark rebelliert haben und unsere Rebellion nicht mehr als solche wahrgenommen wird. Da ist wohl etwas dran. Von uns wird aber auch erwartet, dass wir verstehen, was uns erwartet. Das wissen wir aber nicht. Das macht uns vorsichtig.

Achtsamkeit? Praktiziert niemand in meinem Umfeld.

Gehen Sie protestieren? Wofür setzen Sie sich ein?

Bei den Klimademos und Frauenstreiks gehe ich mit. Organisieren musste ich da aber nicht viel. Auf die Strasse zu gehen ist ein kleiner Aufwand für mich. Wenn das viele so machen, hat das dennoch eine grosse Wirkung.

Ausserdem ist es mir wahnsinnig wichtig, Leute auf ihren Sexismus aufmerksam zu machen. Wenn jemand einen sexistischen oder diskriminierenden Spruch macht, mache ich sie darauf aufmerksam und fordere sie auch heraus. Mir ist es wichtig, festgefahrene Muster aufzubrechen.

Eine Gruppe junger Erwachsener mit Portestschildern.
Legende: «Wir sind keine egoistische Generation, wir denken auch an die Gesellschaft», sagt Smilla Diener. Das zeige sich etwa an den «Fridays for Future». Keystone / Walter Bieri

Die «New York Times» schreibt, die Klimajugend gehe zwar auf die Strasse, passe ihr Konsumverhalten aber nicht an. Stimmt das?

In meinem Umfeld wächst das Bewusstsein für nachhaltiges Konsumieren. Natürlich kaufen und haben wir immer noch mehr als wir brauchen. Aber ich kenne niemanden mehr, der shoppen geht, weil das eine tolle Aktivität ist oder man es sich einfach leisten kann.

Ich habe meinen Kleiderschrank auf Wesentliches reduziert und kaufe nur, was wirklich ersetzt werden muss. Dieses Bewusstsein verbreitet sich ziemlich stark.

Welche Bedeutung hat ein gesunder Lebensstil und Achtsamkeit für Sie?

Ein gesunder Lebensstil ist wahrscheinlich bezeichnend für die Gen Z. Mit unserer Generation verschwindet wohl auch die Tabakkultur in Westeuropa. Wir sind aber das Produkt eines schon viel länger anhaltenden Körperkults, der in sozialen Medien sichtbarer wird.

Die 2000er übernehmen

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Woran glauben Menschen mit Jahrgang 2000? Wofür stehen sie ein? Und wovon haben sie die Schnauze voll?

2020 kommen bei SRF Kultur junge Erwachsene zu Wort, die dieses Jahr 20 werden – aktuell etwa in den Sendungen «Kulturplatz» , «Kontext» und «Perspektiven» .

Da ist aber nicht nur ein grösseres Bewusstsein für ein gesundes Leben, sondern auch eine gesündere Beziehung zum eigenen Körper, egal wie er aussieht. Und Achtsamkeit? Praktiziert niemand in meinem Umfeld.

Die Gen Z-ler sind die wahren Digital Natives. Wie sieht’s mit Ihrem Medienkonsum aus?

Mein Smartphone trage ich immer bei mir. Und ich habe Kopfhörer auf, wo immer das möglich ist. Ich glaube, vielen ist es zu laut, darum kapseln wir uns ab, mit Musik etwa. Natürlich habe ich das Handy auch dabei, um verbunden zu bleiben. Mich stört das aber auch manchmal. Ich schalte die mobilen Daten ab, wenn ich nicht erreichbar sein will.

Das Gespräch führte Ana Matijašević.

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