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Kulturhaus SRG So prägt der Pionier der Musikförderung die Schweizer Musik heute

1931 übernahm die SRG die Musikunterhaltung in den Schweizer Stuben: über Klänge aus den Rundfunkgeräten sowie eigene Orchester in jedem Landesteil. Das SRG-Engagement prägt seit fast 100 Jahren die Schweizer Musikszene und stärkt damals wie heute die nationale Identität.

Von Beginn an verstand sich die SRG als Kulturhaus, das den kulturellen Reichtum des Landes sichtbar und hörbar macht. Und das mit Recht, wie der Musikwissenschaftler Stefan Sandmeier bestätigt. Er hat insbesondere das Auftragswesen der SRG seit den Anfängen aufgearbeitet.

Wichtig war damals die Etablierung von «hauseigenen» Orchestern in den verschiedenen Landesteilen. In den 1930er-Jahren bestand nämlich der politische Wille, in jeder Sprachregion ein eigenes Sinfonieorchester zu führen. Nicht nur der klassischen Musik wegen, sondern auch, um den Zusammenhalt und die geistige Landesverteidigung (in politisch unruhigen Zeiten) zu stärken, und zudem die kulturelle Vielfalt zu fördern.

Das Engagement verursachte teils immense Kosten, sorgte jedoch für eine starke kulturelle Präsenz in der ganzen Schweiz. Die Ensembles waren wichtige Akteure in der Schweizer Musiklandschaft und ermöglichten Livekonzerte auch in abgelegeneren Regionen: Orte, an denen der Zugang zu Livemusik für die dortige Bevölkerung bisher fehlte. Wenig später gründete die SRG weitere Orchester für Unterhaltungsmusik und Jazz.

Kompositionsaufträge und Konzertmitschnitte

Neben dem Aufbau der Orchester hat die SRG bis heute mehr als 500 Kompositionsaufträge vergeben, vornehmlich an Schweizer Komponisten und Komponistinnen. Auch Persönlichkeiten mit internationaler Ausstrahlung, wie Arthur Honegger, wurden engagiert. Oft widerspiegelten die neuen Werke, die durch diese Aufträge zustande kamen, den gesellschaftlichen Kontext und die von diesem aufgeworfenen Fragen. Ein Beispiel ist die in mehreren Landessprachen produzierte, radiophonische Dichtung «Battements du Monde» von 1944 über das Schicksal der Kinder im Zweiten Weltkrieg.

Musik bringt die Menschen zusammen, Musik verbindet. Auch deshalb engagieren wir uns als Medienhaus für die Musik.
Autor: Susanne Wille Frühere Kulturchefin von SRF und jetzige SRG-Generaldirektorin

Dieses Engagement des öffentlich-rechtlichen Medienhauses führte zu einer langfristigen Dokumentation des musikalischen Schaffens in der Schweiz. Die SRG hat während Jahrzehnten zahllose Konzertmitschnitte erstellt und ein umfangreiches Musikarchiv aufgebaut – ein kulturelles Erbe für die Nachwelt.

Das musikalische Gedächtnis der Schweiz

Die akustische Dokumentation der SRG bot und bietet zahllosen Musikschaffenden eine Plattform und stellt sicher, dass aussergewöhnliche Konzerte und Uraufführungen für ein grosses Publikum sicht- und abrufbar werden.

Diese Rolle als kulturelles Musikgedächtnis des Landes ist ein wesentlicher Mehrwert der SRG für die Schweizer Musikszene. Das Archiv umfasst eine breite Palette an Stilen und Genres, von klassischer Musik über Pop, Jazz, Volksmusik bis hin zu zeitgenössischen Kompositionen, sowie Hörspiel- und Filmmusik.

Es ist ein Bedürfnis der Schweizer Bevölkerung, Musikinhalte dann zu hören, wenn man Lust hat, sie zu hören. Und es ist auch das langfristige Ziel der SRG, dieses Archiv vollständig zu öffnen.
Autor: Susanne Wille Frühere Kulturchefin von SRF und jetzige SRG-Generaldirektorin

In der heutigen digitalen Zeit wird der musikalische SRG-Fundus zunehmend der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Auf der Mx3-Plattform bietet die SRG Zugriff auf historische und neue Aufnahmen , die entweder vom Medienhaus oder von den Musikschaffenden selbst produziert wurden. Dies alles kommt im grössten audiovisuellen Archiv der Schweiz zusammen, die SRG macht hier insgesamt mehr als vier Millionen Inhalte hör- und sichtbar.

