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Ausstellung in Lausanne Neuer Blick auf die Gen Z: Eine Show wie ein Social-Media-Feed

Im Photo Elysée Lausanne versammelt sind Fotografien von 66 jungen Talenten aus 38 Ländern. Es ist nicht eine Ausstellung über die Generation Z – sie wurde mit ihr kuratiert. Entstanden ist ein vielstimmiger und intimer Blick auf das Jetzt.

Was verbindet die Gen Z weltweit? Ihr Alter und eine Affinität für soziale Medien, klar. Und sonst? Die Frage nach Zugehörigkeit. Oder die Auseinandersetzung mit Identität, Exil und Körper.

«Gen Z – Ein neuer Blick» versammelt intime fotografische Positionen zu diesen Themen – von Künstlerinnen und Künstlern, die zwischen 1995 und 2010 geboren wurden, zumindest mehrheitlich. Passend zur Grundeinstellung der Gen Z, sind hier auch die Grenzen der Generationen fluide.

Gefunden haben die Kuratorinnen, die als Brücke zwischen digitaler Welt und musealem Raum fungierten, die jungen Talente mehrheitlich online, viele haben bereits ein Publikum auf Instagram.

«Foto-Therapie»

Der erste Teil der Ausstellung untersucht das Zuhause als Ursprung von Identität. Der Südafrikaner Vuyo Mabheka verarbeitet in Collagen aus Zeichnungen und Kinderfotos seine Kindheit ohne Vaterfigur. Die Werktexte stammen von den Künstlern selbst – ein kuratorisches Statement: «Wir wollten ihnen eine Stimme geben», sagt Kuratorin Julie Dayer.

Collage mit Kindern, Erwachsenen und Gebäuden unter bewölktem Himmel.
Legende: Vuyo Mabheka (*1999) kombiniert eine «Kinderzeichnung», die für das Aufwachsen in einer dysfunktionalen Familie steht, mit Fotos zu einer materiell wie thematisch vielschichtigen Collage. «XA Ndimdala», 2024, aus der Serie «Popihuise». Vuyo Mabheka/AFRONOVA GALLERY

Zudem beobachtet Kuratorin Julie Dayer einen Wandel: «Die Gen Z nutzt Fotografie, um Traumata zu verarbeiten und Kontrolle über die eigene Geschichte zurückzugewinnen.»

Der zweite Teil blickt auf politische und soziale Umbrüche. Florian Gatzweiler aus Berlin porträtiert den Ukrainer Anton, der kurz vor seinem 18. Geburtstag nach Polen flüchtete. Ihre Verbindung: Memes und Instagram.

Als Anton zurück in die Ukraine ging, dokumentierte Gatzweiler dessen Alltag als Soldat über Screenshots von Stories. Die Fotografie nutze er als Verarbeitung – um Sinn zu machen aus Antons neuer Identität und um stereotype Vorstellungen von Männlichkeit zu hinterfragen.

Hinter dem Spiegel

Im dritten Teil steht der Körper im Zentrum. Isabella Madrid aus Kolumbien zeigt ein Selbstporträt, das die Mechanismen sozialer Medien nutzt und zugleich hinterfragt. Ihre Arbeit reflektiert Einflüsse wie Popkultur, Gewalt, Schönheitsideale und traditionelle Werte.

Junge Frau im Bikini, ihr Gesicht ist in Gold angemalt, vor einem Plakat mit Pferd
Legende: Die Gen Z scheut sich offenbar auch nicht vor Referenzen auf die Fotogeschichte: Isabella Madrid (*1999) aus Kolumbien posiert ganz in Cindy-Sherman-Manier mit sichtbarem Selbstauslöser. «Self Portrait with Horse», 2024, aus der Serie «Buena Bonita y Barata». Isabella Madrid/ECAL

Auch hier geht es um Kontrolle: «Viele Kunstschaffende inszenieren bewusst Auslöser, um zu zeigen, dass sie selbst entscheiden, wie sie sich darstellen», sagt Dayer.

Der letzte Teil widmet sich Fragen von Rassifizierung, Geschichte und Kultur. River Claure aus Bolivien vermischt Familiengeschichte, indigene Wurzeln, koloniale Archive und Popästhetik.

Person in traditioneller Kleidung mit VR-Headset im Freien.
Legende: Ponchoträger mit VR-Brille: River Claure (*1997) aus Bolivien hinterfragt Konzepte kultureller Identität und nennt Landschaften und Wolken als persönliche Faszinosa. «Puma Panku», Bolivia, 2019. River Claure

«Ich spiele in einem riesigen zeitgenössischen Theater», schreibt er. Fotografie wird hier zum Mittel des Widerstands – gegen dominante Narrative und für neue visuelle Sprachen.

Me-Time im Museum

Am Ende der Ausstellung laden Gartenliegestühle vor einem Video von Gabriela Marciniak zur Reflexion ein. «Where do you belong?» steht an der Wand. In der Serie «Early Retirement» beschäftigt sich Marciniak mit unserem Verhältnis zu Zeit, sozialem Status und Produktivität.

Person schwimmt in Pool mit Kleidung.
Legende: Sich-über-Wasserhalten in der heutigen Arbeitswelt? Schwierig. Die Kunst von Gabriela Marciniak (*1996) aus Polen beschäftigt sich mit Fantasien zur Flucht aus der Monotonie. «Untitled 005», aus der Serie «Early Retirement», 2023. Gabriela Marciniak/ECAL

Stimmt also das Klischee, dass die Gen Z nicht arbeiten will? Die Werke der 66 Jungtalente zeichnen ein anderes Bild. Sie verwandeln ihre Suche nach Zugehörigkeit und ihre Reflexionen über sich und die Welt in Produkte der kreativen Arbeit.

Die Ausstellung fühlt sich an wie ein kuratierter Social-Media-Feed – nur mit Raum zum Innehalten. Ein Blick auf eine Generation, die sich selbst ins Bild setzt und Fotografie neu denkt. Reinzoomen ohne Vorurteile lohnt sich.

Ausstellungshinweis

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Die Ausstellung «Gen Z – Ein neuer Blick» ist noch bis zum 1. Februar 2026 im Photo Elysée in Lausanne zu sehen.

Radio SRF2 Aktualität, Kultur-Aktualität, 02.10.2025, 17:10 Uhr

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