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9 von 10 Spiele verschollen Das Gaming-Erbe droht zu verschwinden

Eine Studie aus den USA zeigt: 87 Prozent der Spiele, die vor 2010 veröffentlicht wurden, sind nicht mehr zugänglich.

Tetris, Pac-Man, Minesweeper oder Donkey Kong: Wer in den 80ern und 90ern aufgewachsen ist, verbindet mit diesen Spielen oft nostalgische Erinnerungen.

Klassiker wie die frühen Mario-Spiele lassen sich zwar auch heute noch käuflich erwerben. Doch viele Kult-Games drohen im digitalen Nirvana zu verschwinden. Denn mit dem Erhalt ihres kulturellen Erbes tut sich die Spieleindustrie schwer.

Neun von zehn Spiele gehen verloren

In der Pandemie konnte die Gaming-Branche ihren Umsatz auf rund 150 Milliarden Franken weltweit vergrössern – und damit an der Film- und Musikbranche vorbeiziehen.

Trotz des Booms sind aber viele Videospiele vom Aussterben bedroht: Laut einer neuen Studie aus den USA gelten 87 Prozent der Games, die vor 2010 erschienen sind, als verschollen.

Stellen Sie sich vor, Sie könnten ‹Titanic› heute nur noch auf Ihrem VHS-Recorder anschauen.
Autor: Video Game History Foundation Autoren der Studie über verschollene Games

Auch der Journalist und Podcaster Gunnar Lott beklagt den Verlust des Gaming-Erbes. Er bricht das Problem auf zwei Schlagworte herunter: Technik und Kommerz. Die Technik fördert das Aussterben von Videospielen, weil alte Spiele auch alte Hardware erfordern, die heute kaum mehr verfügbar ist.

Nerds bewahren das Erbe

«Die Spiele sind nur noch für leidenschaftliche Fans zugänglich, die alte Spielkonsolen bis heute aufbewahrt haben», schreiben die Studienautoren – und blicken wehmütig nach Hollywood: «Stellen Sie sich vor, Sie könnten ‹Titanic› heute nur noch auf Ihrem VHS-Recorder anschauen.»

Gameboy in Spielemuseum in Malaga
Legende: Der Gameboy gehörte in den 90er-Jahren zum Schulhofinventar. Die meisten der rund 120 Millionen verkauften Exemplare sind längst auf dem Elektronikfriedhof gelandet. Imago/Zuma Wire

Zwar wäre es im digitalen Zeitalter ein Leichtes, Retro-Games wieder verfügbar zu machen. Doch hier steht der angesprochene Kommerz im Weg. «Die Spiele könnten ohne Weiteres auf Webseiten oder mit Emulatoren verfügbar gemacht werden», erklärt Lott. Tatsächlich existieren solche Plattformen auch. Der Haken dabei: Oft wehren sich die Rechteinhaber dagegen, dass ihre Games von Dritten angeboten werden.

Selbst haben die Spielehersteller meist kein Interesse daran, ihre alten Spiele neu aufzulegen. Denn wirtschaftlich lohnt es sich nicht, eine Nische von Nostalgiegamern zu bedienen. Zudem müssen die Spiele auf heutiger Hardware wie Konsolen, PCs und Smartphones lauffähig gemacht werden. Ein Aufwand, den die Hersteller scheuen.

Raubkopien boomen

Bis heute tut sich die Spielebranche mit Kuratierungsbestrebungen schwer, wie es sie etwa von öffentlichen Einrichtungen wie Museen oder Fangruppen gibt. «Sie sind der Ansicht, dass dies Tür und Tor für Urheberrechtsverletzungen öffnet.»

Die Ironie dabei: Diese Verweigerungshaltung befeuert erst recht zweifelhafte Aktivitäten. Denn im Netz gibt es etliche Download- und Streaming-Angebote, mit denen Retro-Games gespielt werden können. «Sie sind aber per se illegal und können morgen abgeschaltet werden», schliesst der deutsche Gaming-Experte.

SRF 4 News, 18.07.2023, 8:52 Uhr ; 

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