Sven Christ hat am Mittwoch einen strengen Tag. Morgens um 9 Uhr trifft er im Stadion Brügglifeld zum ersten Mal auf seine neue Mannschaft: Die Spieler des Superleague-Vereins FC Aarau. Im VIP-Zelt neben der maroden Brügglifeld-Tribüne gibt es ein Frühstück, dazu einige kurze Begrüssungsworte der Vereinsspitze.
Anschliessend gibt der Trainer seinen Spieler in den Katakomben des Stadions erste Anweisungen und verschiebt mit dem ganzen Tross auf den Trainingsplatz. Begleitet von auffallend vielen Fotografen und Journalisten startet das erste Training unter der neuen Führung.
Doppelbelastung durch FC Baden: «Kein Problem»
Das zweite Training folgt am Nachmittag. Dann fährt Christ nach Baden ins Stadion Esp. Dort ist er aktuell immer noch Trainer des FC Badens. Das wichtige erste Spiel um den Aufstieg in die 1. Liga Promotion steht an. Wie schafft Sven Christ diese Doppelbelastung? «Das ist kein Problem, es geht ja nur ungefähr eine Woche lang so», sagt der Trainer gegenüber SRF.
Und Christ ergänzt: «Die Mannschaft des FC Baden steht hinter mir, das gibt mir Kraft. Und schliesslich wissen alle, was sie heute zu tun haben. Ich habe also gar nicht mehr so viel zu tun am Spielfeldrand.» Auch Sportchef Urs Bachmann hat keine Mühe damit.
Er wünscht sich sogar, dass der FC Baden den Aufstieg schafft. «Dann hätten wir im Aargau mit Aarau ein Team in der obersten Liga, mit Wohlen eine Mannschaft in der Challenge League und mit Baden eine Mannschaft in der 1. Liga Promotion. Das wäre für den Aargauer Fussball-Nachwuchs ideal, wir könnten so Spieler durch alle Ligen schleusen.»
Ein bekannter, aber unerfahrener Aarau-Trainer
Trotzdem: Ein Trainer mit zwei Mannschaften, das ist wohl eine Premiere im Schweizer Fussball. Eine Mannschaft in der obersten Liga, eine Mannschaft in der 1. Liga Classic. Auch das ist nicht ganz alltäglich: Der FC Aarau hat einen Trainer engagiert, der noch keine Erfahrung in der obersten Spielklasse vorweisen kann. Als Trainer zumindest, als Spieler kennt Sven Christ die Superleague und auch den FC Aarau in- und auswändig.
Respekt entsteht dann, wenn ich die Mannschaft weiter bringe.
Für Christ ist die fehlende Erfahrung kein Problem. Auch nach dem ersten Trainingsmorgen nicht. «Respekt verschafft man sich als Trainer, indem man die Mannschaft weiter bringt. Wenn mir das gelingt, dann werde ich von den Spielern automatisch respektiert.»
Bereits am ersten Tag hat Christ einige Zeichen gesetzt. «Ich habe zum Teil andere Methoden. Einige Spieler haben das schon gut verstanden, andere weniger», bilanziert Christ. Erstaunt hat vielleicht aber auch die zwar bestimmte, aber lockere Art des Trainers. Als Spieler haftete Sven Christ das Image eines «Stinkstiefels» an, wie er selber in einem Interview einmal sagte.
Am ersten Trainingstag im Brügglifeld zeigt sich Christ von seiner netten Seite. Er geht es spielerisch an. Er und die Spieler lachen viel. Die Stimmung scheint gelöst, die Spieler zufrieden. Es sei ein gutes erstes Training gewesen, noch nicht allzu streng, hört man am Spielfeldrand.
Das Saisonziel ist der 9. Platz.
Zufrieden zeigt sich auch Sportchef Urs Bachmann. Er glaubt, dass Sven Christ das Saisonziel erreichen kann: «Mindestens den neunten Platz, jede bessere Platzierung nehmen wir natürlich auch.» Die fehlende Erfahrung ist auch für Bachmann kein Problem. Man habe bewusst auf einen Trainer gesetzt, der die Verhältnisse im Brügglifeld kennt. Und natürlich auch einen, den man sich in Aarau leisten kann.
Internationale Trainerstars passen nicht nach Aarau
«Wir haben mit internationalen Grössen verhandelt. Aber wenn mir so eine bekannte Trainerpersönlichkeit dann sagt, er wolle eine Klausel, um bereits im Dezember wieder aussteigen zu können, dann ist das kein Trainer für den FC Aarau.» Sven Christ scheint ins Brügglifeld zu passen.
Auch Christs Ansprüche an die noch offenen Spielerpositionen klingen bescheiden: «Natürlich wünsche ich mir einen Stürmer, der mindestens 25 Tore schiesst», lacht er. «Aber im Ernst: Er muss vor allem in die Mannschaft passen. Und auch ins Budget des FC Aarau. Nur die ganze Mannschaft zusammen kann Tore schiessen.» Die Stimmung beim FC Aarau scheint gut, auch nach dem ersten Trainingstag. Die Saison startet Ende Juli.
(Regionaljournal Aargau Solothurn, 17:30 Uhr)