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Jahresrückblick 2023 Der beste Jazz des Jahres – und eine Legende, die enttäuschte

Die Highlights des Jahres

Louise & Louis: Es gibt ihn noch, den Röstigraben – auch in der Musik. Trotzdem gibt es Musikerinnen und Musiker, die ihn überwinden. Zwei junge Jazztalente aus der Westschweiz sind 2023 besonders herausgestochen: die Lausanner Bassistin und Sängerin Louise Knobil sowie der Genfer Gitarrist Louis Matute.

Bei Knobils EP «Or Not Knobil» ist der Humor und der lebhafte Gesang nicht zu überhören – während sie wohlgemerkt auch noch ihren Bass zupft. Es überrascht nicht, dass dieses Multitasking-Talent einen Theater-Background hat, der in ihre Musik einfliesst.

Louis Matute hat mit seinem Auftritt am Schaffhauser Jazzfestival überzeugt. In seiner Musik verwebt er geschmackvoll und authentisch Modern Jazz mit Latin, womit er ein breites Publikum erreicht. Seine zugängliche Art und seine starke Bühnenpräsenz machen den Rest. Sowohl Louis Matute als auch Louise Knobil haben eine eigenständige, musikalische Sprache gefunden, die sie als Personen spürbar macht. (Roman Hosek)

Meshells Meisterwerk: Die 55-jährige Bassistin und Sängerin Meshell Ndegeocello brilliert seit Jahren auch als Produzentin von mehrheitlich elektronischer Groove-Musik mit Druck, aber auch viel sinnlicher Wärme. Mit dieser persönlichen Liedsammlung kehrt sie zurück zur Livemusik.

Komponiert hat sie an einem Omnichord, einem 80er-Jahre-Plastikinstrument, dessen Preset-Sounds mittlerweile Kultcharakter haben. Zusammen mit vielen Gästen hat Meshell einzigartige Songs kreiert, die immer wieder an Jamsessions erinnern: zum Teil skizzenhaft bleiben, immer aber den unverwechselbaren Stempel von Meshells ganz eigener Coolness tragen. (Annina Salis)

Meshell Ndegeocello: The Omnichord Real Book

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Ein Real Book wird an Jam-Sessions als kleinster gemeinsamer musikalischer Nenner genutzt. So eine Songsammlung findet die Produzentin, Bassistin und Sängerin Meshell Ndegeocello in der Wohnung ihrer verstorbenen Eltern. Es gehörte ihrem Vater, der war ebenfalls Musiker, aber auch Army Major und nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland stationiert. Sein Real Book wird zum Startpunkt für Erinnerungsreisen.

Die Überraschung des Jahres

Läuft bei Laufey: Alles begann mit kurzen TikTok-Videos, 2023 folgte bereits das zweite Album: Die isländisch-chinesische Musikerin Laufey dieses Jahr in aller Munde – wobei ihr Name gar nicht so einfach auszusprechen ist (in etwa: «Loy-wey»). 

Mit tiefer Stimme, die man aus Balladen der 1950er-Jahre kennt, singt die 24-jährige Laufey übers Jungsein und über Herzensschmerz und kombiniert dabei sanften Bossa Nova, Bedroom Pop und Jazzharmonie. Mit ihrem Oldschool-Sound erreicht sie Millionen von vorwiegend jungen Fans: Wenn Laufey etwa an einem ihrer ausverkauften Konzerte die altbekannte Jazzballade «Misty» covert, singt ein Meer aus jungen Menschen mit. Laufeys Erfolg wirft grössere Fragen auf: Was macht Jazzmusik aus, und wie finden junge Menschen Zugang dazu? (Florence Baeriswyl)

Der Flop des Jahres

Keine Glanzleistung von Kenny Garrett: Das Konzert des legendären Saxophonisten Kenny Garrett in St. Moritz war gross angekündigt worden. Kein Wunder: Hatte er doch als junger Mann mit dem grossen Miles Davis gespielt und dort mit energiegeladenen Soli geglänzt. Ein sicherer Wert. Wirklich? Nach wenigen Takten war klar: Die Band passte nicht in den kleinen Club. Alles war viel zu laut, vor allem der virtuose Schlagzeuger verzichtete darauf, sich anzupassen. Und: Es war auch ein Kenny Garrett, der seit 20 Jahren stehen geblieben ist. Schade. (Jodok Hess)

Jahresrückblick 2023: die Übersicht

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Von Film bis Literatur: Was uns 2023 in der Kultur überraschte, beeindruckte – und bisweilen auch enttäuschte. Sämtliche Rückblicke finden Sie hier:

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SRF 1, Tagesschau, 25.12.2023, 19:30 Uhr ; 

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