424 Stimmen machten den Unterschied: Im Kanton Solothurn werden die Steuern gesenkt. Das Stimmvolk hat den sogenannten Gegenvorschlag von Regierung und Kantonsparlament mit 31'969 Ja zu 31'545 Nein angenommen. Die Steuersenkungs-Initiative «Jetz si mir draa» wurde mit 58 Prozent Nein-Stimmen abgelehnt.
Lange sah es nach einer doppelten Ablehnung aus. Erst ganz am Schluss kippte das Ergebnis zugunsten des Gegenvorschlags. Damit sinken die Steuern vor allem für Familien und Personen mit tiefen Einkommen. Im Gegenzug wird der heute unbeschränkt mögliche Pendlerabzug bei 7000 Franken gedeckelt. Die Kosten des Gegenvorschlags betragen rund 60 Millionen Franken (je 30 Millionen für Kanton und Gemeinden).
Wahrscheinlich war ein bisschen viel im Gegenvorschlag. Das war vielleicht too much für einige Leute.
Stellvertretend für das Komitee hinter dem Gegenvorschlag meinte SP-Co-Präsident Hardy Jäggi, er freue sich natürlich über das Resultat. Gleichzeitig gebe es gewisse Ernüchterung. Der Gegenvorschlag sei vielleicht ein bisschen überladen gewesen.
Finanzdirektor Peter Hodel liess sich in einer Mitteilung zitieren, dass er über die Ablehnung der Initiative erfreut sei. Der Gegenvorschlag müsse nun zügig umgesetzt werden.
Das Ziel, bei der Einkommensbesteuerung einen Platz im Mittelfeld anzustreben, wird weiterhin mit Nachdruck verfolgt.
Auf ihre Absicht, bis 2030 ins Schweizer Mittelfeld vorzurücken, war die Regierung von den Initianten im Abstimmungskampf behaftet worden. Der Finanzdirektor betont das Ziel jetzt erneut. Dabei dürfe aber das «finanzielle Gleichgewicht der Staatsfinanzen nicht ausser Acht gelassen werden.»
«Jetz si mir draa» abgelehnt
Die Volksinitiative «Jetz si mir draa» verlangte eine massivere Senkung der Steuern. Sie wollte die Steuerbelastung von Privatpersonen im Kanton Solothurn bis ins Jahr 2030 auf den Schweizer Durchschnitt senken. Diese massive Steuersenkung hätte für Kanton und Gemeinden Ausfälle von rund 270 Millionen Franken bedeutet. Das Begehren wurde offiziell nur von der SVP unterstützt. Alle anderen Parteien und die Wirtschaftsverbände standen hinter dem Gegenvorschlag.
Mitinitiant und SVP-Kantonsrat Rémy Wyssmann meinte, er sei nicht enttäuscht über die Niederlage. Die Steuern würden ja gesenkt. Es müssten aber weitere Schritte folgen.
Wir sind nicht enttäuscht. Ohne uns gäbe es den Gegenvorschlag nicht.
Gegen Initiative und Gegenvorschlag stellte sich der Verband der Einwohnergemeinden (VSEG). Mehrere Gemeinderäte äusserten sich öffentlich gegen eine Steuersenkung. Die Mehrheit der Gemeinden lehnte denn auch beide Vorschläge ab. Auch die kleineren Ausfälle des Gegenvorschlags seien vor allem für kleinere Gemeinden zu gross.
Die grossen Gemeinden sollen nicht über den Rest entscheiden können.
VSEG-Präsident Roger Siegenthaler sagte in einer ersten Reaktion, für eine Mehrheit seien die Steuern offenbar zu hoch. Für ihn werde nach diesem Resultat aber ein Gemeinde-Mehr zum Thema – analog dem Ständemehr auf nationaler Ebene.
Knappes Nein zu weniger Sozialhilfe
Weiter wurde die Initiative «Weniger Sozialhilfe für Scheinflüchtlinge» verworfen. Das Begehren, welches die Sozialhilfeleistungen für vorläufig Aufgenommene deutlich kürzen wollte, wurde mit 55 Prozent Nein-Stimmen abgelehnt. Alle Parteien ausser der SVP waren gegen die Initiative.
Mitinitiant und SVP-Kantonsrat Beat Künzli sprach von einem grossen Achtungserfolg. Seine Partei werde am Thema dran bleiben.
Fast die Hälfte der Gemeinden sagte Ja zu unserer Initiative. Das ist ein riesen Erfolg für uns.
Unbestritten war eine Verfassungsänderung zu den Zuständigkeiten von Kanton und Gemeinden bei der Volksschule. Diese wurde mit 85 Prozent angenommen.
Die Stimmbeteiligung betrug bei allen kantonalen Vorlagen rund 38 Prozent.