Die Welt kennt Otto als nonsensverliebten Klamauk-Künstler. Was nur wenige wissen: Deutschlands prominentester ADHS-Verdachtsfall ist auch ein begabter Maler. Acht Semester hat der Komiker zu Beginn der 1970er-Jahre an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg studiert.
Zurzeit nimmt das Malen den grössten Teil meines Lebens ein.
Ein Studium, das späte Früchte trägt: Der Text-Bild-Band «Kunst in Sicht», soeben erschienen, präsentiert Otto Waalkes als erstaunlich versierten Maler. Der prominente Ostfriese arbeitet sich darin auf mehr als 100 Gemälden an den Grössen der abendländischen Kunst ab – von Leonardo da Vinci bis Ferdinand Hodler, von Edvard Munch bis Pablo Picasso.
«Zurzeit nimmt das Malen den grössten Teil meines Lebens ein», gesteht Otto, der sich am Hamburger Elbstrand ein schmuckes Atelier eingerichtet hat. Bei der Arbeit mit Leinwand und Pinsel kommt er, der ewig Rastlose, endlich zur Ruhe. «Da vergeht die Zeit wie im Flug.»
Verunglücktes Selbstporträt
Der Keim zu Ottos Kunstbegeisterung wurde in seiner Kindheit gelegt. Karl Waalkes, der Vater des Komikers, war Malermeister und Tapezierer in der Ostfriesen-Metropole Emden. «Meine Eltern besassen einen mittelständischen Betrieb», erinnert sich Otto Waalkes, «da gab es Tapetenbücher, in denen die Kunden sich durch die verschiedenen Muster blättern konnten. Die Rückseiten der Blätter waren blank, die durfte ich mit Erlaubnis meines Vaters bemalen.»
Später, als 12- oder 13-Jähriger, hat Otto den Ottifanten kreiert – ursprünglich ein «verunglücktes Selbstporträt», wie er bekennt. Als Grafiker der Emdener Schülerzeitung «Das Boot» präsentierte sich der Bildkünstler kurz darauf den kritischen Blicken der Öffentlichkeit – eine Pionierleistung, an die Otto 60 Jahre später mit «Kunst in Sicht» wieder anknüpft.
Ottoeske Parodien
Drei, vier Stunden täglich widmet sich Otto Waalkes dem Malen. Inhaltlich zeigt er dabei erfrischend wenig Ehrfurcht. Das Prinzip seiner Malerei ist das der Parodie: Er verfremdet ikonische Werke der Kunstgeschichte mit kleinen ottoesken Interventionen.
Die Parodie ist meine Form der Verehrung.
Leonardos «Dame mit dem Hermelin» drückt in der Ostfriesen-Version ein blöde lächelndes Faultier an ihre Brust; der Brueghelsche «Turm zu Babel» wird zur Sandburg, und in der Otto-Variation des Klimtschen «Kusses» drückt ein goldumschmeichelter Otto Waalkes einem dahinschmelzenden «Ottifanten» einen herzhaften Schmatz auf die Wange.
«Die Parodie ist meine Form der Verehrung»: So bringt Otto seine kunstphilosophischen Prinzipien auf den Punkt. Handwerklich sind seine Schöpfungen in Öl und Acryl – Otto grundiert sie mit Ostfriesentee – von geradezu altmeisterlicher Qualität.
Nächste Station Kunsthaus?
Der Künstler arbeitet sich nicht nur an Manet und Vermeer ab, sondern auch an stilprägenden Fotografien der Moderne – und an berühmten LP-Covern: an «Abbey Road» von den Beatles etwa. Nur, dass es bei Otto nicht John, Ringo, Paul und George sind, die entspannt über einen Zebrastreifen latschen, sondern, vier langhaarige – erraten! – Ottifanten.
Auf dem Kunstmarkt werden die Öl- und Acrylgemälde des weltweit wohl bekanntesten Ostfriesen derzeit zu Preisen zwischen 5000 und 30‘000 Franken gehandelt. Dabei hat Otto auch mit Ende 70 noch Träume: Einmal im Leben möchte er in der Wiener Albertina ausstellen. Zur Not nähme er aber auch das Kunsthaus Zürich. Handwerklich, kein Zweifel, hätte Otto das Zeug dazu.