Mx3 – Was steckt in der grössten Musikplattform der Schweiz?

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Mx3 ist das Schweizer Musikportal für Musikschaffende, Fans, Clubs, Labels und Redaktionen. 2006 gegründet bietet die Plattform werbefrei Schweizer Musik – ein digitaler Service Public-Dienst für alle Medien und Regionen der Schweiz.

Musikerinnen und Musiker haben die Möglichkeit, ihre Songs zehn öffentlich-rechtlichen Musikredaktionen, wie auch rund 25 Privat- und Community-Radios zu präsentieren. Mit einem Account können Sie auch an Wettbewerben teilnehmen, die von Partnern, Festivals und Institutionen organisiert werden.

Das Angebot von Mx3.ch teilt sich in die Rubriken «Popmusik» – von Funk über Jazz bis Techno, «Neo» für zeitgenössische klassische Musik und «Volksmusik» für Folklore und neue Volksmusik.

Susanne Wille betont die Bedeutung dieses Archivs: «Wir machen schon heute viele Inhalte zugänglich auf digitalen Plattformen. Es ist ein Bedürfnis der Schweizer Bevölkerung, Musikinhalte dann zu hören, wenn man Lust hat, sie zu hören. Und es ist auch das langfristige Ziel der SRG, dieses Archiv vollständig zu öffnen.»

Eine wichtige Ressource für Musikliebhaber wie auch für Forschende wie Stefan Sandmeier und Tatiana Eichenberger, welche das Auftragswesen des öffentlich-rechtlichen Medienhauses seit Jahren im Rahmen ihres Forschungsprojekts «Musikförderung über den Äther» an der Zürcher Hochschule der Künste wissenschaftlich untersuchen und begleiten.

Service Public – von Klassik bis Rap

Die Auswahl der heute von der SRG aufgenommenen und dokumentierten Werke beruht auf den Hauptkriterien musikalische und interpretatorische Qualität, Originalität sowie Diversität, betont Norbert Graf, einer der langjährigen Musikproduzenten im Bereich «Klassik».

Neben der Förderung von Nachwuchstalenten achtet die SRG verstärkt auf die Inklusion von Komponistinnen und Musikerinnen, um die bislang männlich dominierte Musikgeschichte zu bereichern.

Meilensteine der Musikproduktion im Bereich der populären Musikgenres sind etwa die zahlreichen Mitschnitte und Übertragungen von Openairs oder natürlich der mittlerweile legendäre Live-Rap-Contest «Cypher» .

Die Rolle der SRG als Kulturförderin bleibt auch in Zukunft wichtig, bestätigt Susanne Wille. Doch die finanziellen Mittel werden knapper. Bereits Ende des 20. Jahrhunderts war die SRG-Musikproduktion von Sparrunden des Unternehmens betroffen, die Rundfunk-Orchester wurden Mitte der 1980er-Jahre aufgelöst oder ausgegliedert.

Sie waren für das Budget der SRG schlicht zu teuer und nicht mehr Teil der Strategie. Man setzte stattdessen mit der Einführung des reichweitenstarken Jugendsenders SRF 3 (seit 1983) und später mit SRF Virus (seit 1999) zunehmend auf populäre Musik.

Talentförderung auf allen Kanälen

Auch in puncto Auftragskompositionen ist heute nicht mehr so viel möglich, wie bis in den 1980er-Jahre. Da es heute im Bereich der Kompositionsaufträge andere Akteure, wie Festivals oder Stiftungen gibt, hat die SRG ihre Rolle in diesem Umfeld geschärft: Sie nimmt Uraufführungen lieber auf und beauftragt daher nur noch punktuell Kompositionen.

Und wenn, dann mit einer kooperativeren Haltung als früher, genremässig offener und im engeren Austausch mit den Kulturschaffenden . Beispielhaft sind hier die SRF 3 Showcases oder das Jazz-Format «Public Recordings», eine professionelle Albumproduktion im Basler Studio, aber mit Publikum.

Die SRG setzt heute mehr auf Talentförderung auf allen Kanälen, wie etwa beim Format « Tataki» von RTS . Der diesjährige Eurovision Songcontest (ESC) hat gezeigt, wie nachhaltig die Talentförderung von SRF sein kann: Eurovision-Star Nemo reüssierte einst beim Cypher-Contest und war auch ein SRF 3 Best Talent. Mit dem ESC wird die Talentförderung quasi fortgesetzt.

