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Abstimmung Stadt Zürich Ein hauchdünnes Ja zur Züri-City-Card

Eine knappe Mehrheit der Stadtzürcher Stimmbevölkerung will Sans-Papiers den Weg aus der vollkommenen Anonymität ebnen.

Es blieb spannend bis zum Schluss: Erst als der letzte Wahlkreis 1+2 ausgezählt war, konnten sich die Befürworter über ein Ja zur Züri-City-Card freuen. Wenn auch über ein knappes Ja – bloss knapp 52 Prozent der Stimmenden wollen Sans-Papiers einen amtlichen Ausweis ermöglichen.

In der Stadt Zürich leben laut Schätzungen rund 10'000 Sans-Papiers – Männer und Frauen ohne Aufenthaltsbewilligung, ohne Ausweis. Das soll sich nun ändern, zumindest wenn es nach dem Willen der Befürworterinnen und Befürworter der City-Card geht. Die Stadt kann nach dem Ja an der Urne jetzt mit den Vorbereitungen der City-Card beginnen, wofür sie von der Bevölkerung mit einem Rahmenkredit von 3.2 Millionen Franken ausgestattet wird.

Ein Mann sitzt alleine auf einer Bank am Zürichsee.
Legende: Mit der Züri-City-Card sollen Sans-Papiers einen Schritt aus der Anonymität machen können. Keystone

Die Idee ist, dass alle Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt Zürich diesen Ausweis erhalten. Er soll Identität und Wohnsitz bestätigen, jedoch keine Informationen über Herkunft und Aufenthaltsbewilligung preisgeben. Da eben auch Sans-Papiers den Ausweis erhalten, könnten auch sie von städtischen Informationen oder Kultur- und Freizeit-Angeboten profitieren.

Solidarisch, aber illegal?

Die Befürworter rund um SP, AL und Grüne sehen darin auch den grössten Nutzen der Vorlage. Mit der City-Card würden sich alle Menschen in Zürich zu Hause fühlen. Sans-Papiers könnten ohne Angst die Polizei alarmieren, aber auch Kita-Plätze beantragen – die Stadtgesellschaft würde gestärkt. Die Idee eines solchen städtischen Ausweises wurde bereits 2018 vom Stadtzürcher Parlament gutgeheissen. Die FDP und die SVP waren dagegen – und haben das Referendum ergriffen.

Die Gegner der Vorlage rund um SVP, FDP, EVP und die Mitte finden, dass die Stadt mit diesem Ausweis ihre Kompetenzen überschreite. Es sei Angelegenheit des Bundes, eine solche City-Card somit wertlos und rechtswidrig.  Dieses Projekt bringe niemandem etwas, da diese Karte rechtlich gesehen nichts am Aufenthaltsstatus von Sans-Papiers ändern würde, ja, sie würde gar gegen übergeordnetes Recht verstossen. Susanne Brunner von der SVP hätte am Sonntag selbstredend gerne ein Nein gesehen, aber sagt sie: «Dass das Resultat so knapp ist, zeigt, dass doch fast die Mehrheit der Stadtzürcher Bevölkerung dagegen ist, dass der Stadtrat etwas macht, das gegen Bundesrecht verstosst.»

Für den links-grün dominierten Stadtrat ist das knappe Resultat trotz allem eine Schlappe, galt die Züri-City-Card mitunter doch zu den Prestigeprojekten der Regierung. Stadtpräsidentin Corine Mauch von der SP aber sieht es als Chance: «Ich bin sehr erleichtert – das Ziel bleibt es, ein konkretes Projekt für die Karte auszuarbeiten, die für die gesamte Zürcher Bevölkerung nützlich ist.»

Wie es mit der City-Card nun weitergeht, ist noch offen. Eine allfällige Einführung wird wohl noch Jahre dauern. So sind noch einige juristische und technische Fragen ungeklärt.

Ja durchs Band durch

Mit gut 83 Prozent sagt die Stadtzürcher Stimmbevölkerung ausserdem überdeutlich Ja zu einem Objektkredit von rund 82 Millionen Franken. Damit kann aus dem Radiostudio Brunnenhof künftig ein Schulhaus entstehen.

Ebenso leichtes Spiel hatten die anderen beiden Vorlagen, bei denen es um Objektkredite für Schulen ging: Zur Instandsetzung der Schulanlage Lavater sagten knapp 89 Prozent Ja, zur Schulanlage Borrweg rund 83 Prozent.

Die Zürcherinnen und Zürcher sagten ferner mit fast 77 Prozent Ja zum Koch-Park und dem Objektkredit in Höhe von rund 23 Millionen Franken. Infolgedessen kann auf dem ehemaligen Koch-Areal nun eine grosse, offene Wiese mit Bäumen und einem Garten entstehen.

Ein weiteres klares Ja erteilte die Stimmbevölkerung mit rund 75 Prozent der Änderung der Gemeindeordnung, in der nun das Klimaschutzziel Netto-Null bis 2040 festgehalten wird.

SRF 1, Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 15.05.22, 17:30 Uhr ; 

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