Das Kunstmuseum Bern verkauft das Bild «Stürmische See» von Edouard Manet. Das Seestück des berühmten Impressionisten gilt als Filetstück der Erbschaft Gurlitt, die 2014 ans Kunstmuseum Bern ging.
Die «Stürmische See» wird jetzt für 4 Millionen Dollar an das «National Museum of Western Art» in Tokio verkauft. Nina Zimmer, die Direktorin des Kunstmuseums Bern und des Zentrums Paul Klee, über die Hintergründe.
SRF: Museen trennen sich nicht gerne von ihren Bildern. Warum tun Sie es trotzdem?
Nina Zimmer: Es ist tatsächlich sehr unüblich, dass Museen Werke verkaufen. Wir hatten für das Konvolut Gurlitt aber von Anfang an gesagt: Falls aus der Annahme des Erbes ein grösseres Defizit entsteht, gleichen wir das eventuell auch mit Bilder-Verkäufen aus.
Wir haben jetzt eine erste Bilanz gezogen: Es gab hohe Aufwände für juristische Beratungen, aber auch für Forschungskosten, Restaurierungen und nicht zuletzt für die Organisation der zwei Gurlitt-Ausstellungen.
Es ist keine Raubkunst. Das hat die Provenienz-Forschung erwiesen.
Der Verkaufserlös beträgt 4 Millionen Dollar. Sind die Auslagen so hoch?
Bestimmte juristische Verfahren sind noch nicht abgeschlossen. Im Moment haben wir eine Prognose, die darauf hinausläuft, dass es in etwa aufgeht. Genau sehen wir das erst, wenn alle Verfahren abgeschlossen sind.
Das Bild «Stürmische See» von Edouard Manet geht nicht an eine Privatsammlung, sondern bleibt in der Öffentlichkeit. War das entscheidend?
In Übereinstimmung mit den ethischen Richtlinien des internationalen Museumverbands ICOM war uns wichtig, dass das Werk in der Öffentlichkeit bleibt. Und in dem Fall war klar, welches Museum man für diesen Manet ansprechen könnte.
Denn das Bild stammt ursprünglich aus der Sammlung eines japanischen Industriellen, der es in den Kriegsjahren an Hildebrand Gurlitt verkaufte. Aus Kôjirô Matsukatas Sammlung entstand in Tokio das National Museum of Western Art, das sich über die Jahre bemüht hat, verlorene Werke wieder zurückzukaufen.
Gibt es für das Bild einen Raubkunstverdacht?
Nein, es ist keine Raubkunst. Das hat die Provenienz-Forschung erwiesen. Wir haben sehr viele präzise Angaben, kennen fast jeden Handwechsel und sehen, dass Gurlitt das Werk in Paris regulär erworben hat.
Es ist in diesem Fall leider nötig, dieses eine Werk zu verkaufen.
Verkauft das Kunstmuseum Bern auch noch andere Werke?
Das ist überhaupt kein Thema. Wir haben in Hinblick auf die besondere Gurlitt-Situation von Anfang an gesagt: Wir wollen aus der Annahme des Erbes weder profitieren noch Defizite tragen.
Warum Cornelius Gurlitt seine Werke dem Kunstmuseum Bern vermachte, bleibt ein Geheimnis. Aber vermutlich hoffte er, hier würde seinen Werken Sorge getragen. Passt dazu, dass das Kunstmuseum Bern jetzt eines seiner Werke verkauft?
Für ein Museum und die beteiligten Gremien ist der Ausschluss eines Werkes aus der Sammlung eine der schwersten Entscheidungen überhaupt.
Es ist in diesem Fall leider nötig, dieses eine Werk zu verkaufen. Damit wir die Verantwortung für die restlichen 1500 Werke der Erbschaft Gurlitts auch wirklich übernehmen können.
Das Gespräch führte Ellinor Landmann.