Das klassische Pendant des ESC ist der Wettbewerb Eurovision Young Musicians (EYM) . Die Veranstaltung ist ein internationaler Klassik-Wettstreit für Nachwuchsmusikerinnen und -musiker zwischen 12 und 21 Jahren. An der Ausgabe 2024 im norwegischen Bodø nahmen elf europäische Sender teil, darunter SRF. Für die Schweiz ging dieses Jahr Euphonium-Spieler Valerian Alfaré an den Start.

Trotz der finanziellen Herausforderungen, mit welcher sich auch das Medienhaus SRG vor dem Hintergrund wegbrechender Werbe- und Gebührengelder konfrontiert sieht, hält sie an ihrem Kulturauftrag fest. Sie ist bestrebt, weiterhin ihren Beitrag zur musikalischen Vielfalt und Identität der Schweiz zu leisten.

Förderprogramm «SRF 3 Best Talent»

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Mit dem Förderprogramm «SRF 3 Best Talent» entdeckt SRF 3 seit 2010 Schweizer Musik und Talente und protegiert sie auf mehreren Ebenen. Jeden Monat wählt die SRF 3-Jury einen Act aus und stellt ihn in den Fokus: Als Teil der «SRF 3 Familie» werden die Acts auf ihrem weiteren Karriereweg begleitet und unterstützt. Bekanntestes Best Talent derweil ist sicherlich Nemo.

Die Zusammenarbeit mit der Europäischen Rundfunkunion (EBU) ist dabei ein bedeutender Faktor. Durch die Zusammenarbeit in diesem Verbund von 68 Rundfunkanstalten kann die SRG ihrem Publikum internationale Musikproduktionen anbieten und umgekehrt Schweizer Kulturschaffende und Konzerte einem internationalen Publikum vorstellen. Zum Beispiel das Konzert mit dem Jungstar Klaus Mäkelä am Lucerne Festival dieses Jahr: dieses wurde bisher von 21 internationalen Rundfunkanstalten bestellt bei der EBU.

Die Leitplanken des Kulturförderungsauftrags der SRG sind in der Konzession abgesteckt. Sie gilt in dieser Form bis 2028. Susanne Wille betont die Wichtigkeit dieses Mandats und die Rolle der Musik als Kit für die Gesellschaft: «Wir haben ein Mandat, um Kultur zu fördern, und das ist eine sehr schöne Aufgabe. Musik bringt die Menschen zusammen, Musik verbindet. Und auch deshalb engagieren wir uns als Medienhaus für die Musik.»

In Zeiten, in denen der Service Public infrage gestellt wird, bleibt die SRG per Auftrag des Bundes eine Kulturförderin, die die Musiklandschaft in der Schweiz prägt und bereichert.

Wie ist der Kulturförderungsauftrag der SRG definiert?

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Die Bundesverfassung bildet die Grundlage für die Tätigkeit der SRG. Ein Bundesgesetz definiert diesen verfassungsrechtlichen Leistungsauftrag der SRG näher und enthält Vorgaben zur Umsetzung des Programmauftrags, zur Programmverbreitung sowie zur Organisation und Finanzierung. 

Ein weitere Konkretisierung des Service Public-Auftrags erfolgt in der Konzession. Artikel 7 «Kultur» der Konzession bestimmt: «Die SRG trägt mit ihrem Angebot zur kulturellen Entfaltung und zur Stärkung der kulturellen Werte des Landes bei. Sie fördert die schweizerische Kultur unter besonderer Berücksichtigung der Literatur sowie des Musik- und Filmschaffens. Sie vermittelt die schweizerische Kultur in deren unterschiedlichen Erscheinungsformen.»

Spezifisch für die Musik heisst es weiter: «Sie erbringt ihre kulturellen Leistungen namentlich durch eine enge Zusammenarbeit mit der schweizerischen Musikbranche» und ebenso mit «der Ausstrahlung von veranstalterunabhängigen schweizerischen und europäischen Produktionen sowie selbst produzierten Sendungen.»

Für das zweite Radioprogramm bestimmt Artikel 16: «Das zweite Radioprogramm ist vorwiegend der klassischen und modernen Kunst und Kultur sowie der Hintergrundinformation gewidmet.»

Radio SRF 2 Kultur, Passage, 22.11.2024, 20:00 Uhr

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